Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüfung. Beitragsnachforderung. Fremdgeschäftsführer einer Familiengesellschaft. generelles Ausscheiden einer selbstständigen Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Bei einem Fremdgeschäftsführer scheidet eine selbstständige Tätigkeit generell aus (stdge Rspr BSG, zuletzt vom 19.9.2019 - B 12 R 25/18 R = BSGE 129, 95-106 = SozR 4-2400 § 7 Nr 43 und vom 23.2.2021 - B 12 R 18/18 R).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. August 2019 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Den Beigeladenen sind Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist (noch) umstritten, ob der Beigeladene zu 1. für die Klägerin als Geschäftsführer im Rahmen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses tätig ist und die Klägerin deshalb verpflichtet ist, im Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2013 Beiträge zur Versicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung i.H.v. 44.053,68 € zu entrichten.
Die Klägerin betreibt eine Bau- und Möbeltischlerei sowie Innen-, Treppen- und Trockenausbauarbeiten in der Gesellschaftsform einer GmbH, die seit dem 22. Juni 1995 im Handelsregister eingetragen ist (HRB Nr. ... ). Mit dem zum 6. Januar 1995 geschlossenen Geschäftsführervertrag wurde der Beigeladene zu 1. zum Geschäftsführer der Klägerin, deren Gesellschafter er und sein Vater G.M. - beide Tischlermeister - mit zu diesem Zeitpunkt jeweils hälftigen Gesellschaftsanteilen à 25.000,00 DM waren, bestellt. Nach § 1 Abs. 1 S. 2 des Vertrages hat der Geschäftsführer Weisungen der Gesellschafterversammlung zu befolgen, soweit Vereinbarungen in diesem Vertrag nicht entgegenstehen. Der Geschäftsführer ist gemäß § 1 Abs. 3 von den Beschränkungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit. In § 7 Abs. 1 des Vertrages ist geregelt, dass der Geschäftsführer ein festes Jahresgehalt von 72.000,00 DM erhalte und dieses in monatlichen Teilbeträgen am jeweiligen Monatsletzten ausgezahlt werde. Darüber hinaus erhalte der Geschäftsführer eine Tantieme i.H.v. 5 % des Jahresüberschusses der Handelsbilanz vor Verrechnung mit Verlustvorträgen und vor Abzug der Körperschafts- und Gewerbesteuer (§ 7 Abs. 3 S. 1). Im Krankheitsfall oder bei sonstiger unverschuldeter Verhinderung bleibe der Gehaltsanspruch für die Dauer von sechs Monaten bestehen (§ 7 Abs. 4 S. 1). Im Falle des Versterbens des Geschäftsführers werde seinen Hinterbliebenen das feste Gehalt anteilmäßig für die Dauer von drei Monaten weitergezahlt (§ 7 Abs. 5 S. 1). Gemäß § 9 Abs. 1 des Vertrages habe der Geschäftsführer Anspruch auf 28 Arbeitstage bezahlten Urlaub im Geschäftsjahr. Könne der Geschäftsführer seinen Jahresurlaub nicht nehmen, weil Interessen der Gesellschaft entgegenstünden, habe er Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs unter Zugrundelegung der Höhe des Grundgehalts. Die Abgeltung werde mit dem ersten Gehalt des folgenden Geschäftsjahres gezahlt (§ 9 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2). Der Vertrag werde auf unbestimmte Zeit geschlossen und sei mit einer Frist von 13 Wochen zum Quartalsende kündbar (§ 10 Abs. 2). Die Abberufung als Geschäftsführer sei jederzeit (nur aus wichtigem Grund) zulässig (§ 10 Abs. 7 des Vertrages). Wegen der weiteren Einzelheiten des Geschäftsführervertrages wird auf Blatt 39 bis 44 der Verwaltungsakte Teil I der Beklagten Bezug genommen.
Am 22. Dezember 2003 übertrug zunächst G.M. aufgrund von vorweggenommener Erbfolge seinen Geschäftsanteil im Nennbetrag von 25.000 DM an den Beigeladenen zu 1., der wiederum im Rahmen des ebenfalls notariell beurkundeten Kauf- und Abtretungsvertrages seine Geschäftsanteile im Nennbetrag von insgesamt 50.000,00 DM an seine Ehefrau A.M. zum Kaufpreis von 1.000,00 € übertrug. In § 1 S. 2 der vorgenannten Verträge ist jeweils festgehalten, dass die Gesellschaft keinen Grundbesitz hat. Ausweislich des notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrages vom 9. März 2004 wurden von dem Stammkapital i.H.v. 26.000,00 € von A.M. zu 1. und zu 2. jeweils 13.000,00 € (§ 4 S. 1 und 2) übernommen. Das erste Geschäftsjahr habe am 31. Dezember 1995 geendet (§ 6). Die Beschlüsse der Gesellschaft seien mehrheitlich zu fassen (§ 9 S. 1), je 500,00 € Anteil ergäben eine Stimme (§ 9 S. 6). Diese letzte Änderung des Gesellschaftsvertrages wurde am 17. Mai 2004 gemäß § 54 Abs. 1 S. 2 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG)im Handelsregister - ebenfalls unter HRB Nr. ... - eingetragen. Wegen der Einzelheiten wird auf Blatt 29 bis 31 der Verwaltungsakte Teil I der Beklagten verwiesen.
Im Rahmen der vom 23. Juni 2014 bis zum 9. Februar 2015 durchgeführten Betriebsprüfung gab der Beigeladene zu 1. im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung seiner Geschäftsführertätigkeit unter dem 9. Dezember 2014 an, von September 1983 bis Dezember 1984 eine a...