Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksame Bestellung des beurkundenden Notars zum Testamentsvollstrecker durch eine privatschriftliche Verfügung der Erblasserin
Leitsatz (amtlich)
Beurkundet der Notar in einem Testament, dass die Erblasserin die Person des Testamentsvollstreckers in einer gesonderten handschriftlichen Niederschrift bestimmen und diese in einem verschlossenen Umschlag dem beurkundenden Notar übergeben wird und bestellt die Erblasserin in dieser handschriftlichen Niederschrift den beurkundenden Notar zum Testamentsvollstrecker, kann die handschriftliche letztwillige Verfügung nach den Umständen des Einzelfalles gemäß §§ 27, 7 Nr. 1 BeurkG i.V.m. § 125 BGB unwirksam sein (im Anschluss an den Beschluss des OLG Bremen vom 15.07.2014, Gesch.-Nr. 5 W 13/14).
Normenkette
BEURKG § 7 Nr. 1; BeurkG § 27; BGB §§ 125, 2232 Sätze 1-2, § 2361 Abs. 1, § 2368 Abs. 3; FamFG § 58 Abs. 1, § 59 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Bremen (Beschluss vom 05.06.2015; Aktenzeichen 32 VI 79/15) |
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1.) vom 12.06.2015 gegen den Beschluss des AG Bremen - Nachlassgericht - vom 05.06.2015, Az.: 32 VI 79/15, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beteiligte zu 1.).
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf EUR 146.000,00 festgesetzt.
Gründe
I. Notar X, der Beteiligte zu 1.), begehrt seinem Antrag auf Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses vom 11.05.2015, UR-Nr. [...]/2015, des Notars Y[...] (Bl. 14 ff. d.A.) stattzugeben.
Die Erblasserin ließ von dem Beteiligten zu 1.) am 12.03.2012 zu dessen UR-Nr. [...]/2012 ein notarielles Testament beurkunden. In diesem Testament ordnete sie unter Ziff. III. die Testamentsvollstreckung über den gesamten Nachlass an. Weiter heißt es: "Ich werde die Person des Testamentsvollstreckers in einer gesonderten handschriftlichen Niederschrift bestimmen und in einem verschlossenen Umschlag dem beurkundenden Notar übergeben. Dieser Umschlag ist zusammen mit diesem Testament in die amtliche Verwahrung des AG Bremen zu geben." Zudem fasste die Erblasserin ebenfalls am 12.03.2012 privatschriftlich und eigenhändig eine Erklärung ab, die die "Bestimmung des Testamentsvollstreckers" enthält. Darin heißt es weiter: "In Ergänzung zu meinem notariellen Testament vom 12.3.2012 ernenne ich zum Testamentsvollstrecker Rechtsanwalt und Notar X..." Diese Erklärung ist von der Erblasserin unterschrieben und dem Beteiligten zu 1.) in einem verschlossenen weißen Briefumschlag mit der Aufschrift "Testamentsvollstreckung" ausgehändigt worden.
Sowohl die notariell beurkundete letztwillige Verfügung der Erblasserin vom 12.03.2012 als auch der weiße Umschlag mit der privatschriftlichen "Bestimmung des Testamentsvollstreckers" vom 12.03.2012 sind in einem verschlossenen und versiegelten braunen Umschlag von dem Beteiligten zu 1.) dem AG Bremen in amtliche Verwahrung gegeben worden. In der Akte über die Verfügung von Todes wegen des AG Bremen (Gesch.-Nr. 32 IV 120/12) befindet sich eine Verfügung vom 29.4.2015 über die besondere amtliche Verwahrung dieser streitgegenständlichen Dokumente (Bl. 20 d.A.). Der braune Umschlag, der sowohl die letztwillige Verfügung der Erblasserin zu der UR-Nr. [...]/2012 des Beteiligten zu 1.) enthielt als auch die Erklärung zur Bestimmung des Testamentsvollstreckers, ist mit der Verwahrungsbuch-Nummer [...] versehen worden. Dementsprechend trägt der weiße Briefumschlag auch keinen eigenen Eingangsstempel und keine vergebene Verwahrungsbuch-Nummer.
Die Erblasserin verstarb am 28.01.2015. In dem Protokoll des AG - Nachlassgericht - Bremen über die Eröffnung der letztwilligen Verfügungen von Todes wegen vom 30.04.2015 (Geschäfts -Nr. 32 IV 120/12, Bl. 29 d.A.) heißt es: "Die in besonderer amtlicher Verwahrung befindlichen Verfügungen von Todes wegen waren aus der Verwahrung entnommen worden. Sie waren gemeinsam in einem versiegelten Umschlag verschlossen. Der Umschlag wurde geöffnet. Die Verfügungen wurden eröffnet. Sie sind beide wie folgt datiert: 12.03.2012." Unter "Auffälligkeiten/Besonderheiten" heißt es weiter: "Die handschriftliche Verfügung befand sich in einem kleinen Umschlag, der durch eine Büroklammer mit der notariellen Verfügung von Todes wegen verbunden war. Beide befanden sich gemeinsam in einem Verwahrumschlag."
Mit Beschluss vom 05.06.2015 (Bl. 9 f. d.A.) hat das AG - Nachlassgericht - Bremen den Antrag des Beteiligten zu 1.) auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass eine "unmittelbare Verknüpfung" beider Testamente schon dadurch erkennbar sei, dass die handschriftliche letztwillige Verfügung der Erblasserin, in der sie den Beteiligte zu 1.) zum Testamentsvollstrecker ernenne, in einem kleinen weißen verschlossenen Umschlag mit einer Büroklammer an die notarielle Verfügung von Todes wegen geheftet worden sei und sich beide Dokumente in einem Verwahrumschlag befunden hätten. Zudem sei in dem notariellen Testament vermerkt, dass der Umschlag mit der Testamen...