Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzgeldanspruch. Arbeitsentgelt. zusätzliches Urlaubsgeld. Zuordnung zum Insolvenzgeldzeitraum. Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes durch Sanierungstarifvertrag

 

Orientierungssatz

Ein vor Antritt des Haupturlaubs auszuzahlendes zusätzliches Urlaubsgeld, das außerhalb des Insolvenzgeldzeitraumes zu einem Stichtag auszuzahlen ist, kann nicht dem Insolvenzgeldzeitraum zugeordnet werden. Daran ändert auch eine nachträglich durch Sanierungstarifvertrag vereinbarte Verschiebung des Auszahlungszeitpunktes nichts, da dadurch lediglich der Fälligkeitszeitpunkt und nicht der Entstehungszeitpunkt verschoben wurde.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 25.04.2016; Aktenzeichen B 11 AL 94/15 B)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 05.03.2013 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt höheres Insolvenzgeld (Insg) unter Einbeziehung eines vollen, hilfsweise eines anteiligen Urlaubsgeldes.

Der 1967 geborene Kläger war bei der C GmbH & Co. KG, Bad T, beschäftigt. Nach § 3 des Arbeitsvertrages richteten sich die Arbeitsbedingungen nach den für den Arbeitgeber maßgeblichen tariflichen Bestimmungen der Nord-Westdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie, sofern und solange das Unternehmen gemäß § 3 TVG hieran unmittelbar gebunden war, sowie nach den vorhandenen Betriebsvereinbarungen und Arbeitsordnungen.

In dem zwischen dem Verband der Nord-Westdeutschen Textilindustrie e.V., Münster, und der IG Metall, Bezirksleitung, Düsseldorf am 06.06.1986 geschlossenen Urlaubsabkommen, heißt es u.a.:

§ 2 Höhe des Urlaubsgeldes

Das Urlaubsgeld bei vollem tariflichen Urlaubsanspruch ergibt sich aus der Anlage zu diesem Urlaubsabkommen. Bei anteiligem tariflichem Urlaubanspruch wird das Urlaubsgeld entsprechend der Anzahl der Urlaubstage gezahlt. Bei Urlaubsteilung ist jeweils das anteilige Urlaubsgeld zu zahlen.

§ 3 Verwirkung und Rückzahlung

Der Anspruch auf Urlaubsgeld erlischt mit dem Urlaubsanspruch. Soweit ein Anspruch auf Urlaub nicht oder nicht mehr besteht, entfällt jeder Anspruch auf Urlaubsgeld. Soweit Urlaub gewährt ist, mindert sich bei Entlassung aus einem Grunde, der eine fristlose Kündigung rechtfertigt, das Urlaubsgeld für jeden Kalendermonat, in dem das Arbeitsverhältnis nicht voll bestanden hat, um 1/12 des vollen tariflichen Urlaubsgeldes. Bereits gezahltes Urlaubsgeld ist insoweit zurückzuzahlen. Bei Ausscheiden unter Vertragsbruch ist bereits gewährtes Urlaubsgeld voll zurückzuerstatten.

Die Protokollnotiz zu dem Urlaubsgeldabkommen Arbeiter/Angestellte einschließlich Auszubildende besagt Folgendes: Das zusätzliche Urlaubsgeld ist vor Antritt des Haupturlaubs voll auszuzahlen. Es ist bei Anspruch eines ausscheidenden Arbeiters/Angestellten nur auf Teilurlaub insoweit zurückzuzahlen, als Urlaub nicht gewährt ist oder Abgeltung nicht verlangt werden kann. Die Rückzahlungspflicht entfällt, wenn der Arbeitgeber fristgemäß gekündigt hat (16.06.1969).

Dieser Tarifvertrag wurde am 16.03.1998 von der ehemaligen Gewerkschaft Textil-Bekleidung auf die IG Metall übergeleitet. Nach einer telefonischen Auskunft der IG Metall Bezirksleitung NRW vom 19.04.2010 handelt es sich, wenn im Urlaubsgeldabkommen von Urlaubsgeld und zusätzlichem Urlaubsgeld gesprochen werde, um dieselbe Leistung. Eine Rückzahlung des Urlaubsgeldes habe nur zu erfolgen, wenn eine fristlose Kündigung erfolgt sei. Bei einem Vergleich, eigener Kündigung des Arbeitnehmers bzw. betriebsbedingter Kündigung habe keine Rückzahlung zu erfolgen. Die Zahlung des Urlaubsgeldes habe gemäß der Protokollnotiz zu erfolgen (könne aber auch per Betriebsvereinbarung geregelt werden). Nach der Protokollnotiz habe die Zahlung des Urlaubsgeldes vor dem Haupturlaub zu erfolgen. Die Protokollnotiz sei eingefügt worden, damit die Unternehmen das Urlaubsgeld nicht gemäß § 2 Nr. 3 des Abkommens anteilig zum Zeitpunkt des genommenen Urlaubs auszahlen müssten. Dies wäre ein wesentlich größerer Aufwand für die Unternehmen.

Nach Mitteilung der Arbeitgeberin ist das Urlaubsgeld jeweils im Juli des Jahres ausgezahlt worden. Sofern ein Arbeitnehmer vor dem Juli-Stichtag aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei, habe er anteiliges Urlaubsgeld erhalten. Arbeitnehmer, die nach Juli ausgeschieden seien, hätten das volle Urlaubsgeld erhalten. Sie hätten dieses nur zurückzahlen müssen, wenn sie fristlos entlassen worden seien. Bei der gängigen Auszahlungspraxis habe es sich vermutlich um eine betriebliche Übung gehandelt.

Infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten der Arbeitgeberin wurde zwischen ihr und dem Verband der Nord-Westdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie e.V., Münster, und der IG Metall, Bezirksleitung Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, am 13.05.2009 ein Sanierungstarifvertrag zur Standort- und Beschäftigungssicherung abgeschlossen. In dem Tarifvertrag heißt es u. a.:

§ 3 Beitrag der Beschäftigten

Der Anspruch der Beschäfti...

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