Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung des nicht sozialversicherungspflichtigen Auslandszuschlags bei der Beitragsbemessung des freiwillig Krankenversicherten

 

Orientierungssatz

1. Bei der Berechnung des Krankenversicherungsbeitrags eines freiwillig versicherten Mitgliedes sind alle Einnahmen und Geldmittel zugrundezulegen, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden können. Zwar ist ein gezahlter Auslandszuschlag dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen. Für die Beitragsbemessung in der Krankenversicherung ist dies aber irrelevant, weil für die Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der Begriff des Arbeitsentgeltes bedeutungslos ist.

2. Diese Regelung ist verfassungsgemäß. Eine Ungleichbehandlung von pflichtversicherten und freiwillig versicherten Mitgliedern der Krankenversicherung ist nicht zu beanstanden und verletzt nicht den Gleichbehandlungssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Dass bei den freiwillig Versicherten höhere Einnahmen berücksichtigt werden, entspricht dem maßgeblichen Solidaritätsprinzip, die Versicherten nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu Beiträgen heranzuziehen.

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 09.06.2009 abgeändert. Die Bescheide vom 11.07.2006, 27.12.2006 und 14.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2008 werden aufgehoben, soweit die Auslandszuschläge bei der Bemessung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung berücksichtigt werden.

Die Beklagte hat die Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Höhe der von ihm zu tragenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung.

Der am 00.00.1970 geborene Kläger ist Beamter des B und im Ausland beschäftigt. Seit dem 13.08.1997 ist er freiwilliges Mitglied - ohne Anspruch auf Krankengeld - bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin, der AOK Rheinland.

Mit Bescheid vom 19.07.2005 stellte die AOK Rheinland für die Zeit ab 01.08.2005 einen Beitrag zur Krankenversicherung i. H. v. 244,47 EUR und einen Beitrag zur Pflegeversicherung i. H. v. 16,36 EUR, insgesamt 260,83 EUR, ohne Berücksichtigung eines vom Kläger bereits zu diesem Zeitpunkt bezogenen Auslandszuschlags fest. Mit Bescheid vom 26.08.2005 bestätigte die AOK Rheinland diese Beitragshöhe für die Zeit ab 01.09.2005.

Im April 2006 richtete die AOK Rheinland eine "Einkommensanfrage" an den Kläger. Dieser teilte - wie bereits im Juli 2005 durch Beifügung einer Gehaltsabrechnung der Besoldungsstelle des B - mit, dass er neben dem Grundgehalt nach Besoldungsgruppe A 6 und den entsprechenden Zulagen einen Auslandszuschlag i. H. v. monatlich 2.287,55 EUR erhält.

Mit Bescheid vom 11.07.2006 forderte die Beklagte wegen einer "Veränderung des Einkommens" für die Zeit ab 01.01.2006 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung i. H. v. 466,69 EUR bzw. 30,28 EUR, insgesamt 496,97 EUR. Bei der Beitragsbemessung berücksichtigte sie nunmehr auch den Auslandszuschlag. Hieraus resultierte ein Gesamteinkommen i. H. v. 4.899,10 EUR, weshalb die Beklagte bei der Beitragsbemessung von der Beitragsbemessungsgrenze 2006 i. H. v. 3.562,50 EUR ausging. Sie legte der Beitragsberechnung einen Beitragssatz von 13,1% zur gesetzlichen Krankenversicherung und von 0,85% zur gesetzlichen Pflegeversicherung zugrunde.

Im Widerspruchsverfahren meinte der Kläger, der Auslandszuschlag gehöre nicht zum beitragspflichtigen Einkommen, weil das Sozialversicherungsrecht insoweit dem Steuerrecht zu folgen habe. Wenn die Satzung der Beklagten hinsichtlich freiwillig versicherter Mitglieder von diesem Grundsatz abweiche, verstoße dies gegen den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

Mit Bescheid vom 27.12.2006 forderte die Beklagte ab 01.01.2007 aufgrund der Erhöhung des für den Kläger geltenden ermäßigten Beitragssatzes von 12,2 % auf 13,0% und im Übrigen weiterhin ausgehend von der Beitragsbemessungsgrenze Beiträge zur Krankenversicherung i.H.v. 495,19 EUR und zur Pflegeversicherung i.H.v. 30,28 EUR - insgesamt 525,47 EUR. Mit Bescheid vom 14.12.2007 legte die Beklagte der Beitragsberechnung ab 01.01.2008 die ab diesem Zeitpunkt geltende Beitragsbemessungsgrenze i. H. v. 3.600,00 EUR zugrunde und forderte nunmehr Beiträge zur Krankenversicherung i. H. v. 500,40 EUR sowie Beiträge zur Pflegeversicherung i. H. v. 30,60 EUR - insgesamt 531,00 EUR.

Mit Bescheid vom 19.06.2008 wies die Beklagte den Widerspruch - ausdrücklich nur bezogen auf den Bescheid vom 11.07.2006 - zurück. Sie verwies auf § 240 Abs. 1, 2 SGB V. Die Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder werde hiernach durch die Satzung geregelt. Dabei sei sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtige. Damit seien auch die steuerfreien Auslandszulagen als beitragspflichtige Einnahmen anzusehen. Ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgr...

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