Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Tätigkeit als Maurer für einen Hoch- und Tiefbaubetrieb. fehlende Eintragung in der Handwerksrolle. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Die fehlende Eintragung in die Handwerksrolle mit der Tätigkeit als Maurer steht nach der Handwerksordnung einer selbständigen Erbringung von Maurer- und Betonbauerarbeiten entgegen.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 16. Juni 2021 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Den Beigeladenen sind Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der Beigeladene zu 3. in der Zeit vom 31. August 2015 bis zum 16. Dezember 2016 bei der Klägerin abhängig beschäftigt war und die Beklagte deshalb zu Recht Sozialversicherungsbeiträge (Beiträge zur gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung und zur Arbeitsförderung) sowie Umlagen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz bzw. Aufwendungsausgleichsgesetz für Krankheits- und Mutterschaftsaufwendungen und für das Insolvenzgeld in Höhe von insgesamt 11.335,89 Euro von der Klägerin nachfordert.
Die Klägerin ist ausweislich des Auszuges aus dem Handelsregister beim Amtsgericht Stendal vom 18. Oktober 2016 mit dem Gegenstand „Betrieb eines Hochbau- und Tiefbaubetriebes im umfassendsten Sinne und aller damit im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten, insbesondere Planungsleistungen, Halten und Verwaltung von Immobilien und anderen Vermögen“ eingetragen (HRB 7492). Mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2016 teilte das Hauptzollamt (HZA) F. dem HZA M. mit, im Rahmen einer Prüfung gemäß §§ 2 ff. Schwarzarbeitsgesetz und § 16 Arbeitnehmerentsendegesetz seien am 30. September 2016 Personenbefragungen durchgeführt worden. In diesem Zusammenhang sei die selbstständig tätige Erwerbsperson - der am ... 1969 geborene Beigeladene zu 3. - bei der Ausübung von „Eisenverlegen“ angetroffen und zu seinem Beschäftigungsverhältnis befragt worden. Im Verlauf der bisher durchgeführten Prüfungsmaßnahmen habe der Beigeladene zu 3. angegeben, seit seiner Selbstständigkeit 2014 ausschließlich für die Klägerin tätig zu sein. Er fahre mit den Arbeitnehmern der Klägerin im Firmenfahrzeug zu den Bauvorhaben. Am Tag der Baustellenprüfung sei das Firmenfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ****310 auf der Baustelle gewesen. Der Beigeladene zu 3. habe weiterhin angegeben, dass er stets mit den Arbeitnehmern der Klägerin zusammenarbeite. Die Arbeitsanweisungen erhalte er von dem Geschäftsführer der Klägerin. Dieser sei Verantwortlicher der Klägerin. Material und Werkzeuge würden ihm von der Firma gestellt. Seine Arbeitszeit sei die gleiche wie bei den Arbeitnehmern der Klägerin. Wenn er - der Beigeladene zu 3. - erkranke, müsse er sich bei der Klägerin abmelden. Es erfolge eine Stundenlohnzahlung in Höhe von 19,00 Euro.
In einem Fragebogen zur Beurteilung der Sozialversicherungspflicht gab der Beigeladene zu 3. unter dem 15. April 2017 an, er habe seit dem 13. Februar 2014 ein Gewerbe (Kleinunternehmen) angemeldet. Er könne für mehrere Auftraggeber tätig werden, mache dies aber nicht. Er habe kein eigenes Kapital eingesetzt und/oder eine Sicherheitsleistung erbracht. Er unterhalte keine eigenen Geschäfts- bzw. Büroräume. Er beschäftige keine Arbeitnehmer bzw. Auszubildenden. Eine Betriebsnummer sei ihm vom Arbeitsamt nicht zugeteilt worden. Er habe die Möglichkeit, die Übernahme bestimmter Aufträge abzulehnen. Er gestaltet seine Preise frei und gebe Angebote ab. Er erbringe seine Leistungen ausschließlich im Namen und auf Rechnung des Auftraggebers. Zwischen dem Auftraggeber und ihm - dem Beigeladenen zu 3. - bestünden keine Vereinbarungen über eine Konventionalstrafe. Seine unternehmerischen Chancen und Risiken lägen darin, Einkommen zu haben und nicht arbeitslos zu sein. Er erhalte die Vergütung in Form von Stundenlohn. Er habe keinen Anspruch auf Gratifikationen oder sonstige Zuwendungen. Er habe auch keinen Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung bei Arbeitsunfähigkeit oder auf bezahlten Urlaub. Sein durchschnittlicher monatlicher Gewinn im Sinne des Einkommensteuerrechts aus seiner Tätigkeit betrage 1.400,00 Euro. Er führe keine Umsatzsteuer ab. Seine Arbeitsbedingungen seien nicht schriftlich festgelegt. Er habe keine regelmäßigen Arbeits- oder Anwesenheitszeiten einzuhalten. Abwesenheitszeiten seien mit dem Auftraggeber nicht im Voraus abzustimmen. Bei Arbeitsunfähigkeit und/oder Urlaub stelle er keine Ersatzkraft. Bei Arbeitsunfähigkeit gebe er nicht erledigte Aufträge an den Auftraggeber zurück. Bei plötzlicher Verhinderung (z.B. bei Arbeitsunfähigkeit) habe er den Auftraggeber zu informieren. Die Arbeiten führe er nicht in den Räumen des Auftraggebers aus. Er habe einen Anwesenheitsnachweis bzw. Arbeitszeitnachweis zu führen. Er dürfe seine Tätigkeit nur in einem durch den Auftraggeber zugewiesenen, räumlich abgegrenzte...