Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfe. keine Beiordnung eines Rentenberaters. Rechtswirksamkeit einer rechtsirrtümlich ausgesprochenen Beiordnung
Leitsatz (amtlich)
1. Rentenberater können auch in Verfahren, in denen sie zur Vertretung nach § 73 Abs 2 S 2 Nr 3 SGG berechtigt sind, nicht gemäß § 73a SGG iVm § 121 Abs 2 ZPO beigeordnet werden.
2. Zur Frage der Rechtswirksamkeit einer rechtsirrtümlich ausgesprochenen Beiordnung eines Rentenberaters.
Tenor
Der Beschluss des Sozialgerichts Stade vom 17. Mai 2010 wird aufgehoben.
Gründe
I.
Die Beschwerde wendet sich gegen die Aufhebung der Beiordnung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin für das erstinstanzliche sozialgerichtliche Verfahren. Der Bevollmächtigte der im Hauptsacheverfahren um eine Erwerbsminderungsrente nachsuchenden Klägerin ist Rentenberater. Ihm ist nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des früheren Rechtsberatungsgesetzes die Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten einschließlich der Rechtsberatung als Rentenberater ohne Beschränkung erteilt worden; er ist beim Landgericht Stade für den Bereich der Rentenberatung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 RDG ohne Einschränkungen registriert.
Mit Beschluss vom 5. Mai 2010 entsprach das Sozialgericht Stade dem Prozesskostenhilfebegehren der Klägerin und ordnete ihr ihren Bevollmächtigten bei. Dieser Beschluss ist der Klägerin am 7. Mai 2010 zugestellt worden. Am 14. Mai 2010 ging beim Sozialgericht dessen Vorschusskostennote über einen Betrag von 321,30 € ein. Mit weiterem Beschluss vom 17. Mai 2010, der Klägerin am Folgetag zugestellt, hat das Sozialgericht Stade seinen vorausgegangenen Beschluss vom 5. Mai 2010 aufgehoben und der Klägerin erneut Prozesskostenhilfe ab Antragstellung bewilligt. In den Gründen erläuterte es, dass der Prozessbevollmächtigte nach den gesetzlichen Vorgaben nicht habe beigeordnet werden dürfen, da er weder Rechtsanwalt noch Kammerrechtsbeistand sei.
Mit der am 25. Mai 2010 eingegangenen Beschwerde wird eine Verletzung des rechtlichen Gehörs gerügt und geltend gemacht, dass sich der Gesetzgeber zur Frage der Beiordnungsfähigkeit eines Rentenberaters nicht ausdrücklich geäußert habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Der angefochtene Beschluss des Sozialgerichts Stade vom 17. Mai 2010 hat im Ergebnis die mit dem vorausgegangenen Beschluss vom 5. Mai 2010 ausgesprochene Beiordnung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin aufgehoben, wohingegen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ausdrücklich bestätigt worden ist.
Dementsprechend ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren allein die Rechtmäßigkeit der Aufhebung der Beiordnung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin zu überprüfen. Die Aufhebung seiner Beiordnung ist rechtswidrig. Dies gilt ungeachtet, dessen, dass auch seine zuvor mit Beschluss vom 5. Mai 2010 ausgesprochene Beiordnung ihrerseits rechtswidrig war. Die Beiordnung war ungeachtet ihrer Rechtswidrigkeit rechtswirksam. Es fehlt an der demnach erforderlichen Rechtsgrundlage für ihre nachfolgende Aufhebung (vgl. auch OLG Oldenburg, B.v. 26. Oktober 1988 - 5 WF 118/88 - FamRZ 1989, 300 zur Rechtswirksamkeit einer ungeachtet des Fehlens des gesetzlich vorgeschriebenen Antrages ausgesprochenen Bewilligung von Prozesskostenhilfe).
a. Im Ausgangsverfahren ist eine Vertretung der Klägerin durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben. Nach § 121 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 73a SGG kann ihr ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt aufgrund der Bewilligung von Prozesskostenhilfe beigeordnet werden, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten wird. Diesbezüglich stehen Kammerrechtsbeistände einem Rechtsanwalt gleich (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 RDGEG; diese Vorschrift ist an die Stelle der noch vom Sozialgericht herangezogenen zum 1. Juli 2008 außer Kraft getretenen Vorschrift des § 25 EGZPO getreten). Hingegen können Rentenberater nicht beigeordnet werden (Bayerisches Landessozialgericht B.v. 17. September 2009 - L 20 R 692/09 B PKH -; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, 8. Senat, B.v. 17. Juli 2008 - L 8 B 60/08 SO -; Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, B.v. 27. August 2003 - L 5 B 73/03 RJ PKH - NZS 2004, 390; Nds. Landessozialgericht, B.v. 15. April 1985 - L 1 S (An) 21/85 -; Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, B.v. 22. Januar 1985 - L 6 Sb 135/84 -).
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist weder Rechtsanwalt noch Kammerrechtsbeistand. Er ist vielmehr als Rentenberater gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 RDG registriert. Als registrierter Erlaubnisinhaber steht er zwar nach der Regelung des § 3 Abs. 2 RDGEG im Sinne von § 73 Abs. 2 Satz 1 SGG einem Rechtsanwalt gleich, er ist mithin zur Vertretung der Kläger vor den Sozialgerichten berechtigt. Der Ges...