Entscheidungsstichwort (Thema)
Übernahme lediglich der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung durch den Grundsicherungsträger
Orientierungssatz
1. Nach dem Grundsatz der aktuellen Bedarfsdeckung sind lediglich die tatsächlich anfallenden angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung vom Grundsicherungsträger nach § 22 SGB 2 zu übernehmen. Die Hoffnung auf den späteren Zuzug des Kindes zum Hilfebedürftigen verpflichtet nicht zu einer weiteren Kostenübernahme. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn ein solcher Zuzug mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit kurzfristig absehbar ist.
2. Hat der Grundsicherungsträger die von ihm anerkannten Mietkosten und Betriebskosten aufgrund eines schlüssigen Konzepts ermittelt, so bedarf es zur berechtigten Weigerung, die höheren tatsächlichen Kosten zu übernehmen, dann einer Kostensenkungsaufforderung nach § 22 Abs. 1 S. 3 SGB 2 nicht, wenn der Leistungsempfänger im Rahmen eines Zusicherungsverfahrens nach § 22 Abs. 4 SGB 2 vom Träger ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass dieser die Aufwendungen für die neue Unterkunft nicht für angemessen hält. Dieses Zusicherungsverfahren besitzt eine dem Kostensenkungsverfahren vergleichbare Aufklärungs- und Warnfunktion, vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 19/09 R.
3. Heizkosten sind nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB 2 grundsätzlich in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erstatten. Ein sich aus späteren Abrechnungen ergebender niedrigerer monatlicher Verbrauch, der zu einer Gutschrift führt, mindert den Bedarf im Zeitpunkt der Gutschrift, hat aber keine Auswirkung auf den früheren Bewilligungszeitraum, wenn die Abrechnung erst nach dem Ende des Bewilligungsabschnitts erfolgt.
4. Die tatsächlichen Heizkosten sind dann nicht erstattungsfähig, wenn sie bei sachgerechter und wirtschaftlicher Beheizung als der Höhe nach nicht gerechtfertigt erscheinen. Dies setzt eine konkrete Prüfung im Einzelfall voraus. Das Überschreiten der Grenzwerte eines lokalen Heizspiegels kann insoweit lediglich als Indiz für eine fehlende Erforderlichkeit angesehen werden, vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 70/08 R.
Normenkette
SGB II § 22 Abs. 1 Sätze 1, 3, Abs. 4
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 30.04.2013 aufgehoben. Der Klägerin wird für das erstinstanzliche Verfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt H, T, bewilligt.
Kosten sind für dieses Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten in der Hauptsache um die Übernahme der tatsächlichen Aufwendungen der Klägerin für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum 15.08.2012 bis 30.11.2012.
Die im Mai 2011 von Q nach C gezogene Klägerin bezieht seit dem 01.06.2011 von dem Beklagten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Bewilligungsbescheid vom 03.05.2012 in der Form des Änderungsbescheides vom 30.05.2012 gewährte der Beklagte ihr für den Zeitraum 01.06.2012 bis 30.11.2012 Leistungen in Höhe von 772,- Euro (Regelleistung in Höhe von 374,- Euro und Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 398,- Euro). Die Klägerin bewohnte zu diesem Zeitpunkt eine 36 qm große Wohnung in der S-Straße 00 in C, die Feuchtigkeitsschäden (Schimmelbefall) aufwies.
Am 19.07.2012 sprach die Klägerin deshalb mit einem Mietangebot über eine 65,32 qm große Wohnung in der X-Straße 00 in C bei dem Beklagten vor. Der Mietzins für diese Wohnung betrug zu diesem Zeitpunkt insgesamt 604,11 Euro (Grundmiete 336,31 Euro, Betriebskostenvorauszahlung 186,- Euro, Heizkostenvorauszahlung 69,- Euro und Stellplatz 12,80 Euro). Die Wohnung wird mit Erdgas beheizt.
Der Beklagte wies die Klägerin darauf hin, dass das Mietangebot für eine Person unangemessen sei und sie den Differenzbetrag von 123,11 Euro zu einer angemessenen Miete selbst tragen müsse. Die Klägerin verwies auf einen laufenden Sorgerechtsstreit um ihre 2003 geborene Tochter, in dem am 02.08.2012 eine Entscheidung fallen solle. Dieser Termin wurde mit Beschluss vom 13.07.2013 aufgehoben.
Zum 15.08.2012 bezog die Klägerin die Wohnung in der X-Straße.
Mit Bescheid vom 03.09.2012 änderte der Beklagte daraufhin die Bewilligung vom 30.05.2012 für die Zeit vom 15.08.2012 bis zum 30.11.2012 und gewährte der Klägerin monatliche Leistungen in Höhe von 855,- Euro (Regelleistung in Höhe von 374,- Euro und Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 481,- Euro).
Hiergegen legte die Klägerin mit der Begründung Widerspruch ein, dass das Sorgerechtsverfahren um ihre Tochter und damit auch die Frage eines möglichen Zuzugs in ihre Wohnung noch offen sei, so dass die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 604,11 Euro vom Beklagten zu übernehmen seien.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.10.2012 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Die Aufwendungen für die neue Wohnung seien unangemessen. Im Stadtgebiet C sei für einen 1-Personen-Hausha...