Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindsanhörung im Verfahren beim Rechtspfleger; Zuständigkeitsabgrenzung zwischen Rechtspfleger und Richter
Leitsatz (amtlich)
1. Die Pflicht zur persönlichen Anhörung gem. §§ 159 ff. FamFG besteht nicht nur bei Zuständigkeit des Richters, sondern auch bei Zuständigkeit des Rechtspflegers, soweit er in Verfahren betreffend die Person des Kindes entscheidet
2. Wird in Verfahren gem. § 1674 Abs. 2 BGB ein Antrag eines Elternteils auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge gem. § 1671 BGB gestellt, wird eine Vorlage an den Richter gem. §§ 5 Abs. 1 Nr. 2, 6 RpflG zu prüfen sein. Denn aufgrund des zu bejahenden engen Zusammenhangs zwischen dem Verfahren nach § 1674 Abs. 2 BGB und einem Verfahren nach § 1671 BGB dürfte die einheitliche Bearbeitung durch den Richter geboten sein.
Normenkette
BGB §§ 1671, 1674 Abs. 2; FamFG § 69 Abs. 1 Sätze 1-2, § 151 Nr. 1, §§ 159-161; RpflG § 5 Abs. 1 Nr. 2, § 6
Verfahrensgang
AG Hof (Aktenzeichen 050 F 524/24) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Kindesmutter wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Hof vom 20.09.2024 einschließlich des zugrundeliegenden Verfahrens aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht Hof zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - zurückverwiesen.
2. Der Beschwerdewert wird auf 4.000 Euro festgesetzt.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Das vorliegende Verfahren auf Feststellung des Wiederauflebens der elterlichen Sorge gem. § 1674 Abs. 2 BGB wurde auf Antrag des Kindesvaters eingeleitet.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Schwandorf vom 08.11.2016, Az.: 1 F 1002/16, war das Ruhen der elterlichen Sorge hinsichtlich des Kindesvaters festgestellt worden.
Der Kindesvater trug vor, der damals festgestellte Anordnungsgrund sei weggefallen, so dass er wieder die elterliche Sorge ausüben könne.
Der Rechtspfleger des Amtsgerichts hat den Beschluss des Amtsgerichts Ingolstadt vom 14.07.2015, Az.: 1 F 1469/14, mit welchem der Kindesmutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die beiden Kinder übertragen wurde, den Beschluss des Amtsgerichts Schwandorf vom 08.11.2016 hinsichtlich des Ruhens der elterlichen Sorge und den Beschluss des Amtsgerichts Hof vom 05.06.2024, Az.: 2 F 175/24 betreffend den Umgang beigezogen und jeweils der Kindesmutter, dem Jugendamt Y sowie dem Kreisjugendamt X zur Kenntnis gegeben.
Die Kindesmutter beantragte mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 23.08.2024, den Antrag auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge abzuweisen. Sie trug vor, dass dies nicht dem Kindeswohl entspräche. Das Kreisjugendamt Y wies in der Stellungnahme vom 07.08.2024 darauf hin, dass die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge derzeit nicht kindeswohldienlich erscheine. Der Kindesvater wies mit Schriftsatz vom 23.08.2024 darauf hin, dass es sich bei der Feststellung, dass der Grund des Ruhens der elterlichen Sorge nicht mehr bestünde, um einen rein formalen Akt handle. Mit Schriftsatz vom 17.09.2024 beantragte die Kindesmutter hilfsweise, die elterliche Sorge für die beiden Kinder auf sie allein zu übertragen.
Ohne vorherige persönliche Anhörung der Eltern und der Kinder wurde mit Beschluss vom 20.09.2024 durch den Rechtspfleger des Amtsgerichts wie folgt entschieden:
1. Es wird festgestellt, dass die elterliche Sorge des Kindsvaters bezüglich der Kinder D., geboren am x.x.2014 und S., geboren am x.x.2014, wieder aufgelebt ist, weil der Grund des Ruhens nicht mehr besteht, und der Kindsvater die elterliche Sorge - bis auf das Aufenthaltsbestimmungsrecht - wieder selbst mit ausüben kann (§ 1674 II BGB).
2. Der Gegenstandswert wird auf 4.000,00 Euro festgesetzt.
3. Von der Erhebung von Kosten wird abgesehen.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass sich aus dem vor dem Amtsgericht Hof geführten Umgangsverfahren ergebe, dass sich der Kindsvater wieder in Deutschland befinde und somit nicht mehr unbekannten Aufenthalts sei. Die tatsächliche Verhinderung der Ausübung der elterlichen Sorge sei daher weggefallen, weshalb diese gem. § 1674 Abs. 2 BGB wieder auflebe. Unter dem gleichen Datum verfügte der Rechtspfleger die Hinausgabe des Beschlusses und die Weiterleitung des Schriftsatzes der Kindsmutter vom 17.09.2024 zu weiteren Veranlassung wegen des Antrags auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge.
Der Beschluss wurde der Kindsmutter am 07.10.2024 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 29.10.2024 hat die Kindesmutter den Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge unbedingt gestellt. Mit einem am 06.11.2024 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 05.11.2024 legt die Kindsmutter Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 01.10.2024 ein.
Sie beantragt:
1. Der Beschluss des Amtsgerichts Hof mit dem Aktenzeichen 050 F 524/24 vom 01.10.2014 wird aufgehoben.
2. Der Beschluss des Amtsgericht Schwandorf mit dem Az. 1 F 1002/16 vom 8.12.2017 bleibt bestehen.
3. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Mutter bringt vor, dass es zwar...