Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung des beitragspflichtigen Entgelts bei Schwarzarbeit im Taxigewerbe

 

Orientierungssatz

1. Gegen die Erhebung von Daten einer Taxigenossenschaft zur Feststellung der Voraussetzungen von Schwarzarbeit bestehen keine rechtlichen Bedenken (BFH Urteil vom 23. 10. 2012, VII R 41/10). Damit sind die so gewonnenen Daten in einem Betriebsprüfungsverfahren nach § 28p SGB 4 verwertbar.

2. Das beitragspflichtige Arbeitsentgelt der von dem Taxi-Unternehmen beschäftigten Fahrer ist auf der Grundlage der festgestellten Arbeitszeiten der Fahrer zu ermitteln. Unerheblich ist dabei, ob und in welcher Höhe die betreffenden Fahrzeiten tatsächlich vergütet worden sind.

3. Ist nach § 14 Abs. 2 S. 1 SGB 4 ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, so gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich Steuern und anteiliger Sozialversicherungsbeiträge. Bei illegaler Beschäftigung gilt nach S. 2 ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 18.2.2019 geändert. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der am 7.11.2018 erhobenen Klage (S 58 BA 125/18 Sozialgericht Duisburg) gegen den Bescheid vom 22.6.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.10.2018 wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 13.483,34 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der am 7.11.2018 erhobenen Klage (Az. S 58 BA 125/18, Sozialgericht [SG] Duisburg) gegen den Bescheid vom 22.6.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.10.2018 ist abzulehnen.

Gemäß § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, diese auf Antrag ganz oder teilweise anordnen bzw. gem. § 86b Abs. 1 S. 2 SGG die Aufhebung einer schon erfolgten Vollziehung anordnen. Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine - wie hier erfolgte - Entscheidung über Beitragspflichten und die Anforderung von Beiträgen sowie der darauf entfallenden Nebenkosten einschließlich der Säumniszuschläge (vgl. zu Letzteren st. Rspr. des Senats, z.B. Beschl. v. 7.1.2011 - L 8 R 864/10 B ER - juris Rn. 21).

Die Entscheidung, ob eine aufschiebende Wirkung ausnahmsweise gem. § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG durch das Gericht angeordnet wird, erfolgt aufgrund einer umfassenden Abwägung des Suspensivinteresses des Antragstellers einerseits und des öffentlichen Interesses an der Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist in Anlehnung an § 86a Abs. 3 S. 2 SGG zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (hierzu unter 1.) oder ob die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (hierzu unter 2.).

1.) Da § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Beitragsbescheiden grundsätzlich auf den Adressaten verlagert, können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Suspensivinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs zumindest überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen. Hierfür reicht es nicht schon aus, dass im Rechtsbehelfsverfahren möglicherweise noch ergänzende Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Maßgebend ist vielmehr, ob nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Eilentscheidung mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides spricht (st. Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschl. v. 11.3.2016 - L 8 R 506/14 B ER - juris Rn. 51 m.w.N.).

Nach diesen Maßstäben ist die aufschiebende Wirkung der Klage nicht anzuordnen, da deren Erfolg nicht überwiegend wahrscheinlich ist. Es spricht nicht mehr dafür als dagegen, dass sich der Bescheid vom 22.6.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.10.2018, mit dem die Antragsgegnerin von dem Antragsteller für den Zeitraum vom 1.4.2008 bis 30.11.2009 Sozialversicherungsbeiträge, Umlagen und Säumniszuschläge in Höhe von 53.933,34 Euro für bei ihm beschäftigte Fahrer fordert, in der Hauptsache als rechtswidrig erweisen wird.

Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 28p Abs. 1 S. 5 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Nach dieser Vorschrift erlassen die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege-, und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gegenüber den Arbeitgebern.

a) Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Der Antragsteller wurde insbesondere vor seinem Erlass unter dem 31.1.2018 gemäß § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) angehört.

b) Nach der im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes ge...

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