Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Wohnungsbeschaffungskosten. erforderlicher Umzug mit vorheriger Zusicherung. Doppelmietzahlung. Unvermeidbarkeit
Orientierungssatz
1. Auch wenn eine doppelte Mietzahlung im Zusammenhang mit einem Wohnungswechsel anfällt, qualifiziert dieser Tatbestand allein sie nicht als Wohnungsbeschaffungskosten, sondern der Anspruch auf Leistungen der Unterkunft und Heizung ist nach § 22 Abs 1 SGB 2 zu beurteilen.
2. Hat der Grundsicherungsträger die Zusicherung zum aus gesundheitlichen Gründen erforderlichen Umzug gemäß § 22 Abs 4 SGB 2 erteilt und war die Doppelmiete insofern nicht vermeidbar, als der Alleinerziehenden mit zwei minderjährigen Kindern nicht vorgeworfen werden kann, dass sie den Mietvertrag für die bisherige Wohnung nicht gekündigt hat bevor der Mietvertrag für die neue Unterkunft unterzeichnet werden konnte, so ist die Doppelmiete gemäß § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 zu übernehmen.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 24.10.2016 geändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 22.08.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2014 verurteilt, den Klägern einen Betrag i.H.v. 536,50 EUR zum Ausgleich der Doppelmiete für den Monat Juli 2014 zu bewilligen.
Der Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Kläger in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Kläger gegen den Beklagten einen Anspruch auf Übernahme der doppelten Mietkosten für einen Monat haben, die im Zusammenhang mit der Anmietung einer neuen Wohnung entstanden sind.
Die 1974 geborene Klägerin zu 1) ist türkische Staatsangehörige mit einer Aufenthaltserlaubnis für die Bundesrepublik Deutschland gem. § 31 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz. Die 2000 geborene Klägerin zu 2) und der 2002 geborene Kläger zu 3) sind ihre Kinder, für die ihr das alleinige Sorgerecht zusteht. Die Kläger bezogen als Bedarfsgemeinschaft fortlaufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unter Anrechnung des Einkommens der Klägerin zu 1) aus Erwerbstätigkeit. Sie bewohnten eine 3-Zimmer-Mietwohnung mit 53,68 qm Wohnfläche in der L. Str. 00 in C. Die monatliche Gesamtmiete betrug 536,50 EUR. Mit Attest vom 20.05.2011 bescheinigte der Facharzt für Innere Medizin Dr. T. der Klägerin zu 1) die Notwendigkeit einer größeren Wohnung für sich und ihre Kinder aus gesundheitlichen Gründen. Unter dem 17.09.2013 bot das Amt für Soziales und Wohnen der Stadt C. der Klägerin zu 1) die Anmietung einer 4-Zimmer-Wohnung mit 81,57 Quadratmeter Wohnfläche in dem Mehrfamilienhaus M.weg 00 in C. an. Die Wohnung sollte zum 01.12.2013 frei werden. Das Mietangebot legte die Klägerin vertreten durch das Diakonische Werk C./Diakonie U. (im Folgenden: Diakonie) bei dem Beklagten vor und bat um Prüfung, ob die Wohnung angemietet werden könne. Mit Schreiben vom 24.09.2013 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass einer Anmietung der Wohnung ab 01.12.2013 zugestimmt werde, und bat um Vorlage des neuen Mietvertrages. Daraufhin teilte die Diakonie dem Beklagten mit, die neue Wohnung müsse erst noch renoviert werden, deshalb werde sich der Umzug um mehrere Monate verzögern. Die neue Vermieterin werde der Klägerin zu 1) Bescheid sagen, wenn sie die alte Wohnung kündigen solle. Sie - die Diakonie - werde den Beklagten auf dem Laufenden halten.
Am 24.04.2014 unterschrieb die Klägerin zu 1) den Mietvertrag über die Anmietung der neuen Wohnung ab dem 01.07.2014. Ausweislich des Mietvertrages betrug die monatliche Miete ab 01.07.2014 594,20 EUR. Mit Schreiben vom 29.04.2014 kündigte sie das bisherige Mietverhältnis gegenüber dem Vermieter. Die Seiten 1 und 7 des neuen Mietvertrages und eine Fotokopie des Kündigungsschreibens reichte sie bei dem Beklagten am 15.05.2014 ein. Dabei beantragte sie auch die Übernahme der doppelten Mietzahlung für Juli 2014.
Mit Änderungsbescheid vom 11.07.2014 berücksichtigte der Beklagte bei den Klägern ab dem 01.07.2014 die neue Gesamtmiete in Höhe von 594,20 EUR als angemessene Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung. Für Juli 2014 bewilligte der Beklagte den Klägern nach Anrechnung von Einkommen Leistungen in Höhe von 768, 60 EUR (RL 240,66 EUR; KdU 528,56 EUR).
Am 19.07.2014 erfolgte der Umzug in die neue Wohnung, zwei Tage später meldeten sich die Kläger beim Meldeamt der Stadt C. um. Die Auszugsrenovierung der bisherigen Wohnung erfolgte am 31.07.2014.
Mit Bescheid vom 22.08.2014 lehnte der Beklagte die Übernahme der Miete für die alte Wohnung für den Monat Juli 2014 ab. Doppelmieten könnten nur in Ausnahmefällen übernommen werden, wenn die Aufwendungen unvermeidbar seien. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt. Die Klägerin zu 1) habe bereits am 24.09.2013 eine Zusicherung für die neue Wohnung erhalten. Sie sei zu Verhandlungen mit den jeweiligen Vermi...