Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. fiktive Terminsgebühr. gerichtlicher Vergleich. Beendigung des Rechtsstreits. Antrag auf Erlass eines gerichtlichen Vergleichsbeschlusses. Rechtsschutzbedürfnis. Gebührenreduzierungsinteresse des Gerichts
Leitsatz (amtlich)
1. Nur der gerichtliche Vergleich beendet als Prozessvertrag den Rechtsstreit unmittelbar. Dem außergerichtlichen Vergleich kommt diese Wirkung dagegen nicht automatisch zu.
2. Ein Rechtsschutzbedürfnis für den Erlass eines Vergleichsbeschlusses ist mit Blick auf die Regelung des § 199 Abs 1 Nr 3 SGG, wonach nur ein gerichtlicher Vergleich einen Vollstreckungstitel darstellt, nicht aber ein außergerichtlicher Vergleich, regelmäßig gegeben.
3. Ein eventuelles Gebührenreduzierungsinteresse des SG mit Blick auf die dem Rechtsanwalt aus der Staatskasse zu gewährende PKH-Vergütung ist kein Umstand, der es rechtfertigen könnte, dem Antrag auf Erlass des Vergleichsbeschlusses nicht nachzukommen.
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers werden der Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts Lüneburg vom 7. Mai 2018 sowie der die Erinnerung zurückweisende Beschluss des Sozialgerichts Lüneburg vom 18. Juni 2018 aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Rechtsanwaltsvergütung in einem Prozesskostenhilfeverfahren (PKH).
Der Beschwerdeführer wurde in einem gegen die Erstattung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unter dem Aktenzeichen S 50 AS 439/17 gerichteten, am 28. April 2017 anhängig gewordenen Klageverfahren dem dortigen Kläger als Prozessbevollmächtigter mit Beschluss des Sozialgerichts Lüneburg (SG) vom 1. Dezember 2017 beigeordnet. Mit Schriftsatz vom 26. September 2017 hatte zuvor der dortige Beklagte dem Kläger einen Vergleichsvorschlag unterbreitet, den der Kläger mit Schriftsatz vom 16. November 2017 modifizierte. Am 9. Februar 2018 erklärte sich der Beklagte schließlich bereit, den Rückforderungsbetrag vergleichsweise auf den von dem Kläger vorgeschlagenen Betrag von 1.150,22 € zu reduzieren. Er führte in dem Schriftsatz weitere Modalitäten auf, die in dem Vergleich festgehalten werden sollten. Mit Schriftsatz vom 28. Februar 2018 erklärte sich der Kläger mit dem Vergleichsvorschlag des Beklagten einverstanden und bat darum, das Zustandekommen des Vergleichs gerichtlich zu protokollieren. Das SG wertete dies als übereinstimmende Erledigungserklärung und hielt in einem Vermerk fest, dass es sich um eine uneingeschränkte Annahme des Vergleichsvorschlages gehandelt habe. Sämtliche Punkte seien daher geklärt. Einer Feststellung des Zustandekommens/des Inhalts des Vergleichs durch gerichtlichen Beschluss bedürfe es daher nicht. Einen Vergleichsbeschluss hat das SG in der Folge auch nicht erlassen.
Am 12. März 2018 beantragte der Beschwerdeführer beim SG die Erstattung der Gebühren und Auslagen für seine Tätigkeit in dem Klageverfahren. Abgerechnet wurden dabei nach dem Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 450,00 €, eine Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG in Höhe von 270,00 €, eine Einigungsgebühr nach Nr. 1006 VV RVG in Höhe von 300,00 €, die Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG in Höhe von 20,00 € sowie Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG in Höhe von 197,60 €, insgesamt also 1.237,60 €.
Mit Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 7. Mai 2018 setzte die zuständige Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle beim SG die dem Beschwerdeführer aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung auf 737,80 € fest. Sie setzte dabei die Verfahrensgebühr lediglich in Höhe der Mittelgebühr von 300,00 € an. Das Verfahren sei lediglich durchschnittlich umfangreich und schwierig gewesen. Auch die Einigungsgebühr setzte sie in Höhe von 300,00 € an, denn sie sei in Höhe der Verfahrensgebühr anzusetzen. Die fiktive Terminsgebühr sei dagegen nicht angefallen. Der Vergleich sei nicht gerichtlich protokolliert worden. Im Übrigen sei der Vergleich außergerichtlich geschlossen worden. Hinzu kamen die Post- und Telekommunikationspauschalen in Höhe von 20,00 € und die Umsatzsteuer in Höhe von 117,80 €.
Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 16. Mai 2018 beim SG Erinnerung eingelegt. Die von ihm beantragte Kostenfestsetzung sei sachgerecht gewesen. Für den Umfang der Bearbeitung sei zu berücksichtigen, dass im vorliegenden Fall 17 Bescheide in einer Klageschrift zusammengefasst worden seien. Allein dies rechtfertige die Annahme eines überdurchschnittlichen Aufwandes. Auch die Absetzung der fiktiven Terminsgebühr sei nicht richtig. Der Vergleich sei keineswegs außergerichtlich zustande gekommen. Außerdem sei um Protokollierung gebeten worden. Das SG sei dieser Bitte aber nicht nachgekommen.
Das SG hat mit Beschluss vom 18. Juni 2018 die Erinnerung zurückgewiesen. Es folgte dabei der Argumentation der...