Leitsatz (amtlich)
Nach einem Statutenwechsel zum deutschen Recht kann die eingebürgerte Person gemäß Art. 47 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 EGBGB einen zusätzlichen Vornamen annehmen, wenn sich ihr unter der Geltung des Herkunftsstatuts erworbener Vorname (hier: Hassan) nicht eindeutschen lässt.
Normenkette
EGBGB Art. 47 Abs. 1 S. 1 Nr. 5; FamFG § 58 Abs. 1, § 81 Abs. 1; PStG § 49 Abs. 2, § 51 Abs. 1
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts xxx vom 14.12.2021, Az. xxxx, abgeändert:
Die Beteiligte zu 2) wird angewiesen, die Angleichungserklärung des Antragstellers, wonach er künftig die Namen "Leon Hassan" zu seinen Vornamen wählt, entgegenzunehmen.
2. Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten jeweils selbst.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der am xxxx in xxx geborene Antragsteller war ägyptischer Staatsangehöriger. Mit Urkunde der Regierung von X. vom 10.12.1973 erwarb er die deutsche Staatsangehörigkeit.
Am 20.08.2021 hat der Antragsteller eine Angleichungserklärung abgegeben, wonach er einen zusätzlichen Vornamen annehmen und künftig die Vornamen "Leon" und "Hassan" führen wolle. Sein arabischer Vorname habe in vielen Fällen zu negativen Erlebnissen und Nachteilen im privaten und beruflichen Bereich geführt.
Das Standesamt xxx hat das Amtsgericht xxx gemäß § 49 Abs. 2 PStG um Mitteilung gebeten, ob die gewünschte Namensänderung in das Geburtenregister eingetragen werden kann. Es hat angeregt, die beantragte Namensänderung abzulehnen. Es sei bereits unklar, ob es sich bei dem Namen "Hassan" nicht um einen deutschen Vornamen handele. Selbst wenn dies nicht der Fall sei, bestünden Zweifel am Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die beantragte Änderung.
Das Amtsgericht xxx hat gemäß Beschluss vom 14.12.2021 das Standesamt angewiesen, die Namensänderungserklärung des Betroffenen nicht entgegenzunehmen. Dabei könne offenbleiben, ob eine deutsche Form des Vornamens "Hassan" existiere. Die in Art. 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB vorgesehene Möglichkeit, einen neuen Vornamen anzunehmen, wenn eine deutsche Form des bisher geführten Vornamens nicht existiert, beinhalte jedenfalls nicht die Möglichkeit, einen zusätzlichen Vornamen anzunehmen. Hätte der Gesetzgeber diese Möglichkeit eröffnen wollen, wäre dies durch die Verwendung des Wortes "zusätzlich" ohne weiteres möglich gewesen.
Gegen diesen ihm am 18.12.2021 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller mit Schreiben vom 21.12.2021, eingegangen bei Gericht am 22.12.2021, Beschwerde eingelegt. Er rügt, das Amtsgericht habe die Intention des Gesetzgebers, eine Integration des Namensinhabers zu fördern, zu wenig berücksichtigt.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die gemäß §§ 51 Abs. 1 Satz 1 PStG, 58 Abs. 1 FamFG statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Der Antragsteller hat gemäß Art. 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB das Recht, durch Erklärung gegenüber dem Standesamt den weiteren Vornamen "Leon" anzunehmen.
1. Der Anwendungsbereich des Art. 47 Abs. 1 EGBGB ist eröffnet. Der Antragsteller hat seinen Vornamen nach ausländischem Recht erworben, hiervon geht auch die Beteiligte zu 2) aus. Aufgrund der Einbürgerung richtet sich sein Name nunmehr nach deutschem Recht. Es hat ein Statutenwechsel stattgefunden.
2. Unerheblich ist, dass der Antragsteller nach seiner Einbürgerung über viele Jahre hinweg den bisherigen Vornamen ohne eine Namensangleichung weitergeführt hat. Der Gesetzgeber hat mit Art. 47 EGBGB eine Regelung geschaffen, die Ausnahmen vom Grundsatz der Namenskontinuität zulässt. Er hat dabei das Recht zur Abgabe einer Namensangleichung nicht an die Wahrung einer Frist gebunden. Für eine einschränkende Auslegung gibt es keinen Anlass, weil ein Anpassungsbedarf auch noch lange Zeit nach der Einbürgerung entstehen kann, etwa im Falle einer beabsichtigten Eheschließung (OLG Hamm, Beschl. v. 20.03.2014, 15 W 163/13, Rn. 18; Grüneberg/Thorn, BGB, 81. Aufl., Art. 47 EGBGB, Rn. 5).
3. Der Antragsteller hat das Recht, gemäß Art. 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB einen zusätzlichen Vornamen anzunehmen.
a) Art. 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB ermöglicht die Eindeutschung eines ausländischen Vor- oder Familiennamens. Der Name "Hassan" ist nach allgemeiner Auffassung ein arabischer Name. Er wird im Arabischen über Generationen hinweg als Vorname verwendet. Als deutscher Name ist er - jedenfalls bisher - nicht gebräuchlich. Der von den Beteiligten zu 2) angeführte Umstand, dass der Name auch bei Geburten in Deutschland vergeben wird, steht dem nicht entgegen. Denn dies allein belegt nicht, dass er auch von Eltern mit deutscher Staatsangehörigkeit in einem Umfang gewählt wird, welcher eine gegenteilige Auffassung entscheidungserheblich zu begründen vermag.
b) Eine deutschsprachige Form des Namens "Hassan" existiert nicht. Eine solche wird auch von der Beteiligten ...