Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinsame elterliche Sorge: Bewertung der ablehnenden Haltung eines Kindes gegenüber einem Elternteil
Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Voraussetzungen einer Entscheidung über die elterliche Sorge nach § 1626a BGB.
2. Bei der Gewichtung einer ablehnenden Haltung eines Kindes gegenüber einem Elternteil ist nicht allein auf das objektiv feststellbare, möglicherweise ursächliche Geschehen abzustellen, sondern es können auch das subjektive Empfinden des Kindes, dessen Äußerungen und das Verhalten der Eltern auf diese Äußerungen mit einbezogen werden.
Normenkette
BGB § 1626a Abs. 2, § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Bremen (Beschluss vom 20.07.2016; Aktenzeichen 65 F 7360/15) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG -Familiengericht - Bremen vom 20.07.2016 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über die Einrichtung der gemeinsamen elterlichen Sorge nach § 1626a BGB. Der Antragsteller ist Vater des am [...] 2005 geborenen Kindes X. Die Kindeseltern waren nicht miteinander verheiratet. Die Vaterschaft wurde durch den Antragsteller am 13.04.2005 anerkannt. X. lebt im Haushalt seiner allein sorgeberechtigen Mutter, der Antragsgegnerin.
Nachdem die Kindesmutter einer außergerichtlichen Aufforderung nicht zugestimmt hatte, hat der Antragsteller mit am 14.12.2015 eingegangenem Antrag die gemeinsame Sorge für das Kind begehrt. Zur Begründung hat er sich unter anderem darauf berufen, dass die Kindeseltern gut kooperierten. Das AG - Familiengericht - Bremen hat die Beteiligten im Termin vom 19.02.2016 persönlich angehört. Für das ebenfalls persönlich angehörte Kind X. wurde ein Verfahrensbeistand bestellt. Das Ergebnis der Kindesanhörung wurde mit den Beteiligten sodann im Termin vom 27.05.2016 erörtert. Mit Beschluss vom 20.07.2016 hat das AG den Antrag des Kindesvaters auf gemeinsame elterliche Sorge zurückgewiesen und es den Eltern gleichzeitig zur Auflage gemacht, Gespräche bei einer Erziehungsberatungsstelle zu führen. Das AG hat die Zurückweisung des Antrags damit begründet, dass die Übertragung der elterlichen Sorge dem Kindeswohl widerspräche. Zur Begründung hat es unter anderem darauf abgestellt, dass der Kindeswille der gemeinsamen Sorge entgegenstehe. So nehme es X. seinem Vater übel, dass dieser versuche, die aktuelle Situation zu verändern. Die Bedürfnisse des Kindes beachte der Vater bei seinem Vorgehen nicht. X. s Bedenken über die Ausgestaltung der Umgangskontakte, besonders die Art der Konfliktlösung zwischen dem Vater und dessen Lebenspartnerin sowie der Umgang des Vaters mit der in seinem Haushalt lebenden Katze, nehme der Vater nicht ernst. Zudem sei deutlich geworden, dass Vater und Mutter unterschiedliche Erziehungsziele verfolgten. Ein Austausch der Eltern hierüber erfolge nicht, was für das Kind nachteilig sei. Zwischen den Kindeseltern bestehe ein tiefgreifender Elternkonflikt. So vermute der Vater, dass die Sorge des Jungen vor einer Veränderung des Lebensmittelpunktes auf eine Einflussnahme der Mutter zurückzuführen sei. Die Mutter wiederum fühle sich durch den Vater nicht unterstützt. Das von dem Vater nach der Anerkennung eingeleitete Vaterschaftsanfechtungsverfahren habe für die Mutter zudem einen Vertrauensbruch dargestellt. Die Auseinandersetzung der Kindeseltern habe im Ergebnis dazu geführt, dass X. den Kontakt zum Vater ablehne und die vormals vorhandene Kommunikation vollständig zum Erliegen gekommen sei.
Gegen die Zurückweisung des AG richtet sich die Beschwerde des Antragstellers. Dieser führt im Wesentlichen aus, dass der Widerspruch der Kindesmutter nicht ausreichen könne, um die Teilhabe an der elterlichen Sorge zu versagen. In der Vergangenheit habe immer ein sehr gutes Einvernehmen über alle Angelegenheiten, die das Kind betrafen, bestanden. Die Kindesmutter habe Elterngespräche abgelehnt. Eine Kontaktaufnahme zu den Großeltern des Kindes habe sie ebenfalls nicht gefördert. Die Störung der Kommunikationsebene beruhe daher ausschließlich auf der Verweigerung der Kindesmutter und auch erst seit Antragstellung. Erst auf die außergerichtliche Bitte der Abgabe einer gemeinsamen Sorgerechtserklärung sei der Umgang ausgesetzt worden. Die Katzen würden beim Antragsgegner artgerecht gehalten werden. Die diskutierte Auseinandersetzung zwischen der Lebensgefährtin und dem Antragsteller selbst sei nicht geeignet, Rückschlüsse auf den Umgang zu ziehen. Das Kind habe lediglich mitbekommen, dass ein Messer zu Boden gefallen sei. Es gebe auch nicht ständig Streit im Haushalt des Vaters. Ursprünglich habe er sich im November/Dezember 2015 mit X. für einen Kinobesuch verabredet, mutmaßlich die Kindesmutter habe dann aber einen Stimmungswandel bei dem Kind verursacht. X. sei nur deswegen in Hinsicht auf seinen Lebensmittelpunkt verunsichert, weil die Kindesmutter ihn so stark in die Auseinandersetzung ei...