Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhausvergütung. Aufrechnung mit einem Erstattungsanspruch der Krankenkasse gegen Vergütungsansprüche des Krankenhauses. Aufrechnungsverbot im Landesvertrag nach § 112 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB 5. kein Verstoß gegen höherrangiges Recht
Orientierungssatz
Das im nordrhein-westfälischen "Vertrag nach § 112 Abs 2 Nr 1 SGB V - Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung" vereinbarte Aufrechnungsverbot (§ 15 Abs 4) verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 34.608,58 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Anspruch auf Krankenhausvergütung. Umstritten ist hierbei, ob die Beklagte mit einem Erstattungsanspruch in Höhe von 34.608,58 Euro gegen Vergütungsansprüche der Klägerin aufrechnen durfte.
Der 1948 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte N (nachfolgend: Versicherter) wurde im Zeitraum vom 24. Januar 2015 bis zum 13. März 2015 in dem von der Klägerin getragenen und nach § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) zugelassenen Klinikum E vollstationär behandelt. Der bei Notfallaufnahme 66 Jahre alte Versicherte litt an einer Subarachnoidalblutung, von der Aorta communicans anterior ausgehend. Im Verlauf des Krankenhausaufenthalts wurden u.a. Computertomographieuntersuchungen des Schädels (mehrfach) und des Abdomens durchgeführt, zudem wurde mehrfach eine Schädeleröffnung durch Kraniotomie durchgeführt. Der Versicherte wurde beatmet. Nach Beendigung des Krankenhausaufenthalts wurde der Versicherte in eine Rehabilitationseinrichtung entlassen.
Für die stationäre Behandlung berechnete die Klägerin unter Zugrundelegung der DRG A09A (Beatmung ≫ 499 Stunden oder ≪ 249 Stunden mit int. Komplexbehandlung ≫ 2352/1932/2208 P., mit hochkomplexem Eingriff oder kompl. OR-Proz. und Alter ≪ 16 Jahre, mit int. Komplexbehandlung. ≫ 1764/1932/- P. oder mit sehr kompl. Eingr. und int. Komplexbeh. ≫ -/2208/- P.) einen Gesamtbetrag von 110.433,46. Hierbei brachte sie auch das Zusatzentgelt ZE 2015-97 (Behandlung von Blutern mit Blutgerinnungsfaktoren) in Höhe von 484,63 Euro in Ansatz.
Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Überprüfung des Behandlungsfalles, was sie der Klägerin mit Schreiben vom 1. April 2015 mitteilte. In dem Schreiben teilt die Beklagte mit, dass sich die Prüfung "anhand der bisherigen Erkenntnisse auf folgende Fragen" beziehe:
-Vollprüfung der Abrechnung incl. Beatmungsstunden
-Fragen zur Voraussetzung bestimmter Maßnahmen: ZE 2015-98
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8-98F.50 |
Aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur): 2209 bis 2760 Aufwandspunkte: 2209 bis 2484 Aufwandspunkte |
Die Voraussetzungen des Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS) 9-200.7 (Hochaufwändige Pflege von Erwachsenen: 159 bis 187 Aufwandspunkte; Berechnung nach dem Pflegekomplexmaßnahmenscore [PKMS]) sowie des OPS 8-981.0 (Neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls: Mindestens 24 bis höchstens 72 Stunden) seien zweifelhaft. Anschließend beglich die Beklagte die Rechnung im April 2015.
Frau A, MDK Westfalen-Lippe, gelangte in ihrem Gutachten vom 21. Mai 2015 zu dem Ergebnis, dass die erlösrelevante Nebendiagnose R58 (Blutung, anderenorts nicht klassifiziert) in J95.0 (Funktionsstörung eines Tracheostomas) zu ändern sei. Zu streichen seien die nicht erlösrelevanten Nebendiagnosen K55.0 (Akute Gefäßkrankheiten des Darmes; es fehle an einer Beeinflussung des Patientenmanagements), J15.2 (Pneumonie durch Staphylokokken; anhand Dokumentation nicht nachvollziehbar), D68.26 (Hereditärer Faktor-XIII-Mangel; anhand Unterlagen nicht ersichtlich), D69.59 (Sekundäre Thrombozytopenie, nicht näher bezeichnet; Kriterien nach DKR D003 nicht erfüllt), D69.1 (Qualitative Thrombozytendefekte; Kriterien nach DKR D003 nicht erfüllt), J15.4 (Pneumonie durch sonstige Streptokokken), I50.14 (Linksherzinsuffizienz: Mit Beschwerden in Ruhe; anhand Dokumentation nicht nachvollziehbar), T83.5 (Infektion und entzündliche Reaktion durch Prothese, Implantat oder Transplantat im Harntrakt; anhand Dokumentation nicht ersichtlich); R63.3 (Ernährungsprobleme und unsachgemäße Ernährung; anhand Dokumentation nicht nachvollziehbar, kein Aufwand ersichtlich).
Die Prozedur OPS 8-800.c2 (Transfusion von Vollblut, Eryhthrozytenkonzentrat und Thrombozytenkonzentrat: Erythrozytenkonzentrat: 11 TE bis unter 16 TE) sei zu ändern in 8-800.c1 (Transfusion von Vollblut, Eryhthrozytenkonzentrat und Thrombozytenkonzentrat: Erythrozytenkonzentrat: 6 TE bis unter 11 TE). Hinsichtlich der Prozedur OPS 8-98f.50 (Aufwendige intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur): 2209 bis 2760 Aufwandspunkte: 2209 bis 2484 Aufwandspunkte) wird das die Nichterfüllung der Voraussetz...