Entscheidungsstichwort (Thema)
Morbus Crohn als Wehrdienstbeschädigungsfolge
Orientierungssatz
Der als Behinderung nach dem SchwbG anerkannte "Morbus Crohn" bei einem ehemaligen Zeitsoldaten, bei dem die während der Dienstzeit subjektiv empfundenen Überforderungssituationen auf einer anlagebedingten Minderbelastbarkeit beruhen, ist keine Wehrdienstbeschädigungsfolge, weil er sich nur zufällig zeitlich und örtlich im Zusammenhang mit dem Wehrdienst entwickelt und den Soldaten schicksalhaft betroffen hat.
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger ist an dem Leiden "Morbus Crohn" erkrankt und begehrt, nachdem darüber bereits rechtsverbindliche Verwaltungsentscheidungen getroffen sind, im Zugunstenwege erneut die Feststellung, daß dieses Leiden Folge einer Wehrdienstbeschädigung im Sinne des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) sei. Er will deshalb von dem beklagten Land Beschädigtenrente erhalten.
Der 1956 geborene und mit ärztlich festgestellter vegetativer Labilität gemusterte Kläger leistete von Oktober 1975 bis September 1979 Wehrdienst als Soldat auf Zeit und machte im Februar 1979 gegenüber der Bundeswehrverwaltung einen seit Herbst 1978 bestehenden Morbus Crohn als Wehrdienstbeschädigungsfolge geltend. Nachdem die Nachschubkompanie 170 in H über keine besonderen Belastungen beim Dienst als Fernmelder, Fernmeldegruppenführer und Baufernsprech-Unteroffizier berichtet hatte und ärztlicherseits - schließlich - kein Zusammenhang der auf das Beginndatum 22. September 1978 rückbezogenen Erstbeschwerden mit Verhältnissen und Ereignissen des Wehrdienstes, insbesondere mit der in zeitlichem Zusammenhang stehenden Teilnahme an der NATO-Übung "Bold-Guard" gesehen worden war, erließ das Wehrbereichsgebührnisamt III (WBGA III) den einen Ausgleich ablehnenden Bescheid vom 25. August 1980 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides der Wehrbereichsverwaltung III vom 3. Februar 1981. Wegen der Einzelheiten des Erstfeststellungsverfahrens wird auf den Tatbestand des die Ablehnung bestätigenden klageabweisenden Urteils des Sozialgerichts (SG) Hannover vom 22. April 1982 verwiesen, auf das auch wegen der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird (Az.: S 17 V 55/81). Nachdem dieses Urteil rechtskräftig geworden war, erließ das Versorgungsamt (VA) H den Bescheid vom 10. August 1982, mit dem die im September 1979 beantragte Gewährung von Versorgung nach § 80 SVG ebenfalls abgelehnt wurde: Das VA sei an die Entscheidung des WBGA III vom 25. August 1980 gebunden. Auch dieser Bescheid vom 10. August 1982 wurde rechtsverbindlich.
Nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) ist der Morbus Crohn als Behinderung anerkannt. Das Leiden wurde anfangs mit einem Grad der Behinderung von 30, später mit 50 und zuletzt (ab 1991) für sich allein mit 70 bewertet.
Im April 1991 reichte der Kläger beim VA Hannover erneut einen Versorgungsantrag ein und verwies zur Begründung insbesondere auf die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz", Ausgabe 1983 (AHP 1983), in denen neue Beurteilungsrichtlinien niedergelegt worden seien; das SG habe außerdem zeitliche Zusammenhänge, insbesondere mit der NATO-Übung falsch gewürdigt. Nach Beteiligung der Medizinaloberrätin Dr. K (versorgungsärztliche Stellungnahme vom 9. Juli 1991) lehnte das VA mit Bescheid vom 17. September 1991 ab, dem Kläger unter Abweichung von den vorausgegangenen Ablehnungsentscheidungen Beschädigtenversorgung - als Kannversorgung - zu gewähren: Es ergäben sich weder aus den eigenen Angaben des Klägers noch aus den Angaben seiner damaligen Bundeswehreinheit Anhaltspunkte dafür, daß (jetzt vom Kläger in den Vordergrund seines Vorbringens gestellte) außergewöhnliche psychische Belastungen vorgelegen hätten.
Das vom Kläger im Juli 1982 ebenfalls erneut angegangene WBGA III stellte die Angelegenheit zunächst zurück, die Beigeladene hat auch bisher keine Entscheidung über die Rücknahme derjenigen Bescheide erlassen, mit denen sie früher die Zahlung eines Ausgleichs bestandskräftig abgelehnt hat.
Gegen den die Entscheidung des VA vom 17. September 1991 bestätigenden Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamtes Niedersachsen vom 10. Mai 1993 hat der Kläger Klage zum SG Hannover erhoben, seine Ausführungen zu zeitlichen Abläufen wiederholt und ergänzt und insbesondere im Erörterungstermin vom 20. Dezember 1994 eingehend dargelegt, daß und aus welchen Gründen im einzelnen die gesamte Wehrdienstzeit für ihn eine erhebliche psychische Belastung dargestellt habe; wegen dieser Angaben wird auf die Sitzungsniederschrift vom selben Tage verwiesen. Mit Urteil vom 21. April 1995, auf dessen Entscheidungsgründe im einzelnen Bezug genommen wird, hat das SG die Klage abgewiesen: Dem Kläger sei zuzugeben, daß das SG in seinem früheren Urteil die zeitliche Abfolge von NATO-Übung und erstmaligem Arztbesuch nicht richtig erkannt ha...