Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen Alters vor Vollendung des 65. Lebensjahres und Hinzuverdienst. Arbeitseinkommen. Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit. Pachtzins für Gewerbebetrieb. tatsächliche Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit
Orientierungssatz
Auch bei Tatbeständen, die ab 1995 zu prüfen sind, muss für die Bejahung der Frage, ob die Hinzuverdienstgrenze für den Bezug einer vorzeitigen Altersrente durch Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit (hier: Pachtzins für Gewerbebetrieb) überschritten wird, ungeachtet der einkommensteuerrechtlichen Bewertung weiterhin gefordert werden, dass diese Einkünfte mit persönlichem Einsatz des Rentenbewerbers verbunden waren (vgl BSG vom 27.1.1999 - B 4 RA 17/98 R = SozR 3-2400 § 15 Nr 6).
Tatbestand
Der Rechtsstreit wird um eine vorzeitige Altersrente für einen abgelaufenen Zeitraum geführt, insbesondere um die Frage, ob hier die Hinzuverdienstgrenze durch Arbeitseinkommen aus einer selbständigen Tätigkeit überschritten wurde.
Der ... 1935 geborene Kläger ist Kraftfahrzeugmechanikermeister und betrieb ein Autohaus nebst Tankstelle in E. Mit der Maßgabe, dass eine mit dem Wohnhaus bebaute Teilfläche ausgespart wird und sämtliche in dem Betrieb bis Ende Juni 1995 beschäftigten Arbeitnehmer übernommen würden, verpachtete er im April 1995 seinen Betrieb mit Wirkung vom 1. Juli 1995 an seinen Sohn A für 3.000,00 DM monatlich. Im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses war er dort in der Folgezeit tätig. Nach Weisungen des A oder des Meisters der Werkstatt hatte er im Servicebereich Kunden oder deren Fahrzeuge an deren Wohn- oder Standort zurückzubringen und Kfz-Teile an andere Werkstätten auszuliefern. Das Finanzamt Nordenham veranlagte den Kläger zur Einkommensteuer. Die Pachteinnahmen berücksichtigte es als Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Mit Rücksicht auf diesen Umstand lehnte die Beklagte den Ende Mai 1998 gestellten Antrag ab, hier vor Vollendung des 65. Lebensjahres Altersrente zu gewähren, obwohl der Kläger die Wartezeit von 35 Jahren schon damals erfüllte (Bescheid vom 06.07.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.08.1998). Die dagegen rechtzeitig erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Oldenburg abgewiesen und die erzielten Pachteinnahmen als Arbeitseinkommen des Klägers im Sinne der Vorschrift des § 15 SGB IV i. d. F. des Artikel 3 Nr. 2 Agrarsozialreformgesetz vom 29. Juli 1994, Bundesgesetzblatt 1, 1890 - SGB IV n. F. - gewertet. Es hat sich der Ansicht der Beklagten angeschlossen, wonach für die Annahme von Arbeitseinkommen angeblich nicht mehr zu fordern sei, dass die Einkünfte aus einer Tätigkeit erzielt würden, die mit persönlichem Einsatz verbunden sei. Hinsichtlich des Begriffs des Arbeitseinkommens bestehe nunmehr volle Kongruenz zwischen Einkommensteuerrecht und Sozialversicherungsrecht (Urteil vom 14.09.1999, zugestellt am 05.10.1999).
Mit der am 3. November 1999 eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein Rentenbegehren weiter. Er vertritt die Auffassung, dass seinen Pachteinnahmen eine privatrechtliche Vereinbarung zugrunde liege. Von daher handele es sich nicht um Einkünfte aus Arbeitseinkommen.
Für die Zeit ab 1. Juli 2000 ist dem Kläger während des Berufungsverfahrens Altersrente wegen Vollendung des 65. Lebensjahres bewilligt worden (Bescheid vom 05.07.2000).
Nunmehr beantragt der Kläger, der seit dem 25. Juli 1995 nicht mehr als Inhaber des Autohauses in der Handwerksrolle der Handwerkskammer Oldenburg eingetragen ist,
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den Bescheid der Beklagten vom 6. Juli 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. August 1998 sowie das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 14. September 1999 aufzuheben. |
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die Beklagte zu verurteilen, Altersrente auch für die Zeit vom 1. Juli 1998 bis Ende Juni 2000 zu bewilligen und die Sozialleistungen mit 4 vom Hundert nach den gesetzlichen Vorschriften zu verzinsen. |
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen und
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Sie beruft sich für ihren Antrag weiterhin auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30. September 1997 zum Az.: 4 RA 122/95, wonach sie Arbeitseinkommen zugrunde zu legen habe, wenn die Verpachtung als unselbstständiger Teil der selbständigen Tätigkeit des Rentenbewerbers angesehen werden könne.
Im vorbereitenden Verfahren sind die den Kläger betreffenden Vorgänge der Beklagten und die Auskunft der Handwerkskammer Oldenburg vom 16. Mai 2003 beigezogen worden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist der Kläger gehört worden. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den sonstigen Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten und der Gerichtsakten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und anschließenden Beratung waren.
Entscheidungsgründe
Die fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Das SG Oldenburg hat den Ablehnungsbescheid der Beklagten zu Unrecht bestätigt. Die begehrte Rente steht dem Kläger auch für den beantragten Zeitraum gem. § 34 Abs. ...