Entscheidungsstichwort (Thema)
Unfallbedingter Verdienstausfall des Alleingesellschafters und Geschäftsführers einer Ein-Mann-GmbH
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer sog. Ein-Mann-GmbH kann der verletzte Alleingesellschafter und Geschäftsführer anstelle des entgangenen Gewinns der GmbH grundsätzlich Erstattung seines - angemessenen - Gehalts verlangen, ohne nachweisen zu müssen, dass infolge seines Ausfalls der Gewinn seines Unternehmens zurückgegangen ist. (Rn. 17)
2. Frustrierungsschäden, also Aufwendungen, die der Geschädigte vor dem Schadensereignis - und damit nicht kausal durch dieses bedingt - getätigt hat und die eben wegen des Schadensereignisses nutzlos geworden sind (hier: Geschäftsfahrzeug aufgrund der Verletzungen nicht benutzt; Kosten für Fitnessstudio), sind grundsätzlich nicht erstattungsfähig. (Rn. 23)
3. Ist der Geschädigte durch einen Gipsverband an beiden Armen im Bereich des Oberarms, der über das Ellbogengelenk geht, in der Bewältigung des täglichen Lebens und zur Versorgung seiner Bedürfnisse sehr stark eingeschränkt, kann sein Haushaltsführungsschaden auf 8 Stunden pro Tag geschätzt werden, wobei der zum jeweiligen Zeitpunkt geltende Mindestlohn als Nettobetrag anzusetzen ist. (Rn. 31 - 32)
4. Erleidet der Geschädigte Frakturen an beiden Armen, die zu einer sechswöchigen Arbeitsunfähigkeit führen und ihn dauerhaft bei der Benutzung seiner Arme gegenüber dem Zustand vor dem Unfall einschränken (Mitarbeit in der Werkstatt bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten; sportliche Aktivitäten), ist ein Schmerzensgeld von 10.000 EUR angemessen; die Voraussetzungen für eine Schmerzensgeldrente liegen nicht vor. (Rn. 39 - 40 und 46)
Normenkette
BGB §§ 249, 253 Abs. 2, § 843; StVG § 7 Abs. 1; ZPO § 287
Verfahrensgang
LG Coburg (Urteil vom 23.03.2022; Aktenzeichen 13 O 807/18) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Landgerichts Coburg vom 23.03.2022, Az. 13 O 807/18, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2.856,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08.02.2019 zu zahlen.
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 4.372,27 EUR nebst Zinsen aus 3.372,27 EUR in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08.02.2019 und nebst Zinsen aus 1.000,00 EUR in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12.12.2019 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz tragen der Kläger 5/7 und die Beklagten als Gesamtschuldner 2/7.
Von den Kosten des Rechtsstreits des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 4/5 und die Beklagten als Gesamtschuldner 1/5.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen, da weder die Revision gegen das Urteil zulässig ist, noch dagegen gemäß § 544 Abs. 2 ZPO die Nichtzulassungsbeschwerde - die Beschwer des Klägers beträgt 16.635,48 EUR und die Beschwer der Beklagten beträgt 3.920,28 EUR - erhoben werden kann.
B. Der Senat hat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage die vom Landgericht in fehlerfreier Weise getroffenen Feststellungen zugrunde zu legen. Es liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die Zweifel an der Richtigkeit oder der Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen.
1. Zweifel im Sinn des § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO liegen nur dann vor, wenn aus der für das Berufungsgericht gebotenen Sicht eine gewisse, nicht notwendig überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Falle der Beweiserhebung die erstinstanzlichen Feststellungen keinen Bestand haben werden, sich also deren Unrichtigkeit herausstellt (vgl. BGH NJW 22, 539; BGH NJW-RR 19, 1343; 18, 651; BGH NJW 14, 2797; 14, 74; jeweils m.w.N.). Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit und der Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen können sich aus Verfahrensfehlern ergeben, die bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (vgl. BGH NJW 22, 539; 14, 2797; 14, 74; BGH NJW-RR 09, 1193; jeweils m.w.N.). Dies gilt insbesondere dann, wenn in der ersten Instanz Beweise fehlerhaft oder unzureichend erhoben oder gewürdigt wurden (vgl. BGH NJW-RR 09, 1193; BGH NJW 14, 74; 05, 1583).
Dabei genügt es jedoch nicht, die eigene Beweiswürdigung an die Stelle der Beweiswürdigung des Landgerichts zu setzen. Meint der Rechtsmittelführer lediglich, es sei den herangezogenen Beweismitteln eine andere Bedeutung beizumessen, kann dies die Beweiswürdigung des Erstgerichts nicht entkräften (vgl. OLG Saarbrücken NJW-RR 19, 85; OLG Saarbrücken, Urteil vom 28.04.2016, Az.: 4 U 96/15; OLG Düsseldorf, BauR 16, 2092; OLG München Urteil vom 20.06.2012, Az.: 17 U 1392/12; jeweils m.w.N.).
2. Unter Heranziehung dieser Rech...