Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Voraussetzungen für die Abrechnung der Gebührennummer 03212 des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (juris EBM-Ä). Kassenärztliche Vereinigung. sachlich-rechnerische Überprüfung und Richtigstellung der vertragsärztlichen Abrechnungen

 

Leitsatz (amtlich)

Die Abrechnung der GOP 03212 EBM-Ä 2008 im Zeitraum vom 1.1.2009 bis zum 30.9.2013 setzt in mindestens vier vor dem Abrechnungsquartal gelegenen Quartalen jeweils Arzt-Patienten-Kontakte voraus, wobei die Behandlung auch von verschiedenen Vertragsärzten ambulant durchgeführt worden oder aber stationär erfolgt sein kann.

 

Orientierungssatz

Eine Kassenärztliche Vereinigung ist unabhängig von einer Antragstellung von Amts wegen berechtigt und verpflichtet, die vertragsärztlichen Abrechnungen sachlich-rechnerisch zu überprüfen und nötigenfalls richtig zu stellen (vgl BSG vom 10.12.2008 - B 6 KA 37/07 R = BSGE 102, 134 = SozR 4-2500 § 295 Nr 2).

 

Normenkette

SGB V § 106a Abs. 2 S. 1, Abs. 4 S. 1, Abs. 5-6, §§ 295, 62; EKV-Ä § 34 Abs. 4; SGB X § 31

 

Tenor

Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Magdeburg vom 26. September 2012 und Aufhebung ihres Bescheides vom 12. Juli 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2010 sowie ihrer Bescheide vom 7. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 2013, vom 11. Januar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2013 und vom 25. April 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juli 2013 verpflichtet wird, das in den Quartalen I und II/2009 sowie I, II und III/2012 von den Vertragsärzten bei ihr für Versicherte der Klägerin angeforderte Honorar unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats auf die Erfüllung der Abrechnungsvoraussetzungen der GOP 03212 EBM-Ä 2008 zu überprüfen und die Klägerin über das Ergebnis neu zu bescheiden.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nicht zu erstatten sind.

Die Revision wird zugelassen.

Der Gegenstandswert wird auch für das Berufungsverfahren auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist bezogen auf die Quartale I und II/2009 sowie I, II und III/2012 die Verpflichtung der Beklagten zu einer gezielten sachlich-rechnerischen Abrechnungsprüfung der Gebührenordnungsposition (GOP) 03212 (sog. Chroniker-Zuschlag) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) 2008.

Unter dem 8. Februar 2010 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der im Quartal I/2009 von den Vertragsärzten abgerechneten GOP 03212 EBM-Ä 2008 und erläuterte, die Prüfung der ihr nach § 295 SGB V übermittelten Einzelfallnachweise habe ergeben, dass 1.358 Ärzte in 10.068 Behandlungsfällen den Chroniker-Zuschlag abgerechnet hätten, obwohl die Voraussetzungen hierfür nicht vorgelegen hätten. Insgesamt mache dies ein Abrechnungsvolumen von 4.983.660 Punkten aus. Geprüft worden sei die Frage, ob eine chronische Erkrankung gemäß § 2 der Richtlinie der Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) zur Umsetzung der Regelungen in § 62 SGB V für schwerwiegend chronisch Erkrankte (Chroniker-Richtlinie; auch abrufbar unter: https://www.g-ba.de/downloads/62-492-278/Chr-RL 2008-06-19.pdf) vorgelegen habe und diese wenigstens ein Jahr lang mindestens einmal pro Quartal ärztlich behandelt worden sei. Dem Antrag war auch eine Liste mit Versicherten der Klägerin beigefügt. Mit einem am 1. April 2010 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben stellte die Klägerin auch für das Quartal II/2009 einen entsprechenden Prüfantrag. In diesem Quartal hätten 1.380 Ärzte in 11.210 Fällen den Zuschlag mit einem Punktevolumen von 5.548.950 unzulässig abgerechnet. Bereits unter dem 5. März 2010 hatte die Klägerin bei der Beklagten für die besagten Quartale eine Überprüfung begehrt.

Mit Bescheid vom 12. Juli 2010 lehnte die Beklagte eine Überprüfung ab und führte zur Begründung aus: Die Regelung des § 2 Chroniker-Richtlinie sei für den Ansatz der GOP 03212 EBM-Ä 2008 so zu verstehen, dass sich die ärztliche Behandlung des Versicherten einmalig über vier Quartale habe erstrecken müssen. In der Folgezeit genüge für die Abrechnung des Zuschlags eine kontinuierliche Behandlung, die sich aber nicht mehr auf jedes Quartal beziehen müsse, solange die in § 2 Chroniker-Richtlinie genannten Voraussetzungen erfüllt seien. Aus den Anträgen der Klägerin ergebe sich nicht, dass die aufgeführten Ärzte diese Bedingungen nicht erfüllten.

Hiergegen erhob die Klägerin am 9. August 2010 Widerspruch und stellte dar, eine für die Abrechnung des Zuschlags erforderliche Dauerbehandlung im Sinne der Chroniker-Richtlinie liege entgegen der Ansicht der Beklagten nur vor, wenn der Versicherte mindestens ein Jahr und mindestens einmal pro Quartal behandelt worden sei. In den vorgelegten Fällen habe die Prüfung der patie...

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