Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Anwendung des § 502 Abs. 2 BGB auf Vereinbarung einer Vorfälligkeitsentschädigung bei unechter Abschnittsfinanzierung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Regelung des § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB findet keine Anwendung auf die Vereinbarung einer Vorfälligkeitsentschädigung im Rahmen einer unechten Abschnittsfinanzierung.
2. Die Regelung des § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist auch nicht analog anwendbar auf Regelungen einer Vorfälligkeitsentschädigung in Konstellationen einer unechten Abschnittsfinanzierung, da sich der Verbraucher in diesen Fällen nicht in einer vergleichbar schutzbedürftigen Entscheidungssituation wie derjenigen des Abschlusses des Darlehensvertrages selbst befindet.
3. Eine vertragliche Klausel zur Regelung einer Vorfälligkeitsentschädigung außerhalb des Verbraucherdarlehensvertragsrechts ist nicht wegen des Fehlens von Hinweisen auf die Berechnungsmethode als unangemessene Benachteiligung des Darlehensnehmers im Sinne des § 307 BGB zu bewerten, da auch das gesetzliche Leitbild des § 490 Abs. 2 S. 3 BGB für den Bereich außerhalb des Verbraucherdarlehensvertragsrechts keine bestimmte Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung vorgibt.
Normenkette
BGB §§ 307, 490 Abs. 2 S. 3, § 492 Abs. 2, § 502 Abs. 2; EGBGB Art. 247 § 7 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Bremen (Aktenzeichen 2 O 938/22) |
Tenor
I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Bremen vom 15.06.2023, Az.: 2 O 938/22, durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
II. Dem Kläger wird Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 20.03.2024 gegeben.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückzahlung einer vereinnahmten Vorfälligkeitsentschädigung nach Kündigung einer Immobilienfinanzierung in Anspruch.
Die Parteien schlossen am 09.07.1999 einen Darlehensvertrag zur Nr. ...67 über DM 1.365.000,- mit einer Laufzeit bis 01.08.2028 und einer Zinsbindungsfrist bis zum 30.06.2009 zur Finanzierung des Erwerbs einer Immobilie durch den Kläger. Mit Vereinbarungen vom 23./25.11.1999 reduzierten die Parteien das Darlehen auf DM 1.010.000,- und schlossen einen weiteren Darlehensvertrag zur Nr. ...15 über den Differenzbetrag von DM 355.000,- mit gleicher Laufzeit und Zinsbindungsfrist.
Für die Darlehen wurde zwischenzeitlich eine weitere Zinsfestschreibung bis zum Jahr 2019 vereinbart. Der Kläger, der im September 2017 gegenüber Mitarbeitern der Beklagten den Wunsch geäußert hatte, die mit den vorbenannten Darlehen finanzierte Immobilie zu veräußern, entschied sich wegen dieser Zinsfestschreibung gegen eine Veräußerung im Jahr 2017 und schob die Veräußerung bis zum Ablauf der vereinbarten Zinsfestschreibung auf.
Im Jahr 2019 bat der Kläger, vertreten durch einen Mitarbeiter der Streitverkündeten als seiner wirtschaftlichen Beraterin, die Beklagte um Angebote für eine Zinsprolongation für beide vorgenannten Darlehensverträge mit einer Zinsfestschreibung von 2 bzw. 3 Jahren. Die Parteien schlossen darauf zwei als "Anschlusszinsvereinbarung (Ergänzung des Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrags)" bezeichnete Verträge, nämlich eine Vereinbarung vom 05./08.03.2019 in Bezug auf den Darlehensvertrag Nr. ...15 sowie eine weitere Vereinbarung vom 05./09.03.2019 zum Darlehensvertrag Nr. ...67, in denen jeweils für den Zeitraum vom 01.07.2019 bis 30.09.2021 ein neuer gebundener Sollzinssatz i.H.v. 1,740 % vereinbart wurde. In beiden Vereinbarungen wurde dem Darlehensnehmer unter Ziffer 6 ein außerordentliches Kündigungsrecht eingeräumt, wozu es heißt:
"Darüber hinaus kann der Darlehensnehmer ein Darlehen, für das ein gebundener Sollzinssatz vereinbart wurde und das durch ein Grund- oder Schiffspfandrecht gesichert ist, nach Ablauf von sechs Monaten nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von drei Monaten kündigen, wenn seine berechtigten Interessen dies gebieten. Ein berechtigtes Interesse ist insbesondere anzunehmen, wenn er ein Bedürfnis nach einer anderweitigen Verwertung der zur Sicherung des Darlehens beliehenen Sache hat (z.B. Veräußerung des Grundstückes, weiter gehende Beleihung des Grundstückes). ln diesem Falle hat der Darlehensnehmer der Sparkasse denjenigen Schaden zu ersetzen, der dieser aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung)."
Der Kläger veräußerte nachfolgend die finanzierte Immobilie noch während der Laufzeit der Sollzinsbindung aus den Anschlusszinsvereinbarungen vom März 2019 und die Darlehen wurden mit dem Erlös aus dem Objektverkauf abgelöst. Mit Schreiben vom 03.09.2019 berechnete die Beklagte dem Kläger für die beiden Darlehensverträge eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe eines Betrags von insgesamt EUR 29.153,52, welchen die Beklagte einbehielt.
Der Kläger hat vor dem Landgericht die Auffassung vertreten, dass die Beklagte die Vorfälligkeitsentschädigung ohne rechtlichen Grund erlangt habe, da die Angaben in den Anschlusszinsvereinbarungen vom März 2019 in Bezug auf das Anfallen einer Vorfälligkeitsentschäd...