Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahren nach § 7a SGB IV sowie Betriebsprüfungen nach §§ 28p und 28q SGB IV (BA)

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Umfang der Genehmigungswirkung einer im Rahmen des Berufungsverfahrens erteilten Vollmacht durch den Geschäftsführer der Komplementärin der GmbH & Co KG für den ohne Vertretungsmacht auftretenden Kommanditisten, wenn dieser im Widerspruchs- und Klageverfahren eine Vollmachtsurkunde vorgelegt hat, für die sich erst im Berufungsverfahren ergeben hat, dass die angeblich vom Geschäftsführer der Komplementärin stammende Unterschrift von dem Kommanditisten gefälscht wurde.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 23. Mai 2022 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Den Beigeladenen sind Kosten nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Beiträgen und Umlagen zur Sozialversicherung in Höhe von 13.492,72 €.

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, nach Sitzverlegung während des Berufungsverfahrens seit Juli 2023 mit Sitz in B. (Handelsregister des Amtsgerichts S., HRA 20775). Bei der Anmeldung zum Handelsregister wurde als Gegenstand der Gesellschaft der Erwerb und die Errichtung von Grundbesitz und Bauten, die Vermietung und sonstige Nutzung von Immobilien sowie die damit zusammenhängenden Dienstleistungen angegeben. Nach Ausscheiden eines zweiten Kommanditisten ist nur noch R. H. - nach seinen Angaben im Strafverfahren gelernter Elektriker - Kommanditist der Klägerin. Persönlich haftende Gesellschafterin ist die A. Vermögensverwaltung GmbH (im Folgenden: Komplementärin) mit Sitz in B. (Handelsregister des Amtsgerichts Ch., HRB 207783 B, vorausgehend Amtsgericht St., HRB 3902). Für die Komplementärin wurde am 12. Dezember 2014 das Ausscheiden von G. M. und R. H. als einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen. Ausweislich der Eintragung vom 21. Juni 2019 ist als Geschäftsführer nur noch J. P. mit der Befugnis, die Gesellschaft allein zu vertreten, bestellt, der im Berufungsverfahren Wohnsitze in K. und in B. angegeben hat (im Handelsregister ist als Wohnsitz nur B. angegeben).

R. H. tritt nach allgemeinzugänglichen Quellen als Investor für die Sanierung verfallener Immobilien für eine Vermietung auf. Exemplarisch wird auf die Sanierung eines Wohnungskomplexes in O. verwiesen (Artikel „Mieter ziehen in die O.“, Volksstimme vom 22. März 2021: Zitat „Bis zu 100 Arbeiter hätten täglich ihr Werk verrichtet.“). Im Übrigen betreibt er unter seinem Namen eine Immobilienverwaltung in St. Er ist in verschiedenen Stellungen als Gesellschafter oder Geschäftsführer für ein Geflecht von Gesellschaften tätig bzw. tätig gewesen, was sich auf Grund der Vielzahl der Änderungen in den betreffenden Handelsregistereintragungen nicht vollständig darstellen lässt. Die Gesellschaften sind teilweise fast namensgleich (z.B. „A.Vermögensverwaltung GmbH“ und „A. Vermögensverwaltungsgesellschaft mbh“).

Die rumänischen Staatsangehörigen L. D. (im Folgenden: Beigeladener zu 6.), P. D. (im Folgenden: Beigeladener zu 7.), F. G. (im Folgenden: Beigeladener zu 8.) und F. C. (im Folgenden: Beigeladener zu 9.) - die Beigeladenen zu 6. und zu 7. sind Brüder und jeweils Schwager des Beigeladenen zu 9. - bemühten sich zunächst in Rheinland-Pfalz und Hessen um Arbeit in Deutschland, kehrten dann aber nach R. vor dem Hintergrund zurück, dass ihnen die Stundenlöhne der verfügbaren Angebote von 3,00 € zu gering erschienen. Der deutschen Sprache mächtig war damals nur der Beigeladene zu 6. Im Zeitraum 2014/2015 wurden sie für das Wohnen in Immobilien in O. (Altmark) mit der Aussicht einer Tätigkeit mit einem Stundenlohn von circa 7,00 € bis 9,00 € angeworben. Die Beigeladenen zu 6., zu 7. und zu 9. wohnen seither nach dem Einwohnermelderegister in O.. Sie bezogen eine Wohnung in der B. 2 in O. (einem Mehrfamilienhaus direkt an der Eisenbahnstrecke), später wohl mit Nachzug von Familienangehörigen mehrere Wohnungen, in einer Immobilie der O. Grundstücksgesellschaft mbH & Co. KG, die bis Mai 2019 ebenfalls durch die Komplementärin der Klägerin vertreten wurde. Für den Beigeladenen zu 8. galt bis zu seiner Abmeldung aus dem Einwohnermelderegister nach R. dasselbe.

Nach ihrem Einzug in die vorgenannte Wohnung meldeten die Beigeladenen zu 6. bis 9. zum 1. Februar 2015 jeweils ein Gewerbe und ihren Wohnsitz in der B. 2 in O. an. Sie erteilten R. H. unter dem 13. Februar und 10. März 2015 Vollmachten, für sie insbesondere Erklärungen abzugeben und Sozialleistungen zu beantragen. Am 18. März 2015 wurden die Beigeladenen zu 6. bis 9. bei einer Baustellenkontrolle in O. angetroffen und gaben an, Rechnungen auch an fünf weitere Kommanditgesellschaften aus dem Firmengeflecht um R. H. - mit derselben Anschrift wie die Klägerin bis zu ihrer Sitzverlegung im Jahr 2023 - gestellt zu haben.

Nach den von ihnen sämtlich in demselben Layout erstellten Rechnungen...

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