Entscheidungsstichwort (Thema)
Kranken- und Pflegeversicherung. Nachforderung von Beiträgen aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung. Doppelversorgung nach Fehleinschätzung des Versicherungsstatus
Leitsatz (amtlich)
Machen die Betroffenen von den gesetzlich eröffneten Möglichkeiten, eine Doppelversorgung in der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung zu verhindern, keinen Gebrauch, so liegt das Risiko einer Fehleinschätzung des Versicherungsstatus bei ihnen (vgl LSG Halle vom 14.6.2012 - L 1 R 23/10 = juris RdNr 25).
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 31. Mai 2018 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 5. Juli 2018 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob für den Beigeladenen zu 2. für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2012 Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung nachzuzahlen sind.
Der Beigeladene zu 2., der im umstrittenen Zeitraum mit der einzelkaufmännischen Klägerin verheiratet war, war aufgrund des Anstellungsvertrages vom 1. März 2005 als kaufmännischer Mitarbeiter bei der Klägerin beschäftigt. Gemäß § 3 des Vertrages war für den Beigeladenen zu 2. ein monatlicher Bruttolohn in Höhe von 3.600,00 € vereinbart. Das Gehalt werde nach Abzug der gesetzlichen Abgaben zum Ende eines jeden Monats gezahlt. Die wöchentliche Arbeitszeit betrug gemäß § 2 des Anstellungsvertrages 43 Stunden. Ausweislich des Feststellungsbogens zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Angehörigen war der Beigeladene zu 2., der eine abgeschlossene Ausbildung zum Facharbeiter für Fertigungsmittel absolviert hatte, mit dem Erstellen von Angeboten, der Bearbeitung des Einkaufs und dem Verkauf von Materialien sowie der Beratung der Kundschaft beauftragt.
Am 16. August 2013 führte die Beklagte eine Betriebsprüfung nach § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - SGB IV) bei der Klägerin durch. Anschließend stellte die Beklagte mit den - bestandskräftig gewordenen - Bescheiden vom 24. Oktober 2013 sowohl an die Klägerin als auch an den Beigeladenen zu 2. fest, dass das Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen zu 2. bei der Klägerin von Beginn an versicherungspflichtig gewesen sei. Mit weiterem Bescheid vom 19. Dezember 2013 forderte die Beklagte von der Klägerin die Nachzahlung von insgesamt 20.686,28 € an Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2012. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, es sei weder nachvollziehbar noch verständlich, dass im Prüfzeitraum für den Beigeladenen zu 2. keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung entrichtet worden seien. Diese Behauptung sei unwahr und werde einer nochmaligen Überprüfung nicht standhalten. In dem streitgegenständlichen Zeitraum seien für den Beigeladenen zu 2. nachweislich Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung entrichtet worden. Die Klägerin fügte dem Widerspruch Unterlagen der Krankenversicherung 1 AG, der Krankenversicherung 2 AG sowie der Krankenversicherung 3 AG bei. Wegen der Einzelheiten dieser Unterlagen wird auf Blatt 79 bis 84 der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 2014 wies die Beklagte nach Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 6. Juni 2014 den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V) seien Arbeitnehmer, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt seien, versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung erstrecke sich auf alle Personen, die Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung seien. Dabei sei es unerheblich, ob die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung auf einer Pflichtversicherung oder auf einer freiwilligen Versicherung beruhe (§ 20 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung [SGB XI]). Von dem Grundsatz der Versicherungspflicht könne lediglich dann abgewichen werden, wenn einer der in § 6 SGB V (Versicherungsfreiheit) oder § 8 SGB V (Befreiung von der Versicherungspflicht) genannten Ausnahmetatbestände zutreffe. Nach § 6 Abs. 1 SGB V seien Arbeiter und Angestellte versicherungsfrei, wenn ihr regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 und 7 übersteige. Der Beigeladene zu 2. habe jedoch ein tatsächliches Arbeitsentgelt bezogen, welches deutlich unter der jeweiligen Jahresarbeitsentgeltgrenze gelegen habe. Daher habe bei dem Beigeladenen zu 2. im Prüfzeitraum keine Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 1 SGB V vorgelegen. Ein Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 8 SGB V sei nicht gestellt bzw. nicht vorgelegt worden. Andere Ausn...