Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Anwendung der Grundsätze der Anscheins- und Duldungsvollmacht auf die Erklärung der Erbausschlagung durch den gesetzlichen Vertreter eines Vereins gegenüber dem Nachlassgericht
Leitsatz (amtlich)
Auf die Erklärung der Erbausschlagung durch den gesetzlichen Vertreter eines Vereins gegenüber dem Nachlassgericht als amtsempfangsbedürftige Willenserklärung finden die Grundsätze der Anscheins- und Duldungsvollmacht keine Anwendung.
Normenkette
BGB §§ 26, 1945, 2358; FamFG § 352
Verfahrensgang
AG Bremerhaven (Beschluss vom 09.01.2015; Aktenzeichen 7 VI 370/10) |
Tenor
Die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 2.2.2015 gegen den Beschluss des AG - Nachlassgericht- Bremerhaven vom 9.1.2015 wird zurückgewiesen.
Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Gegenstandswert wird auf 57.686 EUR festgesetzt.
Gründe
1. Mit handschriftlichem Testament vom 15.1.2006 "vermachte" die Erblasserin, verstorben am [...]. 2010, dem Beteiligten zu 1. (Antragsteller und Beschwerdegegner), einem eingetragenen Verein, ihr Grundstück und ihr Sparkassenbuch, dem Beteiligten zu 2. (Antragsgegner und Beschwerdeführer) das Inventar (vgl. Akten über die Verfügung von Todes wegen des AG Bremerhaven, Az. 7 IV 125/10, S. 9). Nach entsprechender Information durch das Nachlassgericht mit Schreiben vom 1.4.2010 (a.a.O. S. 12) erklärte die seinerzeitige 1. Vorsitzende des Beteiligten zu 1., Frau L., für diesen am 3.5.2010 gegenüber dem Nachlassgericht die Ausschlagung der Erbschaft (Akten über den Nachlass des AG Bremerhaven, 7 VI 300/10, S. 1). Ausweislich der Satzung des Beteiligten zu 1. wurde der Verein seinerzeit allerdings gerichtlich wie außergerichtlich durch den 1. und 2. Vorsitzenden gemeinsam vertreten (§ 4d) der Satzung, Bl. 32 d.A.). Der 2. Vorsitzende wirkte an der Erbausschlagung nicht mit, dem Beteiligten zu 1. war die Erbausschlagung durch die 1. Vorsitzende zunächst nicht bekannt.
Der Beteiligte zu 2. beantragte am 5.7.2010 nach entsprechender Mitteilung durch das Nachlassgericht unter Hinweis auf die Erbausschlagung einen Erbschein, der ihn, den Beteiligten zu 2., als Alleinerben ausweist (Bl. 1 ff. d.A.).
Mit Rücksicht auf die vom AG für wirksam erachtete Erbausschlagung durch den Beteiligten zu 1. ging das AG fortan von der gesetzlichen Erbfolge aus (Vermerk vom 22.7.2010, Bl. 6 d.A.).
Nach weiteren Ermittlungen im Hinblick auf eventuelle andere gesetzliche Erben hat das AG mit Beschluss vom 2.12.2010 (Bl. 21) die für die Erteilung des beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen als festgestellt erachtet. Unter dem gleichen Datum erteilte es den beantragten Erbschein, der den Beteiligten zu 2. als Alleinerben auswies (Bl. 22 d.A.).
Mit Antrag vom 6.3.2012 beantragte der Beteiligte zu 1., diesen Erbschein wegen Unrichtigkeit einzuziehen und stattdessen einen Erbschein zu erteilen, der den Beteiligten zu 1. als alleinigen Erben ausweist (Bl. 28 d.A.).
Zur Begründung hat er sich darauf berufen, dass die 1. Vorsitzende satzungsgemäß nicht befugt gewesen sein, den Verein allein zu vertreten; daher sei die erst nachträglich bekannt gewordene Erbausschlagung unwirksam.
Der Beteiligte zu 2. ist dem entgegengetreten mit der Begründung, der Beteiligte zu 1. müsse sich das Handeln seiner 1. Vorsitzenden zurechnen lassen.
Mit Beschluss vom 10.2.2014 hat das AG den Antrag des Beteiligten zu 1. mit der Begründung zurückgewiesen, die Erbausschlagung durch die 1. Vorsitzende sei nach den Grundsätzen der Duldungsvollmacht zu Lasten des Beteiligten zu 1. wirksam, so dass es bei dem erteilten Erbschein bleibe (Bl. 110 d.A.).
Hiergegen hat sich der Beteiligte zu 1. mit der Beschwerde vom 11.3.2014 gewandt (Bl. 116).
Mit Beschluss vom 9.1.2015 hat das AG der Beschwerde stattgegeben und "die Erteilung eines Erbscheins bewilligt", wonach die Erblasserin vom Beteiligten zu 1. allein beerbt worden sei; den Erbschein vom 2.12.2010 hat es wegen Unrichtigkeit eingezogen (Bl. 179).
Hiergegen wendet sich nunmehr der Beteiligte zu 2. mit seiner Beschwerde vom 2.2.2015 (Bl. 187 d.A.). Dabei beruft er sich vor allem auf den internen Vermerk des AG vom 22.7.2010 vor Erteilung des ersten Erbscheins, in dem der zuständige Richter das Eintreten der gesetzlichen Erbfolge festgestellt habe (Bl. 6 d.A.)
Der Beteiligte zu 1. verteidigt die angegriffene Entscheidung.
2. a) Die Beschwerde des Beteiligten zu 2. ist zulässig, insbesondere rechtzeitig erhoben worden (§ 63 FamFG). Da der Beteiligte zu 2. durch die Abhilfeentscheidung des AG erstmalig beschwert worden ist, steht nunmehr ihm die Beschwerde hiergegen zu (Keidel- Sternal, FamFG, 18. Aufl., § 68 Rz. 12a und 23). Dem hat das AG zutreffend Rechnung getragen, indem es die Abhilfeentscheidung mit einer entsprechenden Rechtsbehelfsbelehrung versehen und auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2. ein -erneutes- Abhilfeverfahren durchgeführt hat (Keidel, a.a.O.; Beschluss vom 25.2.2015, Bl. 194 d.A.).
b) In der Sache zutreffend hat das AG ei...