Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH

 

Orientierungssatz

1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

2. Diese Grundsätze gelten auch für den Gesellschafter einer GmbH, der für diese gleichzeitig als Geschäftsführer tätig ist.

3. Ist dieser mangels einer vorhandenen Sperrminorität an die Weisungen der Gesellschafterversammlung gebunden, bezieht er ein vereinbartes Festgehalt und hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und auf bezahlten Urlaub und ist er in den Betrieb der GmbH eingegliedert, so ist von dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.

4. Die Einräumung einer Einzelvertretungsbefugnis und die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB stellen zwar Kriterien für eine bestehende Selbständigkeit dar, sind aber gegenüber den für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Merkmalen von untergeordneter Bedeutung.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 27.11.2015 geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers und der Beigeladenen zu 1) aus dem gesamten Verfahren zu je 1/4. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) die Versicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) in der Zeit vom 1.1.2009 bis zum 31.12.2014 in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Gesellschafter der Beigeladenen zu 1), einer in das Handelsregister des Amtsgerichts [AG] X unter A 21193 eingetragenen Kommanditgesellschaft, waren als Komplementärin die I Malerfachbetrieb Verwaltungs GmbH (AG X, HRB 000) und als Kommanditisten Herr N I mit einer Einlage von 26.010,00 Euro (= 51 %), Frau C M mit einer Einlage von 10.200,00 Euro (= 20 %) und der Kläger mit einer Einlage von 14.790,00 Euro (= 29 %) beteiligt.

Gegenstand des Unternehmens der Beigeladenen zu 1) ist die Durchführung aller Arbeiten des Maler- und Anstreichergewerbes, des Stukkateurhandwerks, des Bautenschutzes und der Fußbodenverlegung sowie der Betrieb des Groß- und Einzelhandels mit Malerbedarfs- und Fußboden-Artikeln sowie artverwandter Waren.

Gesamtvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Komplementärin der Beigeladenen zu 1) waren der Kläger und Frau C M. Gesellschafter der Komplementärin waren Herr N I mit einer Stammeinlage von 13.260,00 Euro (= 51 %), Frau C M mit einer Stammeinlage von 5.200,00 Euro (= 20 %) und der Kläger mit einer Stammeinlage von 7.540,00 Euro (= 29 %).

Der Gesellschaftsvertrag (GesV aF) der Beigeladenen zu 1) vom 15.7.1997, der bis zur Änderung des Gesellschaftsvertrages am 19.6.2009 Gültigkeit hatte, lautete auszugsweise wie folgt:

" ...

§ 8

Geschäftsführung und Vertretung

Zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft ist allein die Komplementärin berechtigt.

§ 13

Stimmrecht

Auf je DM 1.000,00 voll eingezahltes Kapital entfällt eine Stimme.

Beschlüsse der Gesellschafterversammlung werden in allen Angelegenheiten, insbesondere auch bei solchen von besonderer Bedeutung, mit einfacher Mehrheit gefasst, soweit nicht dieser Vertrag oder das Gesetz zwingend eine andere Mehrheit vorschreibt.

Die Abänderung des Gesellschaftsvertrages und die Auflösung der Gesellschaft können nur mit den Stimmen der Komplementärin beschlossen werden.

... "

Der GesV vom 19.6.2009 lautete auszugsweise wie folgt:

" ...

§ 7

Geschäftsführung und Vertretung

(1) Zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft ist die jeweils persönlich haftende Gesellschafterin allein berechtigt und verpflichtet. Sie handelt dabei durch ihre Geschäftsführer. Die persönlich haftende Gesellschafterin und ihre Geschäftsführer sind von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

(2) Die Befugnis zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft berechtigt zur Vornahme der gewöhnlichen Geschäfte der Gesellschaft. Zur Vornahme außergewöhnlicher Geschäfte der Gesellschaft bedarf es der Zustimmung der Gesellschafter durch Gesellschaftsbeschluss.

...

§ 13

Gesellschafterbeschlüsse

(1) ...

(2) Soweit dieser Gesellschaftsvertrag oder das Gesetz nichts anderes zwingend vorschreiben, sind Gesellschafterbeschlüsse mit der einfachen Stimmenmehrheit wirksam.

(3) Beschlüsse über die Änderung des Gesellschaftsvertrages bedürfen der Einstimmigkeit. Der Beschluss über die Auflösung der Gesellschaft ist m...

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