Verfahrensgang

AG Elze (Beschluss vom 06.04.2016; Aktenzeichen 8 F 313/14)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Dem Antragsgegner werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 1.000 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller hat zum Zwecke der Geltendmachung eines Erbrechts beantragt, festzustellen, dass der am 8.7.1990 verstorbene A. W. (geboren am 19.9.1909) sein Vater ist. Der hiesige Beschwerdeführer (geboren am 20.6.1940) ist dessen ehegeborenes Kind. Als Todeszeitpunkt seiner im zweiten Weltkrieg verschollenen Mutter O. W. (geboren am 10.3.1909) ist durch Beschluss des AG vom 22.4.1968 (5 II 37/67 AG Elze) der 31.1.1945 festgestellt worden. Die Mutter des Antragstellers F. W. (geborene L., Witwe des Bruders von A. W.) ist im November 2013 verstorben, der Bruder W. W. des Beschwerdeführers am 30.10.2013. Dieser und der Beschwerdeführer hatten A. W. ausweislich des gemeinschaftlichen Erbscheins vom 15.5.1991 (6 VI 110/90 AG Elze) beerbt. Der Beschwerdeführer hat den ihn als Alleinerben nach W. W. ausweisenden Erbschein vom 6.5.2014 (6 VI 39/14 AG Elze) erwirkt. Mit Beschluss vom 9.9.2015 hat das Nachlassgericht auf Antrag des hiesigen Antragstellers die Rückgabe der erteilten Ausfertigungen des Erbscheins angeordnet und die Entscheidung über dessen Kraftloserklärung bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Vaterschaftsfeststellungsverfahrens zurückgestellt. Hier hat die Familienrichterin den Beschwerdeführer im Erörterungstermin am 3.3.2015 angehört und neben dem Antragsteller in die Abstammungsuntersuchung einbezogen. Das genetische Abstammungsgutachten vom 7.3.2016 hat zum Ergebnis, dass der Antragsteller und der Beschwerdeführer mit einem Wahrscheinlichkeitsgrad von 99 % Halbgeschwister väterlicherseits sind. Daraufhin hat die Familienrichterin dem Vaterschaftsfeststellungsantrag stattgegeben sowie die Verfahrenskosten zwischen dem Antragsteller und dem Beschwerdeführer gegeneinander aufgehoben. Allein dagegen wendet sich dieser und macht geltend, er sei kein Verfahrensbeteiligter, sondern nur zur Feststellung der Abstammung des Antragstellers herangezogen worden.

II. Die nach §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Nach § 81 FamFG kann das Gericht, außer unter den hier nicht vorliegenden Voraussetzungen des Abs. 4 dieser Vorschrift, nur den am Verfahren Beteiligten Kosten auferlegen. Der Beschwerdeführer ist indessen entgegen seiner Auffassung nicht lediglich als sog. Auskunftsperson zur Sachaufklärung (§ 26 FamFG) angehört und in die Abstammungsuntersuchung einbezogen worden - was nach § 178 Abs. 1 FamFG jede Person zu dulden hat, wenn ihr die Untersuchung zumutbar ist -, sondern er war nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG vom AG als Beteiligter hinzuzuziehen. Insoweit ist die Aufzählung in § 172 FamFG nicht abschließend (BGH NJW 2015, 2891 Rn. 10). Diese Hinzuziehung, für die es keines förmlichen Beschlusses bedurfte (Keidel/Zimmermann, FamFG, 18. Aufl. § 7 Rn. 29), ist erfolgt. Der jetzige Beschwerdeführer ist unter Beifügung einer Abschrift der Antragsschrift zum Termin geladen worden und hat sich im Anschluss daran durch seinen bestellten Verfahrensbevollmächtigten am Verfahren beteiligt, wie sich aus den Akten ergibt.

Zwar reichte für eine Verpflichtung des Gerichts zur Hinzuziehung des jetzigen Beschwerdeführers als Beteiligter die Beeinträchtigung seines Erbrechts durch das Verfahren nicht aus, weil es diesbezüglich an der Unmittelbarkeit i.S.d. § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG fehlt. Aber seine Stellung als sog. Muss-Beteiligter folgt daraus, dass er nach dem Tod seiner Mutter und seines Bruders W. W. als allein verbliebener nächster Angehöriger das postmortale Persönlichkeitsrecht seines Vaters im Verfahren zu wahren hat. Dazu gehört auch dessen subjektives Recht auf Klärung seines verwandtschaftlichen Verhältnisses zum Antragsteller. Das FamFG sieht im Gegensatz zum früheren § 55b Abs. 1 u. 3 FGG die Beteiligung der Ehefrau, der Eltern und der Kinder des verstorbenen Mannes im postmortalen Vaterschaftsfeststellungsverfahren (BGH NJW 2005, 1945 Rn. 8; Keidel/Engelhardt, FGG, 15. Aufl. § 55b Rn. 9) nicht ausdrücklich vor. Diese ergibt sich aber jetzt infolge der unmittelbaren Betroffenheit des auf den Beschwerdeführer übergegangenen Rechts seines verstorbenen Vaters aus § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG (Helms/Kieninger/Rittner, Abstammungsrecht in der Praxis, 2010, Rn. 255; Musielak/Borth FamFG, 5. Aufl. § 172 Rn. 2). Deshalb kann dahinstehen, ob eine planwidrige Regelungslücke vorliegt und sich die Beteiligung der nächsten Angehörigen aus einer entsprechenden Anwendung von § 55b FGG ergibt (so Schulte/Bunert/Weinreich/Schwonberg FamFG, 5. Aufl. Rn. 36; Prütting/Helms FamFG, 3. Aufl. Rn. 11, jeweils zu § 172).

Danach hat das AG zu Recht nach § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG nach billigem Ermessen über die Kosten unter Einbeziehung des Antragstellers und des Beschwerdeführers entschieden. Der Senat hat als Beschwerdegerich...

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