Entscheidungsstichwort (Thema)
Beratungshilfe in Familiensachen
Leitsatz (amtlich)
Für den Bereich einer außergerichtlichen Beratung kann der Begriff der "Angelegenheit" hinsichtlich der Folgen von Trennung oder Scheidung gebührenrechtlich dahin bestimmt werden, dass grundsätzlich von vier typisierten Komplexen auszugehen ist. Diese sind die Scheidung als solche, die Angelegenheiten betreffend das persönliche Verhältnis zu den Kindern (Personensorge, Umgang), die Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Aufteilung von Ehewohnung und Hausrat sowie die finanziellen Auswirkungen von Trennung und Scheidung generell (Unterhaltsansprüche, Güterrecht und Vermögensauseinandersetzung) (Fortführung der bisherigen Senatsrechtsprechung, vgl. Beschluss v. 28.12.2010, Az.: 8 W 97/10, abgedr. in JurBüro 2011, 425; Anschluss an OLG München JurBüro 2015, 352; OLG Frankfurt NJW-RR 2014, 1351; OLG Schleswig FamRZ 2014, 241; OLG Stuttgart FamRZ 2013, 726; OLG Celle FamRZ 2011, 1894; OLG Nürnberg FamRZ 2011, 1687).
Normenkette
BeratHiG § 2 Abs. 2, 6
Verfahrensgang
LG Würzburg (Beschluss vom 01.03.2017; Aktenzeichen 3 T 197/17) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Würzburg vom 01.03.2017 - Az.: 3 T 197/17 - wird zurückgewiesen.
II. Das Verfahren der weiteren Beschwerde ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin wendet sich im Beratungshilfeverfahren gegen die mit Beschluss des Rechtspflegers des Amtsgerichts Würzburg vom 04.04.2016 - Az.: 252 UR II 297/15 - erfolgte Festsetzung der Vergütung ihrer Verfahrensbevollmächtigten auf "lediglich" 364,14 Euro und die zugleich festgesetzte Rückerstattung von 242,76 Euro (Bl. 50-53 d.A.).
Das Amtsgericht Würzburg hat die hiergegen erhobene Erinnerung der Antragstellerin mit Beschluss vom 02.01.2017 (Bl. 60-63 d.A.) als unbegründet zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Würzburg mit Beschluss vom 01.03.2017 - Az.: 3 T 197/17 - zurückgewiesen. Zugleich hat das Landgericht die weitere Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen (Bl. 73-76 d.A.).
Gegen die ihrer Verfahrensbevollmächtigten am 06.03.2017 zugestellte landgerichtliche Entscheidung hat die Antragstellerin mit Anwaltsschriftsatz vom 17.03.2017, bei dem Oberlandesgericht eingegangen am 20.03.2017, weitere Beschwerde eingelegt (Bl. 81-82 d.A.), der die Zivilkammer des Landgerichts mit weiterem Beschluss vom 10.04.2017 (Bl. 96-97 d.A.) nicht abgeholfen hat.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts, der gerichtlichen Entscheidungen und des Beschwerdevorbringens wird auf die genannten gerichtlichen Entscheidungen sowie auf die Beschwerdebegründung der Antragstellerin Bezug genommen.
II. Die weitere Beschwerde ist aufgrund ihrer Zulassung durch das Landgericht Würzburg statthaft (§ 56 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 6 RVG). Sie ist auch zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht erhoben worden (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 6 Satz 4, Abs. 3 Satz 3 RVG).
Die weitere Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 6 Satz 2 RVG, 546 ZPO).
Verfahrensfehlerfrei und in der Sache zutreffend vertritt das Landgericht Würzburg - in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht Würzburg - die Auffassung, dass vorliegend lediglich für drei Angelegenheiten eine Vergütung verlangt werden kann, und zwar für die Angelegenheit "Vermögensauseinandersetzung PKW ... und Ehewohnung", für die Angelegenheit "Sorgerecht und Aufenthaltsbestimmung / Wechselmodell" sowie für die Angelegenheit "Ehegatten- / Kindesunterhalt".
Die angefochtene Entscheidung entspricht der vom Senat bereits im Beschluss vom 28.12.2010, Az.: 8 W 97/10 (abgedr. In JurBüro 2011, 425) vertretenen Rechtsauffassung, wonach es entscheidend für das Vorliegen einer Angelegenheit sei, ob ein gleichzeitiger Auftrag, ein gleicher Rahmen und ein innerer Zusammenhang gegeben sei. Insgesamt müsse ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang der Bearbeitung bestehen. Zwar hat der Senat bereits in jener Entscheidung ausgeführt, dass es bei Trennungsfolgesachen nicht ausreiche, dass die verschiedenen Folgen ihren gemeinsamen Grund in der Trennung der Eheleute haben und auch nicht danach unterschieden werden könne, ob es sich um Sachen handele, die im Ehescheidungsverbund geltend gemacht werden könnten. Vielmehr komme es allein darauf an, ob wegen eines einheitlichen Lebenssachverhaltes um Beratung ersucht werde, die auch einheitlich erledigt werden könne.
Der Senat hält auch weiterhin an dieser Rechtsauffassung fest und lehnt abweichende Rechtsauffassungen ab, wonach im Zusammenhang von Trennung und Scheidung von Eheleuten von lediglich einer oder einer festgelegten geringen Anzahl von Angelegenheiten auszugehen ist (vgl. OLG München MDR 2011, 1386 [unter teilweiser Aufgabe der früheren Rspr., vgl. JurBüro 1988, 593; abweichend nun Be...