Entscheidungsstichwort (Thema)
Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes zur Bewilligung von Kosten für die Unterkunft durch einstweiligen Rechtsschutz
Orientierungssatz
1. Zur Bewilligung von Leistungen für die Unterkunft nach § 22 SGB 2 durch einstweiligen Rechtsschutz ist u. a. die Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes erforderlich.
2. Die hiernach erforderliche Eilbedürftigkeit liegt erst bei einer aktuellen Gefährdung der Unterkunft vor, welche regelmäßig frühestens ab Zustellung einer Räumungsklage anzunehmen ist. Auch nach Zustellung der Räumungsklage sind die Rechte des Antragstellers durch § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB hinreichend geschützt. In einer solchen Situation kann die Kündigung noch abgewendet werden. Das Amtsgericht ist nach § 22 Abs. 9 SGB 2 verpflichtet, dem Grundsicherungsträger Einzelheiten einer Räumungsklage mitzuteilen. Dies dient dazu, dem Grundsicherungsträger zu ermöglichen, die Kündigung durch Übernahme der Mietrückstände abzuwenden.
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 12.05.2014 wird zurückgewiesen. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz im Beschwerdeverfahren noch über die Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung und über die Frage, ob auch ohne Räumungsklage ein Anordnungsgrund gegeben ist.
Die Antragstellerin ist bulgarische Staatsangehörige. Der Antragsgegner hat in der Vergangenheit wiederholt die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) mit Hinweis auf die Ausschlussgründe nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. Nr. 1 u. 2 SGB II abgelehnt. Nachdem das Sozialgericht (SG) Dortmund mit Beschluss vom 15.11.2013 der Antragstellerin den Regelbedarf bis 31.03.2014 zuerkannt hat und dass Landessozialgericht (LSG) NRW mit Beschluss vom 27.12.2013 bis zum 31.03.2014 auch den Kranken- und Pflegeversicherungsschutz der Antragstellerin sichergestellt hat, lehnte der Antragsgegner die Bewilligung von Leistungen zuletzt mit Bescheid vom 19.02.2014 ab. Die Antragstellerin hat mit Antrag vom 15.04.2014 die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beim SG geltend gemacht. Der Vermieter der Antragstellerin hat mit Schreiben vom 24.04.2014 wegen Zahlungsrückständen in Höhe von insgesamt 2.332,50 EUR bei einer monatlichen Warmendmiete in Höhe von 467,50 EUR die fristlose Kündigung ausgesprochen, hilfsweise fristgerecht nach § 573 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Das SG hat mit Beschluss vom 12.05.2014 im Hinblick auf den Regelbedarf im Rahmen der Folgenabwägung dem Antrag stattgegeben. Im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft und Heizung hingegen hat das SG den Antrag abgelehnt und sich im Wesentlichen auf die Rechtsprechung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen zum Anordnungsgrund berufen. Ein Anordnungsgrund sei danach erst ab Zustellung der Räumungsklage durch den Vermieter anzunehmen. Die Belange des Mieters würden gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB hinreichend geschützt.
Gegen den am 14.05.2014 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 12.06.2014 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig einen Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt. Sie ist der Ansicht, dass Zuwarten auf die Räumungsklage schütze den Wohnungsbestand nicht ausreichend. Betroffene warteten unter Umständen die Räumungsklage nicht ab. § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB sei nicht anwendbar auf die ordentliche Kündigung. Außerdem bestehe die Gefahr, dass die Erwiderungsfrist im Räumungsverfahren gemäß § 276 Zivilprozessordnung (ZPO) von zwei Wochen versäumt würde; insbesondere aufgrund der Sprachbarriere. Bei einer verspäteten Übernahmeerklärung durch den Leistungsträger käme es dann nur noch auf die Kulanz des Vermieters an, ob das Mietverhältnis fortgesetzt werden würde. Auf die Rechtzeitigkeit der Erklärung des Antragsgegners habe ein Antragsteller keinen Einfluss. Deshalb müsse zur Wahrung des effektiven Rechtsschutzes bereits bei Ausspruch der fristlosen Kündigung auch Unterkunftskosten zur Vermeidung unzumutbarer und irreparabler Nachteile übernommen werden. Andernfalls wäre das soziokulturelle Existenzminimum, das auch die Kosten der Unterkunft erfasse, verletzt. Die bisherige Spruchpraxis zum Anordnungsgrund dürfe nicht länger aufrechterhalten bleiben.
Die Antragstellerin beantragt,
den Antragsgegner unter teilweiser Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Dortmund vom 12.05.2014 im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, für die Zeit vom 16.04.2014 bis 30.09.2014 längstens bis zur Bestandskraft des Bescheides vom 19.02.2014 auch die Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. 467,50 EUR für die Wohnung, Mieternummer: 000, B-straße 00 in C zu zahlen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Hinsichtlich de...