Entscheidungsstichwort (Thema)

Alterssicherung der Landwirte. Erfordernis der Hofabgabe. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

Zur Vereinbarkeit des Erfordernisses der Hofabgabe mit höherrangigem Recht.

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 08.11.2018; Aktenzeichen 1 BvR 1618/17)

BSG (Beschluss vom 23.05.2017; Aktenzeichen B 10 LW 7/16 B)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der 1947 geborene Kläger begehrt die Gewährung einer Altersrente aus der Alterssicherung für Landwirte, obwohl er die vom Gesetz als tatbestandliche Voraussetzung für einen solchen Rentenanspruch geforderte Betriebsabgabe nicht vornehmen will.

Der Kläger, der auch als Rechtsanwalt zugelassen ist, ist bei der beklagten Alterskasse als Betreiber eines forstwirtschaftlichen Unternehmens mit 633,14 ha genutzter forstwirtschaftlicher Fläche in F. erfasst; auch von seiner Seite wird nicht in Abrede gestellt, dass er dieses forstwirtschaftliche Unternehmen weiterhin betreibt.

In einem vorausgegangenen Rentenverfahren teilte der Kläger der Landwirtschaftlichen Alterskasse mit Schreiben vom 16. August 2012 mit, dass er weiterhin aktiv in der F. Wald GbR tätig bleiben werde, so dass eine Rentenbezugsberechtigung entfalle. Da er ohnehin keine Rente bekommen könne, verzichte er auf die Beifügung weiterer Unterlagen. Ergänzend teilte er mit Schreiben vom 10. September 2012 mit, dass er Geschäftsführer und Gesellschafter der F. Wald GbR sei, dies solle auch so bleiben.

Daraufhin lehnte die seinerzeit zuständige Landwirtschaftliche Alterskasse Mittel- und Ostdeutschland (eine Rechtsvorgängerin der nunmehrigen Beklagten) mit - bestandskräftig gewordenem - Bescheid vom 17. September 2012 die Gewährung einer Altersrente wegen Nichterfüllung der erforderlichen Betriebsabgabe ab.

Mit Schreiben vom 17. Januar 2015 begehrte der Kläger erneut die Gewährung einer Altersrente und wies zugleich darauf hin, dass sich keine Änderungen im Vergleich zu seinen Angaben aus dem Jahr 2012 ergeben hätten.

Mit Bescheid vom 4. Mai 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25. August 2015 lehnte die Beklagte den erneuten Rentenantrag wegen fehlender Betriebsabgabe ab.

Mit der am 11. September 2015 erhobenen Klage hebt der Kläger selbst hervor, dass er seine forstwirtschaftlichen Betriebe weiterhin nicht abgegeben habe. Er beabsichtige auch gar nicht, diese Betriebe schon zu seinen Lebzeiten zu übergeben.

Der Staat dürfe sich nicht in die Entscheidung höchstpersönlicher Art einmischen, wann er die forstwirtschaftlichen Betriebe abgebe, zumal er ein daneben in früheren Jahren betriebenes landwirtschaftliches Unternehmen bereits 2002 auf seinen Sohn im Rahmen eines Hofübergabevertrages übertragen habe.

Mit Urteil vom 18. Dezember 2015, dem Kläger zugestellt am 21. Januar 2016, hat das Sozialgericht die Klage unter Bezugnahme insbesondere auf den Beschluss des BSG vom 4. September 2013 - B 10 LW 5/13 B) angesichts der weiterhin fehlenden Abgabe des forstwirtschaftlichen Betriebes abgewiesen.

Mit der am 22. Februar 2016, einem Montag, eingelegten Berufung rügt der Kläger weiterhin die Verfassungswidrigkeit der eine Betriebsübergabe voraussetzenden gesetzlichen Vorgaben. Es fehle die erforderliche verfassungsrechtliche Rechtfertigung für die Versagung einer ansonsten zustehenden Rente allein wegen einer unterlassenen Betriebsabgabe. Die vom Gesetzgeber herangezogenen strukturpolitischen Ziele seien aus seiner Sicht nicht mehr gegeben. Nach seiner Einschätzung sei die Hofabgabeklausel gar nicht geeignet, den Strukturwandel in der Landwirtschaft zu fördern. Vielmehr gefährde sie eine ausreichende soziale Absicherung der Landwirte. Jedenfalls “verblasse„ die Hofabgabeklausel vor dem Hintergrund anderer “sie überlagernder„ Entwicklungen. Da erhebliche Zweifel an der Geeignetheit der Hofabgabeklausel bestünden, sei eine Streichung dieser Vorgabe “das einzige gleich geeignete, aber mildere Mittel„.

Die Hofabgabeklausel sei unverhältnismäßig, zumal sich den Vorgaben des § 68 Satz 1 ALG entnehmen lasse, dass Beiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse im Ergebnis nur zu um etwa 10 % erhöhten Rentenanwartschaften führten, wenn zum Vergleich auf die mit Beiträgen im Rahmen der herkömmlichen gesetzlichen Rentenversicherung zu erwerbenden Anwartschaften abgestellt werde.

Überdies werde die Umsetzung des Abgabeerfordernisses bei Verpachtung landwirtschaftlicher Betriebe an nahe Verwandte nicht ausreichend überprüft.

Zudem sei der Gesetzgeber seiner Verpflichtung zur Beobachtung der Auswirkungen seiner Gesetzgebung nur unzureichend nachgekommen. Auch habe er versäumt, die Voraussetzungen für eine effektive Überprüfung zu schaffen. Es fehlten bereits verlässliche Daten für eine empirische Analyse der Wirkungen der Hofabgabeklausel.

Der Kläger beantragt (vgl. den in diesem Sinne in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung eingeschränkten Antrag),

1. das Urteil des Sozialgerichts Braunschweig vom 18. Dezember 2015 und den ...

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