Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. keine Übernahme von Mietschulden. außerordentliche fristlose Kündigung der Wohnung. Räumungstitel. kein Abschluss eines neuen Mietvertrags. Aussetzung der Vollstreckung
Orientierungssatz
1. Eine Übernahme von Mietschulden nach § 22 Abs 5 SGB 2 ist dann ausgeschlossen, wenn die begehrte Schuldenübernahme zur Sicherung der bisherigen Wohnung nicht geeignet ist. Das ist dann der Fall, wenn trotz Schuldenübernahme langfristig der Erhalt der Wohnung nicht gesichert werden kann.
2. Ein Erhalt der Wohnung ist dann ausgeschlossen, wenn durch eine Begleichung der Mietrückstände die Unwirksamkeit einer ausgesprochenen fristlosen Kündigung nicht mehr herbeigeführt werden kann. Nur durch Zahlung der Mietrückstände längstens zwei Monate nach Rechtshängigkeit der Zahlungs- und Räumungsklage wird eine außerordentliche Kündigung nach § 569 Abs 3 Nr 2 BGB unwirksam.
3. Die (vorläufige) Aussetzung der Vollstreckung eines Räumungstitels, die von der Zahlungsmoral des Hilfesuchenden abhängt, erfüllt nicht den mit § 22 Abs 5 S 1 SGB 2 verfolgten Zweck der langfristigen Sicherung einer Unterkunft (vgl LSG Halle vom 23.2.2010 - L 5 AS 2/10 B ER).
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 25.05.2010 wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Der Antragsteller wohnte zusammen mit seiner Lebensgefährtin in der ca. 56 qm großen Wohnung N-Straße 00, I. Nach dem Auszug der Lebensgefährtin wurde das Mietverhältnis von dem Antragsteller alleine fortgeführt. Laut Vermieterbescheinigung vom 29.01.2010 beträgt die Nettomiete 253,50 EUR zzgl. einer Betriebskostenvorauszahlung von 24,00 EUR, Gebühren einer Kabelnutzung von 15,00 EUR und einer Heizkostenvorauszahlung einschließlich Warmwasserkosten von 57,50 EUR (42,50 EUR + 15,00 EUR).
Der Antragsteller bezog im Jahr 2009 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Die Antragsgegnerin stellte die Leistungen zum 30.09.2009 ein. Der Antragsteller übte in der Zeit 24.08.2009 bis 19.11.2009, 10.12. bis 19.01.2010, vom 08.03 bis 19.03.2010 sowie vom 22.03 bis 14.04.2010 eine Erwerbstätigkeit aus.
Am 21.01.2010 beantragte der Antragsgegner die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Diesen Antrag lehnte die Antragsgegnerin durch Bescheid vom 10.02.2010 ab. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Durch Bescheide vom 26.05.2010 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsgegner u.a. für die Zeit vom 21.01. bis 31.01.2010 Leistungen nach dem § 22 SGB II in Höhe von 123,55 EUR sowie für die Zeit vom 01.03. bis 31.07.2010 in Höhe von 343,53 EUR mtl. Die Bescheide enthielten den Zusatz, dass die Miete in voller Höhe direkt an den Vermieter überwiesen werde. Im übrigen wies die Antragsgegnerin den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 01.06.2010 als unbegründet zurück.
Durch Bescheid vom 19.07.2010 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen nach dem SGB II, u.a. Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 343,53 EUR mtl., für die Zeit vom 01.08.2010 bis 31.01.2011. Die bewilligten Kosten der Unterkunft und Heizung überweist die Antragsgegnerin an den Vermieter.
Am 21.01.2010 kündigte der Vermieter das Mietverhältnis wegen eines Mietrückstandes für Dezember 2009 und Januar 2010 unter Berufung auf § 543 Abs. 2 Nrn. 3a und 3b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) fristlos. Am 19.02.2010 erhob der Vermieter eine Räumungs- und Zahlungsklage, die dem Antragsteller am 11.03.2010 zugestellt wurde. In der Klageschrift erfolgte nochmals eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsrückständen für die Monate Dezember 2009, Januar und Februar 2010. Der Fortsetzung des Mietverhältnisses über den Zeitpunkt der Beendigung wurde widersprochen. Durch Urteil vom 01.06.2010 verurteilte das Amtsgericht X, 14 C 69/10, den Antragsteller zur Räumung der Wohnung sowie zur Zahlung eines Mietrückstandes für die Zeit vom 01.07.2009 bis 28.02.2010 in Höhe von 2.000,00 EUR und einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 350,00 EUR mtl., beginnend ab dem 01.03.2010. Hiergegen hat der Antragsteller Berufung eingelegt.
Am 10.05.2010 hat der Antragsteller beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die am 17.02.2010 bestehenden Mietrückstände in Höhe von 2.000,00 EUR und die Mieten für die Monate März bis Mai 2010 in Höhe von 350,00 EUR mtl. zu übernehmen und eine Mietübernahmeerklärung gegenüber dem Vermieter bis zum 11.05.2010 abzugeben.
Durch Beschluss vom 25.05.2010 hat das Sozialgericht Gelsenkirchen den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgewiesen. Ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht. Die Übernahme der Mietschulden sei nicht gerechtfertigt i.S.d. § 22 Abs. 5 SGB II, da die Kosten für die Unterkunft unangemessen hoch seien.
Am 01...