Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung einer durch die Arbeit mit Druckluftwerkzeugen hervorgerufenen Erkrankung der Hände als Berufskrankheit nach Nr. 2103 BKV
Orientierungssatz
1. Zur Anerkennung einer Erkrankung des Versicherten als Berufskrankheit nach § 9 SGB 7 müssen die versicherte Tätigkeit, die berufliche Verrichtung, deren Einwirkung und die Krankheit selbst i. S. des Vollbeweises nachgewiesen sein.
2. Zur Anerkennung der Berufskrankheit Nr. 2103 BKV - Erkrankungen durch Erschütterung bei Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen - ist der Nachweis erforderlich, dass die konkrete berufliche Tätigkeit ein berufskrankheitstypisches Krankenbild verursacht hat. Resonanzschwingungen durch Arbeiten mit Druckluftwerkzeugen wirken sich am stärksten am Ellenbogengelenk (70 %), etwas geringer am Handgelenk (25 %) aus. Nicht belastungskonform sind isolierte arthrotische Veränderungen im Handgelenk.
3. Ist bei dem Versicherten weder das Mond- noch Kahnbein oder das Handgelenk in Mitleidenschaft gezogen, sondern besteht allenfalls eine isolierte Daumensattelgelenksarthrose, so ist die Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 2103 BKV ausgeschlossen. Die Daumensattelgelenksarthrose stellt nicht das typische Erkrankungsbild einer Berufskrankheit Nr. 2103 BKV dar.
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Schwerin vom 29. Juni 2017 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob beim Kläger eine Berufskrankheit (BK) der Nummer 2103 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung – BKV – (Erkrankungen durch Erschütterung bei Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen) – im Folgenden: BK 2103 – besteht.
Der 1955 geborene Kläger erlernte von September 1969 bis Oktober 1972 den Beruf eines Bauschlossers und war in diesem Beruf zunächst bis Oktober 1974 tätig. Von Oktober 1974 bis August 1991, unterbrochen durch seinen Wehrdienst, arbeitete der Kläger als Schlosser im Werkzeug- und Vorrichtungsbau. Von September 1991 bis Februar 2004 war er als Instandhaltungsmechaniker beschäftigt. Von Februar 2004 bis Dezember 2012 arbeitete der Kläger als Schlosser und Monteur im Schiffsantriebbau, wobei seine Aufgabe vor allem darin bestand, Schiffsgetriebeaggregate einzustellen. Dazu nutzte er druckluftbetriebene Schraubenhilfen, um Muttern der Größen M20 und M24 der Getriebeeinheiten festzuziehen bzw. zu lösen.
Anlässlich einer Röntgenuntersuchung der Daumensattelgelenke am 9. Februar 2012 fand sich eine fortgeschrittene Rhizarthrose rechts und eine mäßige Rhizarthrose links. Am 31. Juli 2012 erfolgte durch die Fachärztin für Arbeitsmedizin Dr. Ludwig wegen einer fortgeschrittenen Rhizarthrose rechts eine ärztliche Anzeige bei Verdacht auf eine Berufskrankheit. Die Erkrankung wurde auf die tägliche Nutzung des Klägers von Druckluftschlagschraubern seit 2004 zurückgeführt.
Im Fragebogen vom 13. August 2012 gab der Kläger u. a. an, seit Ende 2007 Schmerzen in Handwurzel und Daumen wegen des Gebrauchs eines Pressluftschraubers zu haben. Die Beklagte holte ein Vorerkrankungsverzeichnis über den Kläger für den Zeitraum vom 2. März 2000 bis 9. März 2012 von der BKK vor Ort ein, zog ärztliche Unterlagen bei und holte den Bericht des Chirurgen Dr. B. vom 29. August 2012 ein.
Am 21. Dezember 2012 fand im Beisein des Klägers eine Arbeitsplatzbesichtigung durch Dipl.-Ing. W. vom Präventionsdienst der Beklagten statt. In seiner Stellungnahme vom 16. Januar 2013 führte Dipl.-Ing. W. aus, der Kläger sei von Oktober 1974 bis Oktober 1975, von Mai 1977 bis August 1980, von Januar 1981 bis August 1991,von September 1991 bis Februar 2004 sowie vom 15. Februar 2004 bis 31. Dezember 2012 Schwingungsbelastungen mit handgehaltenen und handgeführten Maschinen in einem Umfang ausgesetzt gewesen, die die arbeitstechnischen Voraussetzungen einer BK 2103 erfüllten. Erkrankungsbedingt sei eine innerbetriebliche Umsetzung des Klägers in die Wareneingangskontrolle zum 1. Januar 2013 geplant.
Der Beratungsarzt der Beklagten Prof. Dr. T. gelangte in Auswertung der medizinischen Unterlagen in seiner Stellungnahme vom 17. Mai 2013 zu der Beurteilung, dass beim Kläger eine fortgeschrittene Daumensattelgelenksarthrose rechts, geringer links bestehe. Das Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse weise seit dem Jahr 2000 verschiedene Erkrankungen auf. Arbeitsunfähigkeit wegen der Daumensattelgelenksarthrose habe vom 27. Februar bis 9. März 2012 bestanden. Neben dem Mondbeintod, für den sich im vorliegenden Fall kein Anhalt ergebe, seien durch eine Erschütterungserkrankung im Sinne einer BK 2103 am häufigsten das Ellenbogengelenk, dann das Handgelenk, insbesondere das körperferne Speichen- und Ellengelenk, aber auch Handgelenk und seltener das Schultereckgelenk betroffen. Da ein entsprechendes Erkrankungsbild beim Kläger nicht vorliege...