Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherung. Versicherungspflicht. Kameramann bei Sportübertragungen. dienende Teilhabe am Arbeitsprozess. abhängige Beschäftigung. selbständige Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Ein bei Fernsehübertragungen eingesetzter Kameramann kann in den von seinem Auftraggeber vorgegebenen Arbeitsprozess im Sinne einer dienenden Teilhabe eingegliedert sein und damit abhängig beschäftigt werden.
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 7. März 2013 geändert.
Die Bescheide der Beklagten vom 27. November 2008 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 17. September 2009 und der Änderungsbescheide vom 21. Januar 2014 werden aufgehoben, soweit die Beklagte eine Versicherungspflicht des Klägers aufgrund seiner für die Beigeladene zu 1. ausgeübten Tätigkeit in der gesetzlichen Krankenversicherung und in der sozialen Pflegeversicherung festgestellt hat.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt 3/4 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers aus beiden Rechtszügen; im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen die Feststellung seiner Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung sowie in der sozialen Pflegeversicherung aufgrund einer für die Beigeladene zu 1. ausgeübten Tätigkeit als Kameramann.
Der 1965 geborene Kläger wurde in den 90er Jahren zum Kameramann umgeschult und übt seitdem diesen Beruf für wechselnde Auftraggeber aus.
Der bei der Beigeladenen zu 2. krankenversicherte Kläger wird von der zu 3. beigeladenen Künstlersozialkasse als Mitglied geführt. 1998 stellte diese nach Maßgabe der seinerzeit wahrgenommenen Tätigkeit die Ausübung einer selbständigen nach dem Gesetz über die Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten (Künstlersozialversicherungsgesetz - KSVG) versicherungspflichtigen selbständigen künstlerischen Tätigkeit fest.
Mit Schreiben vom 26. August 2004 bestätigte die Künstlersozialkasse dem Kläger, dass er mit den 1998 vorgelegten Nachweisen “seinerzeit„ eine selbständige Tätigkeit nachgewiesen habe. Diese Feststellung habe jedoch nicht zur Folge, dass alle von ihm wahrgenommenen Arbeiten zwangsläufig als selbständige Tätigkeiten anzusehen seien. Vielmehr sei es auch ohne weiteres möglich, dass im Rahmen der künstlerischen Berufsausübung auch abhängige Beschäftigungsverhältnisse eingegangen würden. Auch könnten eine selbständige Tätigkeit und abhängige Beschäftigungen nebeneinander ausgeübt werden.
Seit Ende 1999 ist der Kläger als Kameramann auch für die Beigeladene zu 1. tätig. Diese sieht sich nach Maßgabe ihres Internetauftritts als “Full-Service-Dienstleister für TV und Neue Medien„ und misst sich die Bedeutung “eines der führenden Sport-TV-Produzenten im deutschsprachigen Raum„ bei. Insbesondere zeichnet sich die Beigeladene für die Produktion von Fernsehübertragungen bei Sportereignissen, und zwar namentlich auch bei Bundesligaspielen, verantwortlich.
Bei diesen Sportübertragungen stellt die Beigeladene zu 1. auch die benötigte Zahl von Kameraleuten, wobei bei größeren Ereignissen bis zu etwa 15 Kameraleute an unterschiedlichen Kameras zum Einsatz kommen. In diesem Rahmen hat sie auch den Kläger insbesondere bei der Übertragung von Bundesligaspielen als Kameramann eingesetzt.
Dabei hat sie mit dem Kläger für jede einzelne Veranstaltung eine gesonderte - im Regelfall telefonische - Vereinbarung getroffen. Diese Vereinbarung betraf im Regelfall nur einen einzelnen Drehtag, mitunter bei mehrtägigen Veranstaltungen auch mehrere aufeinanderfolgende Drehtage, etwa mehrere aufeinander folgende Tage eines Wochenendes. Der Kläger, der neben seinen Einsätzen für die Beigeladene zu 1. auch für andere Auftraggeber tätig wurde und wird, war und ist frei in seiner Entscheidung, ob er entsprechende Aufträge annimmt. Umgekehrt ist die Beigeladene zu 1. frei in ihrer Entscheidung, ob und mit welcher Häufigkeit sie dem Kläger entsprechende Drehaufträge erteilt. Hat der Kläger einen solchen Einzelauftrag angenommen, dann wird naturgemäß von der Beigeladenen zu 1. erwartet, dass er diesen persönlich verlässlich wahrnimmt.
Nach dem Einsatz stellt der Kläger der Beigeladenen zu 1. das jeweils vereinbarte Honorar (in der Regel in der Größenordnung von anfangs etwa 300 € und später etwa 340 € je Drehtag) zuzüglich einer ggfs. vereinbarten Fahrtkostenerstattung (wobei der Kläger auf den Rechnungen allerdings oft auch vermerkt hat, dass die Wege im Rahmen einer Fahrgemeinschaft mit anderen Produktionsmitarbeitern zurückgelegt worden sind) und oftmals einer Spesenpauschale von 6 € (für einen mehr als 8- und weniger als 14stündigen Einsatz) sowie die gesetzliche Mehrwertsteuer in Rechnung.
Insgesamt rechnete der Kläger gegenüber der Beigeladenen zu 1. entsprechend berechnete Honorare in einer Gesamthöhe von
371,44 € für Dezember 1999,
11.160,94 € im Jahr 2000,
14.161,90 € im...