Leitsatz

  1. Nichtladung eines Eigentümers zur Wohnungseigentümerversammlung
  2. Grundsätzliche Beschlussgültigkeit trotz fehlender oder mit Mängeln behafteter Niederschrift
 

Normenkette

(§§ 23, 24 WEG)

 

Kommentar

1. Die Nichtladung eines Eigentümers zur Wohnungseigentümerversammlung führt i.d.R. nur zur Anfechtbarkeit der getroffenen Beschlüsse, es sei denn, die Ladung unterbleibt vorsätzlich oder der Einberufungsmangel ist für den Beschluss kausal; dann ist der Beschluss nichtig (teilweise hier a.A. Bärmann/Pick/Merle, 8. Auflage § 23 Rn. 152).

2. Die Gültigkeit der in einer Wohnungseigentümerversammlung gefassten Beschlüsse wird vom Fehlen oder von Mängeln einer Niederschrift i.d.R. nicht berührt, es sei denn, die Protokollierung wurde als Gültigkeitsvoraussetzung vereinbart (was vorliegend zu verneinen war).

 

Link zur Entscheidung

OLG Celle, Beschluss vom 19.06.2001, 4 W 152/01( OLG Celle, Beschluss v. 19.6.2001, 4 W 152/01, ZWE 3/3002, 132)

Anmerkung

Es dürfte derzeit h.R.M. entsprechen, dass zumindest eine versehentliche/unbeabsichtigte Nichtladung eines Eigentümers zur Versammlung nur zur Anfechtbarkeit getroffener Beschlüsse führen kann, die dann allerdings ohne Erfolg bleiben, wenn aus Sicht des Gerichts eindeutig feststeht, dass auch bei Vermeidung dieses Formfehlers ein gleiches Beschlussergebnis zu erwarten gewesen wäre. Nichtig sollen Beschlüsse allerdings aufgrund eines solchen Ladungsfehlers nicht sein.

Eingeschränkt wird diese Meinung durch den Hinweis des Senats, dass sogar von einer Beschlussnichtigkeit auszugehen wäre, wenn eine Ladung an einen bestimmten Eigentümer vorsätzlich nicht veranlasst worden sein sollte. Insoweit wäre auch m.E. mit Merle (im Kommentar Bärmann/Pick/Merle zu § 23 Rn. 152 am Ende) von einem Eingriff in den unantastbaren Kernbereich der Mitgliedschaft eines Eigentümers auszugehen (mit Beschlussnichtigkeitsfolge). Andernfalls ist nur von einem Einladungsformfehler und damit von einer Beschlussanfechtungsberechtigung auszugehen; nur im Falle des Beruhens eines solchen Formfehlers auf konkreten Beschlussfassungen (Wahrscheinlichkeit nach Überzeugung des Gerichts reicht insoweit aus) kann eine richterliche Entscheidung auch die Beschlussungültigkeit rechtfertigen (Kausalitätsprüfung); hier sollte allerdings – entgegen der Senatsäußerung – nicht von einer Nichtigkeit der Beschlussfassung gesprochen werden, sondern von erfolgreicher Beschlussanfechtung, da mangels einer form- und fristgemäßen Anfechtung auch solche Beschlüsse m.E. bestandskräftig werden dürften. Auch Merle geht demgegenüber bei Nichtladung offensichtlich generell von nichtiger Beschlussfassung aus. Der in ZWE 3/2002 auf Seite 133 oben links auszugsweise zitierte Satz aus den Gründen der Entscheidung "Zwar wird in der Literatur auch eine abweichende Ansicht vertreten (vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Auflage, § 23 Rn. 152), die jedoch zur Überzeugung des Senats zu nicht praktikablen Ergebnissen führt, da bei einer versehentlich unterbliebenen Ladung in jedem Fall der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung nichtig wäre" erscheint mir deshalb als nicht vertretbare Meinungsäußerung des Senats, die auch in gewissem Widerspruch zur vorausgehenden Begründung stehen dürfte.

Die vorsätzliche Nichtladung eines Eigentümers stellt sicher auch eine erhebliche Rechtsmissbräuchlichkeit der für die Einladung verantwortlichen Person dar, was m.E. auch zu Schadensersatzregressforderungen führen könnte.

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