Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungsfreiheit der Beschäftigung des Rechtsreferendars während des juristischen Vorbereitungsdienstes in der Ausbildungsstation bei einem Rechtsanwalt
Orientierungssatz
1. Nach § 26 Abs. 2 SGB 4 sind zu Unrecht entrichtete Beiträge grundsätzlich zu erstatten. Für die Bearbeitung des Antrags auf Beitragserstattung ist regelmäßig die Einzugsstelle zuständig.
2. Rechtsreferendare sind für die Dauer des juristischen Vorbereitungsdienstes grundsätzlich nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB 6 in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei.
3. Lediglich dann, wenn die Beschäftigung des Rechtsreferendars in der Ausbildungsstation bei einem Rechtsanwalt in zwei voneinander unabhängige Teile getrennt werden kann, nämlich in ein reines Ausbildungsverhältnis einerseits und in ein von Ausbildungszwecken freies Beschäftigungsverhältnis andererseits, kann die zusätzliche Vergütung einem neben der Ausbildung bestehenden Beschäftigungsverhältnis zugeordnet werden und zur Versicherungspflicht führen (BSG Urteil vom 31. 3. 2015, B 12 R 1/13 R).
4. Die Anwesenheit eines Rechtsreferendars an drei Tagen in der Woche während der Rechtsanwaltsstation ist nicht außergewöhnlich. Dass dafür der Rechtsreferendar von dem Rechtsanwalt eine monatliche Vergütung von 975.- €. erhält, führt allein nicht dazu, dass aus dem Ausbildungsvertrag im Rahmen des Referendariats ein davon unabhängiger Arbeitsvertrag wird. Damit bleibt der Rechtsreferendar in der Rentenversicherung versicherungsfrei.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 08.08.2016 insoweit abgeändert, als dass die Beklagte dem Kläger 911,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von 4 vom Hundert von 820,- ab dem 01.09.2015 und von 92,- Euro ab dem 01.10.2015 zu erstatten hat. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung des Arbeitnehmeranteils der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 911,60 Euro, den die Beigeladene zu 2) während des juristischen Vorbereitungsdienstes für ihn abgeführt hat.
Der 1984 geborene und bei der Beklagten im streitgegenständlichen Zeitraum gesetzlich krankenversicherte Kläger absolvierte seinen juristischen Vorbereitungsdienst im Rahmen eines öffentlichen Ausbildungsverhältnisses nach § 6 Abs. 1 des Gesetzes über die juristischen Prüfungen und den juristischen Vorbereitungsdienst ((JAG NRW) in der Fassung vom 27.2.2014 bis 30.6.2016) beim Landgericht Münster. Mit Schreiben vom 12.11.2014 wies der Präsident des Landgerichts Münster den Kläger für die Zeit vom 1.12.2014 bis 30.9.2015 zur Ausbildung bei einem Rechtsanwalt gem. § 35 Abs. 2 Nr. 4 JAG NRW Herrn Rechtsanwalt Dr. S, einem Partner der Beigeladenen zu 2), zu. Der Kläger und die Beigeladene zu 2) schlossen am 14.10.2014 einen "Ausbildungsvertrag für Rechtsreferendare" (fortan: Vertrag), auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Nach § 3 des Vertrags erhielt der Kläger neben der durch das Land gewährten Unterhaltsbeihilfe eine monatliche Vergütung von 975,- Euro brutto monatlich, die jeweils zum 20igsten des laufenden Monats gezahlt wurde. Die Beigeladene zu 2) entrichtete für den Kläger an die Beklagte den Arbeitnehmeranteil zur Rentenversicherung für die Zeit vom 1.12.2014 bis 30.9.2015 (insgesamt: 911,60 Euro), den die Beklagte an die Beigeladene zu 1) weiterleitete.
Der Kläger beantragte am 10.7.2015 bei der Beklagten die Erstattung des seiner Ansicht nach zu Unrecht entrichteten Arbeitnehmeranteils.
Die Beigeladene zu 2) gab auf Nachfrage der Beklagten an, den Kläger ausschließlich zu Ausbildungszwecken und nicht im Rahmen einer von der Ausbildung abtrennbaren Zweitbeschäftigung zu beschäftigen.
Mit Bescheid vom 25.8.2015 lehnte die Beklagte die Erstattung ab. Zur Begründung führte sie aus, dass Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung nur bei einem einheitlichen Beschäftigungsverhältnis bestehe. Da die von der Beigeladenen zu 2) gezahlte Vergütung ohne zwingenden Rechtsgrund erfolge, sei von einer Zweitbeschäftigung auszugehen, bei der das Landesamt für Besoldung und Versorgung weiterhin Beitragsschuldner für das zusätzlich durch die Beigeladene zu 2) gezahlte Entgelt bleibe. Eine Gewährleistungserstreckungsentscheidung, wonach sich die Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft bei verminderter Erwerbsfähigkeit im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung auch auf die Zweitbeschäftigung mit der Folge erstrecke, dass diese rentenversicherungsfrei sei, liege nach ihrem Kenntnisstand nicht vor.
Mit seinem Widerspruch wies der Kläger unter Bezugnahme auf das Urteil des SG Berlin vom 7.7.2015 (S 76 KR 1743/13) und die Entscheidungen des BSG vom 31.5.1978 (12 RK 25/77 und 12 RK 49/76) darauf hin, mit der Beigeladenen zu 2) keinen "Arbeitsvertrag" abgeschlossen zu haben. Er habe auch keine freien Tätigkeiten für diese ausgeübt, sondern ausschließlich Arbeiten erb...