Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfall und Höhe der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes möglichen Rechtsanwaltsgebühren
Orientierungssatz
1. Der Gebührentatbestand der Nr. 3106 1 Nr 3 VV RVG als fiktive Terminsgebühr fällt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich nicht an. Dieser ist auf Verfahren beschränkt, in denen eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nur fakultativ.
2. Nach Nrn. 1006, 1002 VV RVG entsteht die Erledigungsgebühr in Verfahren nach § 183 SGG nur dann, wenn sich die Rechtssache durch anwaltliche Mitwirkung erledigt. Allein das Mitwirken des Rechtsanwalts bei der formellen Beendigung des gerichtlichen Verfahrens ist für den Anfall der Erledigungsgebühr nach Nr. 1002 VV RVG nicht ausreichend. Das Mitwirken des Anwalts durch die bloße Annahme eines Anerkenntnisses wird durch die Verfahrens- und Terminsgebühr abgegolten.
3. Bei der Bestimmung der Betragsrahmengebühr im konkreten Einzelfall ist von der Mittelgebühr auszugehen, die einem Durchschnittsfall als billige Gebühr zugrunde zu legen ist. Allein unterdurchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers können schon die Herabbemessung der Mittelgebühr rechtfertigen, vgl. BSG, Urteil vom 01. Juli 2009 - B 4 AS 21/09R.
Normenkette
VV RVG Nrn. 3106, 1006; VV RVG Nr. 1002; VV RVG Nr. 3102; VV RVG Nr. 1008; RVG § 56 Abs. 1, § 48 Abs. 1 S. 1, § 15 Abs. 2, § 14 Abs. 1, § 55; SGG §§ 183, 124 Abs. 1, § 86b
Tenor
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 14.11.2011 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der von der Staatskasse zu erstattenden Rechtsanwaltsvergütung streitig. Der Antragsteller zu 1) und die Antragstellerin zu 2) sind verheiratet. Sie haben ein gemeinsames minderjähriges Kind, die Antragstellerin zu 3).
Am 26.04.2011 beantragte der Antragsteller zu 1), vertreten durch den Beschwerdeführer, den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu verpflichten, ihm ab April 2011 monatlich Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu zahlen (S 33 AS 1783/11 ER).
Am 13.05.2011 beantragten die Antragstellerin zu 2) - S 33 AS 2049/11 ER - und die Antragstellerin zu 3) - S 33 AS 2048/11 ER -, jeweils vertreten durch den Beschwerdeführer, den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihnen ab Mai 2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II zu gewähren.
Mit Schreiben vom 18.05.2011 im Verfahren S 33 AS 1783/11 ER erklärte sich der Antragsgegner bereit, dem Antragsteller zu 1) Leistungen nach dem SGB II ab dem 01.04.2011 zu bewilligen. Mit Bescheid vom 18.05.2011 bewilligte der Antragsgegner der Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus den drei Antragstellern, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit vom 01.04. bis 30.09.2011 i.H.v. 1.210,40 EUR mtl ... Durch Beschluss vom 18.05.2011 verband das Sozialgericht die drei Verfahren S 33 AS 1783/11 ER, S 33 AS 2048/11 ER und S 33 AS 2049/11 ER miteinander. Mit Schriftsatz vom 19.05.2011 nahmen die Antragsteller das Anerkenntnis an.
Durch Beschluss vom 18.05.2011 bewilligte das Sozialgericht den Antragstellern für die Zeit ab dem 26.04.2011 Prozesskostenhilfe und ordnete den Beschwerdeführer bei. Das Sozialgericht legte durch Beschluss vom 14.11.2011 dem Antragsgegner die Hälfte der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller auf.
Am 25.05.2011 hat der Beschwerdeführer beantragt, seine Vergütung aus der Staatskasse auf 1.768,34 EUR festzusetzen und zwar in Höhe von
Verfahrensgebühr gem. Nr. 3102, 1008 VV RVG 736,00 EUR
Terminsgebühr gem. Nr. 3106 VV RVG 380,00 EUR
Erledigungsgebühr gem. Nr. 1006 VV RVG 350,00 EUR
Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
19 % Mehrwertsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG 282,34 EUR.
Die Angelegenheit sei von sehr hohem Aufwand gewesen. Zur Glaubhaftmachung hätten mehrere eidesstattliche Versicherungen in zeitintensiver Arbeit aufgenommen werden müssen. Die Streitsache sei von der Bearbeitung her schwierig gewesen, da der Antragsteller zu 1) zunächst Ansprüche auf Arbeitslosengeld I gehabt hätte, dann jedoch wegen der verhängten Sperrzeit und Erkrankung ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II bestanden hätte. Die Streitsache sei für die Antragsteller von existenzieller Bedeutung gewesen, da sie zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes zwingend auf die begehrten Leistungen angewiesen seien. Die Rahmenhöchstgebühren seien vorliegend daher angemessen.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat die Vergütung am 31.05.2011 auf 714,00 EUR festgesetzt und zwar in Höhe von
Verfahrensgebühr gem. Nr. 3102, 1008 VV RVG 480,00 EUR
Terminsgebühr gem. Nr. 3106 VV RVG 100,00 EUR
Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
19 % Mehrwertsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG 114,00 EUR.
Hiergegen hat der Beschwerdeführer Erinnerung ein...