Leitsatz
Irrt der Erbe über den Wert des Nachlasses, nicht über seine Überschuldung und schlägt die Erbschaft deshalb aus, kommt eine Anfechtung, z.B. wegen Irrtums, nicht mehr in Betracht, wenn sich das Erbe später als umfangreicher herausstellt.
Sachverhalt
Der Antragsteller hatte das Erbe seiner Mutter ausgeschlagen, weil er von einem geringfügigen Nachlass ausging. Hinzu kam, dass er sich nicht um die Nachlassregelung kümmern wollte. Dass seine Mutter größere Vermögenswerte besessen habe, konnte der Mann sich, trotz eines Hinweises der Polizei auf ein Giro-Konto, auf dem sich ein größerer Geldbetrag befände, nicht vorstellen. Zu Lebzeiten habe sie ihm gegenüber ständig über Geldmangel geklagt, erklärte er später dem Nachlasspfleger.
Der Erbe dachte daher, ein etwa vorhandener Nachlass würde wohl kaum ausreichen, um die Räumung und Renovierung ihrer Wohnung zu bezahlen. Deshalb habe er auch das Erbe offiziell ausgeschlagen und sei, statt sich um den Nachlass weiter selbst zu kümmern, in den Urlaub gefahren.
Schon nach den ersten Ermittlungen des Nachlasspflegers betrug der Nachlasswert aber mindestens 20000 EUR. Als der Sohn davon erfuhr, erklärte er die Anfechtung und berief sich auf einen Irrtum hinsichtlich der Überschuldung des Nachlasses.
Die vorläufige Nachlasswertaufstellung des Nachlasspflegers ergab letztendlich einen Wert von 129000 EUR. Zwar kann die Überschuldung eine verkehrswesentliche Eigenschaft i.S. des § 119 Abs. 2 BGB sein, sodass ein Irrtum hierüber zur Anfechtung berechtigen kann. Nach Ansicht des OLG ist eine Anfechtung aber nur möglich, wenn der Irrtum auf unrichtigen Vorstellungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Nachlasses, hinsichtlich des Bestands an Aktiva und Passiva beruhe. Ein Irrtum über den Umfang der Aktiva genüge nicht.
Weil dem Erben die etwaige Höhe seines erbrechtlichen Erwerbs zunächst gleichgültig war und er das Erbe deshalb ausgeschlagen hat, kann er diese Entscheidung nicht wieder wegen irrtümlich angenommener Überschuldung anfechten, denn zu einem relevanten Irrtum ist es gar nicht erst gekommen: Nachdem ihn die Polizei über den positiven Kontostand seiner verstorbenen Mutter in Kenntnis gesetzt hatte, hätte der Mann sich informieren müssen, um welche Größenordnung es sich handele, um sodann zu entscheiden, ob er die Erbschaft annehmen oder ausschlagen will. Dass er das für überflüssig oder zu beschwerlich hielt, kostete ihn das Erbe.
Link zur Entscheidung
OLG Düsseldorf, Beschluss v. 5.9.2008, I-3 Wx 123/08.