Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulassung der Berufung bei grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache, wegen Divergenz bzw. wegen Verstoßes gegen die Amtsermittlungspflicht

 

Orientierungssatz

1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache zur Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG, wenn sie eine bisher ungeklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Dazu genügt ein Individualinteresse nicht. Handelt es sich um eine typische Einzelfallentscheidung, so ist eine grundsätzliche Bedeutung gleichfalls zu verneinen.

2. Der Zulassungsgrund der Divergenz i. S. von § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG verlangt, dass das angefochtene Urteil und die vorgebliche Divergenzentscheidung dieselbe Rechtsfrage betrifft. Beide Entscheidungen müssen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sein.

3. Die Zulassung eines Rechtsmittels wegen Verstoßes gegen die Amtsermittlungspflicht i. S. von § 103 SGG setzt voraus, dass das Sozialgericht - unabhängig von der Stellung eines hierauf bezogenen Beweisantrags - sich zu weiteren Ermittlungen aus seiner rechtlichen Sicht hätte gedrängt fühlen müssen.

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Köln vom 16.05.2013 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwältin C aus X wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Höhe der Unterkunftskosten vom 01.02.2011 bis 31.01.2012.

Der Kläger ist Vater der 1998 geborenen K und des 2000 geborenen N. Diese erhalten einen monatlichen Unterhalt ihrer Mutter von je 50,00 EUR. Zudem erhält der Kläger für sie Kindergeld. Seit 01.01.2005 bezieht er für sich und die Kinder Arbeitslosengeld II. Er bewohnt ein eigenes Haus. Der Beklagte übernahm als Unterkunftskosten die Schuldzinsen sowie die Nebenkosten und Heizkosten. Mit Schreiben vom 19.07.2010 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass die Zinsen von 556,06 EUR nicht angemessen seien. Für einen Dreipersonenhaushalt seien höchstens 323,40 EUR angemessen. Diesem Betrag liege eine Wohnungsgröße von 77 m² und ein Quadratmeterpreis von 4,20 EUR zugrunde. Solange es dem Kläger nicht möglich oder zuzumuten sei, die Zinsen z. B. durch Umzug, Vermieten oder Rücksprache mit der Bank zu senken, würden zunächst für drei Monate, längstens jedoch für sechs Monate die unangemessenen Zinsen berücksichtigt. Der Beklagte bewilligte bis 31.01.2011 Kosten für die Unterkunft und Heizung i. H. v. 783,30 EUR monatlich (556,06 EUR Schuldzinsen, 96,93 EUR Heizkosten und 130,31 EUR Nebenkosten).

Im Januar 2011 beantragte der Kläger die Weiterbewilligung der Leistungen und die Übernahme seines Kanalbaubeitrags für die öffentliche Abwasserbeseitigung, die er in monatlichen Raten von 227 EUR an die Stadt X zahlen musste. Die Schuldzinsen betrugen im Jahr 2010 585,38 EUR monatlich bei Verbindlichkeiten i. H. v. 129.866,01 EUR. Durch Bescheid vom 21.01.2011 bewilligte der Beklagte vorläufig Unterkunftskosten i. H. v. je 181 EUR. Gegen diese Entscheidung wandte sich der Kläger mit seinem Widerspruch. Er trug vor, dass die Kürzung ohne vorherige Information erfolgt sei; es könne von ihm nicht verlangt werden, das Haus zu verkaufen; die Immobilienpreise seien sehr niedrig, sodass bei einem Verkauf mit einer Verschleuderung des Hauses zu rechnen wäre und aufgrund der Tatsache, dass auf dem Haus noch viele Hypotheken lasteten, letztlich nach Begleichung der Hypothekenschulden voraussichtlich kein nennenswerter überschießender Erlös zu erzielen wäre; ein Verkauf werde daher keine Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse herbeiführen; eine Senkung der Zinslast sei nicht möglich, da die Verträge mit der Bank fest ausgehandelt seien; auch eine teilweise Vermietung komme nicht in Betracht, da es sich um ein Einfamilienhaus handele; zudem leide sein Sohn, der in W eine Förderschule besuche, an ADHS, was das Zusammenleben mit einem Mieter erschwere; er habe einen erhöhten Platzbedarf und werde durch einen Umzug zusätzlich beeinträchtigt.

Durch Änderungsbescheid vom 21.02.2011 bewilligte der Beklagte dem Kläger zu 1) und seinen Kindern endgültig Arbeitslosengeld II i. H. v. 1.292,02 EUR vom 01.02. bis 31.07.2011; darin waren Unterkunftskosten i. H. v. 770 EUR enthalten (Kosten Wohneigentum 323,40 EUR = 77 m x 4,20 EUR, Nebenkosten 130,31 EUR, Heizkosten 89,31 EUR und 227 EUR Kanalbeitrag).

Durch Bescheid vom 15.03.2011 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und bezog in seine Entscheidung den Bescheid vom 21.01.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 21.02.2011 ein. Er stützte sich darauf, dass für den räumlichen Vergleichsmaßstab "Oberbergischer Kreis" der Mietspiegel für Wohnflächen von 61 bis 79 m² eine durchschnittliche Grundmiete von 4,20 EUR ausweise; für einen Dreipersonenhaushalt bei einem Wohnraumbedarf ...

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