rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Düsseldorf (Entscheidung vom 11.04.2002; Aktenzeichen S 31 SB 454/01) |
Nachgehend
BSG (Aktenzeichen B 9 SB 41/02 B) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.04.2002 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Berufungsverfahrens - an das Sozialgericht zurückverwiesen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Herabsetzung des Grades der Behinderung (GdB) von 50 auf 30 wegen Ablaufes der Heilungsbewährung.
Im Februar 1996 wurde bei der Klägerin ein Mamma-Carzinom aus der rechten Brust entfernt und eine Aufbauplastik zur Wiederherstellung der Brust nach subcutaner Mastektomie implantiert.
Mit Bescheid vom 23.9.1996 stellte der Beklagte bei der Klägerin einen GdB von 50 wegen "Brustoperation rechts im Stadium der Heilungsbewährung" fest.
Im November/Dezember 1996 wurde die Aufbauplastik wegen Wundheilungsstörungen entfernt, eine Restmastektomie durchgeführt und 1997 eine Aufbauplastik erneut implantiert.
Den Änderungsantrag der Klägerin aus Januar 1998 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 9.4.1998 unter Berufung auf § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ab.
Im Februar 2001 leitete der Beklagte ein Nachprüfungsverfahren ein. Die Klägerin gab an, als Folge einer mißglückten Latissimus-Operation leide sie unter Einschränkungen des Bewegungsapparates und des rechten Armes. Es träten Schmerzen durch Narbenkontraktionen sowie Missempfindungen und Taubheitsgefühle im Rücken und des rechten Armes auf. Nach Auswertung der beigezogenen Befundberichte durch den Ärztlichen Dienst hörte der Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Herabsetzung des GdB von 50 auf 30 an und übersandte Kopien der beigezogenen ärztlichen Unterlagen. Mit Bescheid vom 19.6.2001 setzte der Beklagte den GdB von 50 auf 30 unter Berufung auf § 48 SGB X herab. Wegen Ablaufes der Heilungsbewährung sei eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen i.S.v. § 48 SGB X eingetreten. Bei der Klägerin läge als Funktionsbeeinträchtigung der "Verlust der rechten Brust nach Ablauf der Heilungsbewährung" vor, für den ein GdB von 30 anzusetzen sei.
Den hiergegen einlegten Widerspruch wies der Beklagte am 12.10.2001 als unbegründet zurück.
Mit der am 13.11.2001 vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhobenen Klage hat die Klägerin die Aufhebung des Herabsetzungsbescheides begehrt.
Sie hat vorgetragen, eine Besserung ihres Gesundheitszustandes sei nicht eingetreten. Sie leide an erheblichen Narbenkontraktionen im rechten Schulter-Arm-Brust- und Rückenbereich mit Bewegungseinschränkungen sowie an einer Einschränkung ihrer psychischen Belastbarkeit.
Mit Urteil vom 11.4.2002 hat das SG die Bescheide vom 19.6.2001 und 12.10.2001 aufgehoben.
Es hat ausgeführt, die Voraussetzungen des § 48 SGB X lägen nicht vor. Eine Änderung in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse sei nach Erlass des Bescheides vom 23.9.1996 nicht eingetreten. Die Krebserkrankung sei schon im September 1996 ausgeheilt gewesen. Eine rechtliche Änderung liege nicht vor. Die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz" (AP) 1996, die keine Rechtsnormen seien, stellten wegen des Verstosses gegen höherrangiges Recht keine Rechtsgrundlage für den Entzug der Schwerbehinderteneigenschaft dar. Den AP 1996 komme auch keine rechtsnormähnliche Wirkung zu. Wegen fehlender demokratischer Legitimation sei der Sachverständigenbeirat zum Erlass und Fortschreibung von Bewertungsrichtlinien im Schwerbehindertenrecht nicht legitimiert. Die Erstellung und Fortschreibung der AP 1996 durch den Sachverständigenbeirat sei nicht transparent, die AP 1996 beruhten auf keiner wissenschaftlichen Grundlage und enthielten kein in sich geschlossenes und nachvollziehbares Beurteilungsgefüge. Aus der Vorschrift des § 69 Abs. 4 SGB IX und Art. 3 GG sei abzuleiten, dass die Bewertungsrichtlinien der AP im Schwerbehindertenrecht den MdE-Richtlinien im Unfallversicherungsrecht entsprechen müssten. Die BG-Richtlinien wichen aber in mehr als 40 Fällen von den Festsetzungen der AP ab. Dies führe zu einer unangemessenen Benachteiligung von Behinderten im Vergleich zu Unfallversicherten. Als Alternative zu den AP stehe den Gerichten als Bewertungsmaßstab die im Internet veröffentlichte "Behindertentabelle" zur Verfügung. Das Institut der Heilungsbewährung sei wegen Verstosses gegen § 69 Abs. 1 S. 1 SGB IX rechtswidrig.
Gegen das am 22.4.2002 zugestellt Urteil hat der Beklagte am 29.4.2002 Berufung beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen eingelegt.
Er trägt u.a. vor, entgegen der Auffassung des SG sei eine Änderung i.S.v. § 48 SGB X in den tatsächlichen Verhältnissen nach Ablauf der Heilungsbewährung eingetreten. Nach der Rechtsprechung des BSG stelle der Ablauf der Heilungsbewährung eine Änderung der Verhältnisse i.S.v. § 48 SGB X dar, auch wenn davon ausgegangen werde, dass das Institut der Heilungsbewäh...