Verfahrensgang
SG Mainz (Urteil vom 24.03.1999; Aktenzeichen S 1 Ka 335/98) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 24.3.1999 wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat auch die außergerichtlichen Kosten des Beklagten im Berufungsverfahren zu erstatten. Ansonsten sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Disziplinarmaßnahme.
Der Kläger ist seit 1992 als Chirurg zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen und betreibt in … die „Chirurgische Clinic am …”, in der er überwiegend ambulante Operationen durchführt. Im September 1997 wandte sich der Verband der Angestellten-Krankenkassen (VdAK) an die Beklagte und teilte mit, ein Versicherter einer Ersatzkasse habe einen Antrag auf Übernahme besonderer Sachkosten bei ambulanten Operationen vorgelegt. Dieser Antrag ist ein vorgedrucktes Formular, welches der Kläger dem Versicherten übergeben hat. In diesem vom Kläger angefertigten Vordruck heißt es:
„Bei der Durchführung der geplanten ambulanten Operation [Freifeld zur Bezeichnung der Operation] entstehen neben den im Rahmen der Sprechstundenbedarfsregelung erstatteten Medikamenten und Basiskosten zusätzliche Sach-/Personalkosten, die im Rahmen der normalen Vertragsarzttätigkeit nicht ausgeglichen werden. In diesem Falle muss der Patient/die Patientin wissen, ob die Kosten vom Kostenträger übernommen werden oder von ihm/ihr selbst getragen werden müssen. Erst in Kenntnis dieser Lage kann sich der Patient/die Patientin frei für die ambulante Operation in der Tagesklinik oder eine Alternative (anderer Leistungserbringer, ambulante/stationäre Behandlung im Krankenhaus) entscheiden.
Im Fall von Unklarheiten bitten wir um telefonische Rücksprache.
Die zusätzlichen Kosten ergeben sich aus:
Sterile Einmalabdeckung, Wäschekosten, Kosten für Sterilisation, Energiekosten für OP-Bereich, Wartungskosten nach MedGV und dem Einsatz zusätzlichen OP- und Anästhesiepersonals. Eine Spezifizierung ist auf Anforderung möglich. Diese zusätzlichen Kosten betragen bei der geplanten Operation DM 324,– DM”.
Der Betrag von 324,– DM ist handschriftlich in dem. Antrag eingetragen. In einem weiteren Teil des Vordrucks befindet sich eine Rubrik, in der die Krankenkasse ihre Bereitschaft zur Übernahme der vorstehend genannten Kosten erklären kann, weiterhin sind verschiedene Rubriken für Erklärungen des Patienten und des Leistungserbringers vorgesehen.
Die Beklagte bat den Kläger mit Schreiben vom 4.2.1997 um Stellungnahme und teilte weiterhin mit, dass ein Arzt bei einem Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung, der eine gültige Versichertenkarte vorlege, sämtliche präventiven und kurativen Leistungen als vertragsärztliche Leistungen über die Kassenärztliche Vereinigung abzurechnen habe. Der Arzt könne nicht wählen, ob er den Patienten privat oder als gesetzlich Versicherten behandele. Der Patient der gesetzlichen Krankenversicherung habe vielmehr einen Anspruch auf alle notwendigen und zweckmäßigen Leistungen. Der einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) sei für die Kassenärztliche Vereinigung und ihre Mitglieder verbindlich. Bei ambulanter Durchführung von operativen Leistungen könnten nach Kapitel VI EBM für den damit verbundenen besonderen personellen und sachlichen Aufwand Zuschläge nach Nrn 80 bis 87, 188 oder 198 EBM berechnet werden. Anträge auf Übernahme dieser Kosten bei Krankenkassen oder Vereinbarungen mit Patienten über die Erstattung seien nicht zulässig. Wenn der Kläger den bei ambulanten Operationen entstehenden personellen und sachlichen Aufwand dennoch – beispielsweise aus der Unzufriddenheit über die Höhe der Vergütung heraus – zusätzlich privat liquidiere, verstoße er gegen seine vertragsärztlichen Pflichten. Dies könne disziplinarrechtlich geahndet werden. In einem weiteren Schreiben vom 12.3.1997 setzte die Beklagte dem Kläger eine Frist, auf Privatliquidationen von ambulanten operativen Leistungen bei Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zu verzichten.
Der Kläger vertrat demgegenüber in mehreren Schreiben die Auffassung, dass die Vergütung für ambulante Operationen nach dem EBM nicht kostendeckend sei und dass ambulante Operationen nicht zum Sicherstellungsauftrag gehörten, so dass er zur Erhebung von Zuschlägen bei den Versicherten berechtigt sei.
Im April 1997 legte der VdAK der Beklagten einen weiteren Vordruck des Klägers vor, in dem wiederum einem Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zusätzliche Kosten in Höhe von 255,– DM in Rechnung gestellt wurden.
In seiner Sitzung am 16.4.1997 beschloss der Vorstand der Beklagten, ein Disziplinarverfahren gegen den Kläger einzuleiten.
Nach Anhörung des Klägers wurde mit Beschluss des Disziplinarausschusses der Beklagten vom 1.4.1998 dem Kläger wegen Nichtbeachtung seiner vertragsärztlichen Pflicht...