Entscheidungsstichwort (Thema)
einstweiliger Rechtsschutz. Arbeitslosengeld II. Unterkunftskosten. vorherige Zusicherung für neue Unterkunft. fehlender Anordnungsgrund
Orientierungssatz
Die Erteilung der Zusicherung zu den Aufwendungen für eine neue Unterkunft gem § 22 Abs 2 SGB 2 ist mangels Beeinträchtigung von Rechten des Arbeitsuchenden nicht eilbedürftig; somit fehlt der für § 86b Abs 2 S 2 SGG erforderliche Anordnungsgrund.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 15.10.2010 abgeändert und der Antrag der Antragsteller auf Verpflichtung der Antragsgegnerin, die "Zustimmung zum Umzug in die Straße B 00, C" gemäß § 22 Abs. 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch vorläufig zu erteilen, abgelehnt. Kosten haben die Beteiligten einander in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten
Tatbestand
Streitig ist die einstweilige Verpflichtung der Antragsgegnerin, die Zusicherung zu den Aufwendungen für die Wohnung B 00, C gemäß § 22 Abs. 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu erteilen.
Die miteinander verheirateten Antragsteller beziehen als Bedarfsgemeinschaft mit ihrer 2009 geborenen Tochter K von der Antragsgegnerin Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II. Sie bewohnten zunächst eine Wohnung unter der Anschrift I-straße 00, 2. Obergeschoss, in C. Die Kaltmiete dieser 66 qm großen Wohnung betrug 359,25 Euro. Mit Bescheid vom 26.05.2010 bewilligte die Antragsgegnerin u. a. für den Zeitraum vom 01.06.2010 bis 31.10.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zuzüglich Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) in Höhe von insgesamt 1.204,83 Euro (Regelleistungen 677,00 Euro; KdU 527,83 Euro) monatlich.
Mit Schreiben vom 26.05.2010 bot der Vermieter der Antragsteller diesen aufgrund von Feuchtigkeitsschäden im Deckenbereich ihrer Wohnung den Umzug in eine andere Wohnung im selben Haus (1. Obergeschoss) an und bat die Antragsgegnerin um Genehmigung des Umzugs. Die Antragsgegnerin lehnte den Antrag mit Schreiben vom 31.05.2010 ab. Es handele sich um bauliche Mängel der bisherigen Wohnung, die vom Vermieter zu beseitigen seien. Sollte für den Zeitraum der Sanierung ein Verbleib in der Wohnung nicht möglich sein, habe der Vermieter geeigneten Ausweichwohnraum zur Verfügung zu stellen. Sollten die Antragsteller trotz dieses Hinweises umziehen, würde sich an der Bewilligung der Höhe der Grundmiete nichts ändern. Im Rahmen ihres Widerspruchs gegen diesen Bescheid reichten die Antragsteller eine Mietbescheinigung für eine neue Wohnung B 00 in C ein. Danach beträgt die Kaltmiete ohne Nebenkosten für die 65 qm große Wohnung 395 Euro. Die Antragsgegnerin wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.08.2010 zurück. Es sei nicht von einer Umzugsnotwendigkeit auszugehen, da ein Verbleib in der bisherigen Wohnung nicht unzumutbar sei. "Umzug" bedeute die endgültige Lösung des Mietverhältnisses, nicht nur den vorübergehenden Umzug in eine andere Wohnung im selben Haus während der Dauer von Renovierungsarbeiten. Das erstmalig im Widerspruchsverfahren vorgelegte Mietangebot über die Wohnung B 00 entspreche nicht den Angemessenheitskriterien. Die in der Mietbescheinigung ausgewiesene Kaltmiete von 395 Euro liege oberhalb der Angemessenheitsgrenze von 381,92 Euro für eine 3 Personen-Bedarfsgemeinschaft. Für den Einzug in eine unangemessene Wohnung sei eine Zustimmung nicht zu erteilen.
Am 08.09.2010 übersandten die Antragsteller eine neue Mietbescheinigung mit nunmehr geänderter Kaltmiete von 380 Euro.
Die Antragsteller haben am 22.09.2010 Klage zum Sozialgericht (SG) Dortmund (Az.: S 30 AS 4394/10) erhoben und Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Sie haben beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, "ihnen die Zustimmung zum Umzug in die Straße B 00 in C zu erteilen".
Das SG hat die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 15.10.2010 im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern die Zusicherung für die Unterkunftskosten der begehrten Wohnung zu erteilen. Der Umzug sei erforderlich und die KdU mit nunmehr 380 Euro unstreitig angemessen i.S.v. § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II. Ein Umzug liege bereits dann vor, wenn die konkret angemietete Wohnung verlassen werden müsse. Wolle man es ausreichen lassen, dass Wohnraum unter demselben Dach in einer anderen Wohnung des Vermieters vorhanden sei, wäre der Begriff des Umzugs von dieser Zufälligkeit abhängig. Die Antragsteller hätten einen Mietvertrag über eine Wohnung im 2. Obergeschoss. Bei Untauglichkeit dieser Wohnung stehe es ihnen frei, sich einen anderen Vermieter zu suchen als bisher. Der Umzug sei auch erforderlich, da die bisherige Wohnung - von der Antragsgegnerin unangezweifelt - von Schimmel befallen sei und der Antragsteller zu 2) an einer Asthmaerkrankung leide. Im Übrigen sei auch anerkannt, dass insbesondere bei Kleinkindern der dauernde Aufenthalt in einer Wohnung, in welcher sich Schimmelsporen befänden, zu einer erhöhten Disposition für Atemwegserkrankungen führe. ...