Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlehensweise Übernahme von Mietschulden durch den Grundsicherungsträger im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes
Orientierungssatz
1. Nach § 22 Abs. 8 SGB 2 können Mietschulden des Grundsicherungsberechtigten übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht.
2. Die Gefahr der Wohnungslosigkeit besteht insbesondere ab dem Zeitpunkt, ab welchem der Leistungsberechtigte auf die Bereitschaft des Vermieters zur Fortsetzung des Mietverhältnisses angewiesen ist, insbesondere wenn die angehäuften Mietschulden den Vermieter zu einer Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen. Hat der Vermieter bereits einen Räumungstitel erwirkt, so steht die Gefahr der Wohnungslosigkeit unmittelbar bevor.
3. Schulden werden von § 22 Abs. 8 SGB 2 erfasst, sofern zumindest ein Anspruch dem Grunde nach auf einen Bedarf der Unterkunftskosten besteht.
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 24.02.2014 wird zurückgewiesen. Der Tenor wird klarstellend wie folgt ergänzt: Dem Antragsgegner wird gestattet, das vorläufig gewährte Darlehen an den Vermieter zu zahlen. Der Antragstellerin wird für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt X aus E Prozesskostenhilfe gewährt.
Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz über die darlehensweise Übernahme von Mietschulden im Rahmen des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte des Antragsgegners und auf die Ausführungen im Beschluss des Sozialgerichts (SG) Gelsenkirchen vom 24.02.2014 verwiesen.
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig, aber unbegründet.
Das SG hat den Antragsgegner zu Recht verpflichtet, der Antragstellerin im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig ein Darlehen in Höhe von 8533,29 Euro zu bewilligen.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zu treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufigen Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 S. 2 SGG in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO). Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsachverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05).
1. Hinsichtlich des Begehrens der Antragstellerin, ihr eine darlehensweise Übernahme von Mietschulden zu gewähren, liegen sowohl ein Anordnungsanspruch als auch ein Anordnungsgrund vor.
Das SG hat zutreffend ausgeführt, dass der Antragstellerin vorläufig ein Anspruch auf darlehensweise Übernahme der Mietschulden, abzüglich der im Teilanerkenntnis aus dem Erörterungstermin vom 17.02.2014 enthaltenen Miete für Februar, zusteht.
a.) Nach § 22 Abs. 8 SGB II können, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen nach Satz 2 übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.
aa.) Ein Anspruch auf Übernahme von Schulden im Sinne des § 22 Abs 8 SGB II ist im Regelfall vom Antrag auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß §§ 19 ff SGB II nicht erfasst, sondern vom Hilfebedürftigen gesondert geltend zu machen. Der von § 22 Abs 8 SGB II zu deckende Bedarf kommt unabhängig vom Bedarf auf laufende Leistungen nicht schon dann als Leistung in Betracht, wenn Schulden in Bezug auf die Unterkunft tatsächlich entstehen. Insoweit unterscheidet er sich von einmaligen Sonderbedarfen nach § 24 Abs 3 SGB II, die nicht gesondert beantragt werden müssen. Erst wenn sich der Hilfebedürftige nicht mehr in d...