Entscheidungsstichwort (Thema)

Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs wegen Entlassungsentschädigung. ordentliche Unkündbarkeit. Nichteinhaltung der fiktiven Kündigungsfrist. tarifliche Zulässigkeit der Kündigung bei Betriebsänderung ohne Sozialplan

 

Orientierungssatz

§ 143a Abs 1 S 4 SGB 3 findet keine Anwendung, wenn der ordentlich unkündbare Arbeitnehmer bei einer Betriebsänderung iS von § 111 BetrVG nach den tariflichen Vorschriften auch ohne Sozialplan und Zahlung einer Abfindung unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist gekündigt werden kann.

 

Tatbestand

Streitig ist der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld bereits ab 01.01.2003, insbesondere ist streitig, ob dieser Anspruch wegen des Erhalts einer Abfindung ruht.

Der ... 1947 geborene Kläger war vom 21.08.1978 bis 30.04.2003 bei der Firma S und B als Kranfahrer beschäftigt. Auf sein Beschäftigungsverhältnis fand der Manteltarifvertrag für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen (MTV) Anwendung. Die Kündigungsfrist des Arbeitgebers betrug danach nach einer Betriebszugehörigkeit von 20 Jahren 7 Monate zum Ende eines Kalendermonats (§ 20 Nr. 3 MTV). Außerdem galt folgender besonderer Kündigungsschutz (§ 20 Nr. 4 MTV):

"Beschäftigten, die das 55. Lebensjahr, aber noch nicht das 65. Lebensjahr vollendet haben und dem Betrieb/Unternehmen 10 Jahre angehören, kann nur noch aus wichtigem Grund gekündigt werden.

Dies gilt auch bei Änderungskündigungen im Einzelfall zum Zwecke der Entgeltminderung; nicht jedoch

- bei allen sonstigen Änderungskündigungen oder

- bei Betriebsänderungen, wenn ein anderer zumutbarer Arbeitsplatz nicht vorhanden ist, oder

- bei Zustimmung der Tarifvertragsparteien."

Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete durch Kündigung des Arbeitgebers vom 18.09.2002 unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 7 Monaten zum 30.04.2003.

Grundlage der betriebsbedingten Kündigung waren der Interessenausgleich und der Sozialplan vom 16.08.2002.

In dem Interessenausgleich vom 16.08.2002 ist u. a. folgendes geregelt:

"Präambel

S + B hat im Rahmen einer umfangreichen Analyse der betrieblichen Abläufe unter Beteiligung der Unternehmensberatung R B in zahlreichen Bereichen Potential erkannt, um die Personaleffizienz zu optimieren. Dieses Potential muss genutzt werden, um die Wettbewerbsfähigkeit von S + B vor dem Hintergrund rückläufiger Absatzzahlen zu erhalten und um die Beschäftigung der verbleibenden Mitarbeiter zu sichern. Die beabsichtigten Maßnahmen wurden mit dem Betriebsrat diskutiert. Daneben beabsichtigt S und B die Abteilung P an die V P GmbH, H, zu veräußern. Diese Maßnahme ist Gegenstand gesonderter Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen zwischen den Betriebspartnern und wird nicht von den Regelungen dieses Interessenausgleichs und des zeitgleich abgeschlossenen Sozialplanes erfasst.

Es wurde ein Einvernehmen wie folgt erzielt:

§ 1

Gegenstand

1. Aufgrund der Auswertung der Analyse zur Steigerung der Personaleffizienz besteht in nahezu allen Betriebsabteilungen die Notwendigkeit zur Reduzierung von Personal.

Dies sind:

- Werkstatt (Schlosserei, E-Werkstatt, Mechanik)

- Versand/Lager/Lohnbereich (Exportlager, Werkzeugstahl, RF Walz, RF Rohre, Qualitätsstahl, Rohre schwarz, Bleche schwarz, RHL B, Kundenlager B, II a B)

- Blankstahl/Lohnbereich (Stabzug, Ringzug, Schälerei, Schleiferei, Glüherei, Kurzlängenfertigung, Anfas-center , Warmwalzwerk, Matrizen, Rohlager, Kontrolle)

- Verwaltung/Allgemeinbereich/Lohnbereich (Hofkolonne, Fuhrpark)

- Versand/Lager/Gehaltsbereich (Exportversand, Versand, Verwaltung, Versand, Betrieb).

- Verkauf/Gehaltsbereich (B Produktion, B Verkauf, Verkauf Export, Verkauf Werkzeugstahl, Kartei Rostfrei, Verkauf Qualitätsstahl, Verkauf Bleche. Verkauf Profile, Verkauf RF Rohre, Niederlassung D)

- Verwaltung/Allgemeinbereich/Gehaltsbereich (IT/DV, Post, Rechnungswesen, Kreditabteilung, Debitoren, Kostenrechnung, Magazin, Baubüro, Werkstoffabteilung, Fahrbereitschaft, Sanitäter).

2. Insgesamt müssen vorbehaltlich § 1 Nr. 3 gegenüber 210 Mitarbeitern betriebsbedingte Beendigungskündigungen ausgesprochen werden. Die betroffenen Mitarbeiter sind in der Anlage 1 zu diesem Interessenausgleich mit den zugehörigen Sozialdaten aufgeführt. Die Liste ist Bestandteil dieser Vereinbarung.

3. Im Bereich Versand/Disposition erhalten die 10 in der Anlage 2 zu diesem Interessenausgleich namentlich aufgeführten Mitarbeiter das Angebot, einen Arbeitsvertrag mit der B. H Stahlspedition oHG zu unveränderten Vertragsbedingungen abzuschließen. Die als Anlage 2 beigefügte Liste ist Bestandteil dieser Vereinbarung. Sollten die in der Anlage 2 aufgeführten Mitarbeiter das Vertragsangebot nicht annehmen, ist S + B berechtigt, diesen Mitarbeitern betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen, wobei die Gesamtzahl von 210 nicht überschritten werden darf."

In dem Sozialplan vom 16.08.2002 - auf den im Übrigen konkret Bezug genommen wird (Bl. 32 ff der Leistungsakte der Beklagten) - in dem es in der Präambel heißt, dass er vereinbart ...

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