Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Vollstreckung. Berufung eines Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegen erstinstanzliches Urteil bewirkt keinen Vollstreckungsaufschub
Leitsatz (amtlich)
1. Die Berufung eines Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegen ein erstinstanzliches Urteil, mit dem er zu Leistungen im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende verurteilt worden ist, bewirkt keinen Vollstreckungsaufschub.
2. § 154 Abs 2 SGG ist nicht entsprechend auf Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende anzuwenden.
Tenor
Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Sozialgerichts Hannover vom 24. Juli 2009 abgeändert:
Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 2 des angegriffenen Beschlusses wird auf 500,00 € herabgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Kläger im Beschwerdeverfahren zu tragen.
Den Klägern wird für das Beschwerdeverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt F., G., bewilligt.
Gründe
I.
Die Beklagte wendet sich gegen die Vollstreckung des Urteils des Sozialgerichts SG Hannover vom 26. März 2009 (Az.: S 47 AS 2495/07).
Mit diesem Urteil hat das SG Hannover die Beklagte verurteilt, den Klägern für die Zeit vom 03. Juni 2005 bis zum 30. April 2009 Kosten der Unterkunft einschließlich nachgewiesener Neben- und Heizkosten in tatsächlicher Höhe unter Anrechnung bereits gezahlter Beträge zu gewähren. Zwar seien die Kosten der Unterkunft der Kläger unangemessen. Ein Umzug in eine angemessene Unterkunft sei jedoch nicht möglich bzw. nicht zumutbar. Da die Kläger eidesstattliche Versicherungen abgegeben hätten und negative Schufa-Eintragungen über sie bestünden, sei es ihnen bislang nicht gelungen, eine andere Unterkunft im maßgeblichen räumlichen Bereich in H. zu finden. Das darüber hinaus gehende Klagebegehren hat das SG abgewiesen (Sozialgeld für den Kläger zu 1) statt der Regelleistung für erwerbsfähige Hilfebedürftige; keine Verfassungswidrigkeit der Regelleistung bzw. des Sozialgelds; keine Versicherungspauschale bei dem minderjährigen Kläger zu 3); keine Fahrtkosten zur Krankenbehandlung vom Träger der Grundsicherung).
Gegen das ihr am 07. April 2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21. April 2009 beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen Berufung eingelegt (Az.: L 7 AS 472/09).
Unter dem 15. Mai 2009 haben die Kläger beim SG Hannover beantragt, eine Vollstreckung des Urteils vom 26. März 2009 einzuleiten und gegen die Beklagte ein Zwangsgeld festzusetzen. Zur Begründung haben sie angegeben, dass die Beklagte trotz schriftlicher Aufforderung ihrer Verpflichtung aus dem Urteil nicht nachgekommen sei und eine Neubescheidung im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft und eine Auszahlung des Differenzbetrages noch nicht vorgenommen habe. Vielmehr habe die Beklagte schriftlich erklärt, gegen das Urteil Berufung einlegen zu wollen und sich auf den Standpunkt gestellt, dass dieses Rechtsmittel Aufschub bewirke.
Mit Beschluss vom 24. Juli 2009 hat das SG Hannover der Beklagten aufgegeben, bis zum 31. Juli 2009 der Verpflichtung aus dem Urteil vom 26. März 2009 nachzukommen und für den Fall der Zuwiderhandlung die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1.000,00 € angedroht.
Die Beklagte hat dagegen am 27. Juli 2009 Beschwerde erhoben.
Sie ist der Ansicht, dass ihre Berufung in entsprechender Anwendung des § 154 Abs. 2 SGG Aufschub bewirke, soweit sie verpflichtet worden sei, Beträge für die Zeit vor Erlass des angefochtenen Urteils zu zahlen. Zwar wären in dieser Vorschrift Grundsicherungsträger insoweit nicht als Begünstigte benannt. Es bestehe jedoch eine Regelungslücke, die eine entsprechende Anwendung gebiete. Eine Vollstreckung sei daher nicht möglich. Hinsichtlich der Unterkunftskosten für den Zeitraum vom 26. März bis zum 30. April 2009, also nach Erlass des angegriffenen Urteils, habe sie bereits eine Nachzahlung veranlasst.
Die Kläger treten dem Beschwerdebegehren entgegen und beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Gerichtsakten zum Verfahren L 7 AS 472/09 nebst Beiakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Beklagte ist nach Maßgabe der §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG - statthaft und zulässig. Sie hat in der Sache keinen Erfolg, soweit sich die Beklagte gegen die Vollstreckung an sich wendet (a). Im Hinblick auf die Höhe der Zwangsgeldandrohung ist sie begründet (b).
a) Die Voraussetzungen für eine Vollstreckung des Urteils des SG Hannover vom 26. März 2009 nach Maßgabe des § 201 SGG sind gegeben. Dieses Urteil ist ein Vollstreckungstitel im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Zwar hat das SG die Beklagte nicht zu einer Leistung in einer bestimmten Höhe verurteilt. Da seine Entscheidung jedoch auf eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ergangenen ist (vgl. § 54 Abs. 4 SGG), handelt es sich um ein Grundurteil im Sinne des § 130 SGG (...