Entscheidungsstichwort (Thema)
Das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden trägt der Beitragsschuldner
Orientierungssatz
1. Nach § 86a Abs. 3 S. 2 SGG soll bei der Anforderung von Beiträgen die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgabepflichtigen eine unbillige Härte zur Folge hätte. Dazu muss dem Verwaltungsakt die Rechtswidrigkeit "auf die Stirn geschrieben" sein.
2. Hält der alleinige Geschäftsführer einer GmbH keine Gesellschaftsanteile, so spricht dies bei summarischer Prüfung für die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung und damit für die Beitragspflicht.
3. Ein rein schuldrechtlich bestehendes Treuhandverhältnis zwischen den Gesellschaftern und dem Geschäftsführer steht der sozialrechtlichen Einordnung des Status des Geschäftsführers nicht entgegen (BSG Urteil vom 29. 8. 2012, B 12 R 14/10 R).
4. Der Gesetzgeber hat das Vollzugsrisiko bei Abgabebescheiden zur Sicherstellung der Liquidität der öffentlichen Hand bei Erfüllung ihrer Aufgaben auf den Beitragsschuldner übertragen.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hannovers vom 06.07.2018 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 27.217,83 € festgesetzt.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Gründe
I.
Die Antragstellerin verfolgt mit der Beschwerde ihr Begehren weiter, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Beitragsbescheid der Antragsgegnerin über einen Betrag von 54.435,65 € zu erreichen.
In der Hauptsache ist zwischen den Beteiligten die Frage streitig, ob der Beigeladene zu 2) - der Geschäftsführer der Antragstellerin - im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig wird und damit Beiträge zur Sozialversicherung fällig werden.
Die Antragstellerin ist eine GmbH, deren Gesellschaftszweck nach § 2 des Gesellschaftsvertrages vom 08.08.2012 “der Erwerb, die Veräußerung, das Halten und Verwalten von Beteiligungen an Unternehmen, die in den Tätigkeitsbereichen der Informationstechnologie (IT) tätig sind„ ist. Alleingesellschafterin ist die Ehefrau des Beigeladenen zu 2). Die Antragstellerin wurde am 13.02.2013 in das Handelsregister als GmbH mit dem Beigeladenen zu 2) als einzigem Geschäftsführer eingetragen.
Am 07.08.2012 hatten die Eheleute bereits eine als “Treuhandvertrag„ überschriebene Vereinbarung geschlossen. Unter dem Punkt “Vertragsgegenstand„ verpflichtete sich die Ehefrau und zukünftige Alleingesellschafterin, als Treuhänderin den Gesellschaftsanteil an der Firma G. GmbH für den Treugeber - ihren Ehemann, den zukünftigen Geschäftsführer und Beigeladenen zu 2) - treuhänderisch zu halten. Es wurde darüber hinaus festgehalten, dass die Treuhänderin im Außenverhältnis Gesellschafterin sei, im Innenverhältnis der Treugeber als handelnder Gesellschafter agiere.
Unter dem Punkt “Beendigung des Treuhandvertrages„ vereinbarten die Eheleute zudem, dass die Treuhänderin bei Beendigung des Treuhandverhältnisses verpflichtet sei, den Geschäftsanteil an den Treugeber abzutreten. Ein Zurückbehaltungsrecht sei ausgeschlossen.
Aufgrund einer Betriebsprüfung in der Zeit vom 14.03.2017 bis 24.08.2017 stellte die Antragsgegnerin nach erfolgter Anhörung mit Bescheid vom 02.11.2017 fest, dass der Beigeladene zu 2) in der Zeit vom 13.02.2013 bis 30.04.2013, 01.06.2013 bis 30.11.2015 und 01.01.2016 bis 31.12.2016 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig geworden sei und forderte zunächst inklusive Säumniszuschlägen einen Betrag in Höhe von 71.349,65 Euro an rückständigen Beiträgen in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung nach. In den Monaten April und Mai 2013 sowie November und Dezember 2015 erhielt der Beigeladene zu 2) kein Gehalt, weshalb die Antragsgegnerin für diese Zeiten keine Sozialversicherungsbeiträge nachforderte.
Auf den Widerspruch der Antragstellerin vom 30.11.2017 erließ die Antragsgegnerin unter dem 10.01.2018 einen Teilabhilfebescheid, wonach sie Säumniszuschläge nicht mehr geltend machte und nur noch Beiträge von 54.435,65 Euro forderte. Mit Schreiben vom gleichen Tag lehnte sie den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab.
Nach erfolglosem Telefonat am 30.01.2018 und weiteren Schreiben vom 01.02.2018 und 09.03.2018 hat die Antragstellerin mit am 21.03.2018 eingegangenem Schriftsatz das Sozialgericht Hannover zur Eilentscheidung über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs angerufen.
Das Sozialgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung mit Beschluss vom 6.7.2018 abgelehnt und dies damit begründet, der angegriffene Bescheid sei nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht zu beanstanden. Der Beigeladene zu 2) sei als Beschäftigter der Antragstellerin anzusehen. Denn deren Alleingesellschafterin sei die Ehefrau des Beigeladenen zu 2) und diese habe damit sämtliche Ges...