Leitsatz (amtlich)
1. Nimmt ein Zeuge zunächst das Grünlicht einer Fußgängerampel und erst im Anschluss daran das von links kommende Fahrzeug des Betroffenen beim Überfahren der Haltelinie wahr, ist die Beiziehung eines Ampelschaltplans zur Feststellung des Rotlichtverstoßes entbehrlich, wenn keine Anhaltspunkte für eine Fehlschaltung der Ampelanlage bestehen.
2. Der Querverkehr aus einer unmittelbar nach einer Fußgängerampel einmündenden Straße fällt in den Schutzbereich der Ziff. 132.2 BKat. Ob die Regelsanktion nach §§ 1 Abs. 2, 4 Abs. 1 Nr. 3 BKatV i. V. m. Ziff. 132.2 BKat zu verhängen ist, bedarf jedoch der Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Mitverschuldens des unfallbeteiligten Dritten.
Normenkette
StVO § 37 Abs. 2 Nr. 1 S. 7; StVG § 25; BKatV § 1 Abs. 2, § 4 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
AG Hannover (Entscheidung vom 26.04.2011) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 26. April 2011 wird verworfen.
Der Betroffene trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
Gründe
I. Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässigen Missachtens des Rotlichts an einer Lichtzeichenanlage, wodurch es zu einem Unfall kam, zu einer Geldbuße von 240, € verurteilt und ein Fahrverbot von einem Monat festgesetzt. Zugleich ist eine Anordnung nach § 25 Abs. 2 a StVG getroffen worden.
Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils befuhr der Betroffene am 16. Oktober 2010 um 8.50 Uhr mit einem PKW die R.L.Straße in H. Unmittelbar vor der Einmündung der T. missachtete er das Rotlicht einer Lichtzeichenanlage an einem Fußgängerüberweg und fuhr in die Kreuzung ein, wo es zu einem Zusammenstoß mit dem für den Betroffenen von rechts aus der T. in die R.L.Straße einfahrenden PKW des Zeugen H. kam.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt.
II. Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen tragen den Vorwurf eines Rotlichtverstoßes.
1. Die Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil ist - entgegen der Begründung der Rechtsbeschwerde und der Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft - nicht schon deswegen lückenhaft und damit rechtsfehlerhaft, weil das Amtsgericht keine Feststellungen zum automatisierten Programmablauf der Lichtzeichenanlage getroffen hat.
Zwar ist es grundsätzlich erforderlich, diesen Programmablauf mitzuteilen, wenn der Schluss auf den Rotlichtverstoß aus Zeugenangaben hergeleitet wird, die nur Angaben zum Grünlicht für den Querverkehr machen können (OLG Hamm, Beschl. vom 1. September 2009 [2 Ss OWi 550/09 - juris] und vom 20.05.1999 [3 Ss OWi 436/99 - juris], Thüringer OLG, DAR 2006, 164).
Im konkreten Fall durfte das Amtsgericht allerdings von der Mitteilung des Schaltplans absehen. Nach den in den Gründen mitgeteilten Angaben der Zeugin P., die als Fußgängerin die Ampel überqueren wollte, blickte die Zeugin, nachdem die Ampel für sie bereits auf Grünlicht geschaltet war, zunächst noch einmal nach rechts und dann nach links und sah dabei von links einen Wagen (nach den Feststellungen im Übrigen das Fahrzeug des Betroffenen) mit hoher Geschwindigkeit heranfahren. Auf der Grundlage dieser Angaben, die das Amtsgericht als glaubhaft erachtet hat und die deswegen vom Rechtsbeschwerdegericht als Beweiswürdigung hinzunehmen sind, konnte das Amtsgericht rechtsfehlerfrei die Feststellung treffen, dass die Ampel für den Betroffenen bereits auf Rotlicht geschaltet war. Denn die Zeugin erblickte das von links kommende Fahrzeug erst, nachdem die Lichtzeichenanlage für sie schon auf grün geschaltet war und sie zuvor noch nach rechts geblickt hatte.
Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen ist auszuschließen, dass die Beiziehung des Schaltplans zu einem anderen Beweisergebnis geführt hätte. Denn das Gericht durfte davon ausgehen, dass die Lichtzeichenanlage für die Zeugin erst dann Grünlicht anzeigt, wenn zuvor, zumindest aber gleichzeitig auf Rotlicht für den Autoverkehr geschaltet worden ist. Eine Fehlerhaftigkeit der Ampelanlage hat das Amtsgericht nicht festgestellt und ist auch vom Betroffenen nicht gerügt worden.
Der Sachverhalt unterscheidet sich insofern deutlich von dem der zuvor genannten obergerichtlichen Entscheidungen, bei denen auf den Rotlichtverstoß jeweils aus den Aussagen von Zeugen gefolgert wurde, die das Fahrzeug des Betroffenen erst beim Einfahren in den Kreuzungsbereich wahrgenommen hatten. Zudem hat das Amtsgericht hier keinen qualifizierten Rotlichtverstoß nach Nr. 132.3 BKat (Rotphase bereits länger als eine Sekunde Dauer) angenommen, für dessen Feststellung auf Grund von Zeugenaussagen die Beiziehung eines Schaltplans unverzichtbar ist.
2. Die Beiziehung des Ampelschaltplans war daneben auch nicht erforderlich, um den Vorwurf fahrlässigen Verhaltens durch den Betroffenen zu begründen.
Zwar muss das Amtsgericht grundsätzlich Feststellungen dazu treffen, ob es dem Betroffenen möglich war, mit ein...