Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordnungsmittel im Hinblick auf Verstöße gegen eine Umgangsregelung, die nach § 1696 Abs. 1 BGB insofern der Abänderung bedarf
Leitsatz (amtlich)
1. Bedarf eine - auf gerichtlicher Anordnung oder einem familiengerichtlich für verbindlich erklärten bzw. gebilligten Vergleich beruhende - Umgangsregelung nach den Maßstäben des § 1696 Abs. 1 BGB der Abänderung, hat das örtlich zuständige AG gem. § 166 Abs. 1 FamFG von Amts wegen unmittelbar ein entsprechendes Verfahren einzuleiten, ohne dass es dafür etwa des Antrags eines beteiligten Elternteiles bedürfte.
2. Auch im Falle eines gem. § 166 Abs. 1 FamFG amtswegig eingeleiteten Verfahrens auf Abänderung einer Sorgerechtsregelung kommt eine einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung entsprechend § 93 Abs. 1 Nr. 4 und 5 FamFG in Betracht.
3. Die Anordnung von Ordnungsmitteln im Hinblick auf Verstöße eines Elternteiles gegen eine familiengerichtlich getroffene Umgangsregelung, die formal fortbesteht, weil das AG die Möglichkeiten der amtswegigen Abänderung und Einstellung der Vollstreckung verkannt hat, kann ausgeschlossen sein, wenn festgestellt ist, dass nach den Maßstäben des § 1696 Abs. 1 BGB eine Abänderung dieser Umgangsregelung im Sinne des in Rede stehenden Verhaltens angezeigt ist.
Normenkette
FamFG § 89 Abs. 1, § 166; BGB § 1696 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Hannover (Beschluss vom 06.07.2011; Aktenzeichen 605 F 3758/10) |
Tenor
Die Beschwerde des Kindesvaters gegen den die Anordnung von Ordnungsmitteln ablehnenden Beschluss des AG - Familiengericht - Hannover vom 6.7.2011 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren: Gebührenstufe bis 600 EUR
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1. und 2. sind die Eltern der betroffenen N. J.; zwischen ihnen sind seit 2005 beim AG mindestens dreiundzwanzig familiengerichtliche Verfahren anhängig gewesen; das Verhältnis zwischen den Kindeseltern ist nach wie vor erheblich konfliktgeladen. Die elterliche Sorge für N. J. wird - mit Ausnahme der auf eine Pflegerin übertragenen Gesundheitsfürsorge - auf Grund der Entscheidung des AG Hannover vom 6.10.2009 allein durch die Kindesmutter ausgeübt, in deren Haushalt N. J. auch lebt. Über den Umgang zwischen dem Kindesvater und N. J. hatten die Kindeseltern eine familiengerichtlich für verbindlich erklärte Vereinbarung vom 13.1.2009 getroffen.
Vor dem Hintergrund einer von der Kindesmutter betriebenen Ausbildung, aufgrund derer N. J. nach der Schule zeitweilig durch eine Tagesmutter betreut wurde, ist auf Antrag des Kindesvaters durch amtsgerichtlichen Beschluss vom 13.1.2011 die Umgangsvereinbarung dahin abgeändert worden, dass der Kindesvater N. J. während der Schulzeit auch montags bis freitags jeweils zwischen 13:00 Uhr und 15:00 Uhr betreut, wobei durch die Regelung der Übergabe persönliche Zusammentreffen der Kindeseltern ausdrücklich vermieden wurden. Zur Begründung hat das AG seinerzeit darauf abgestellt, dass eine derartige, den ohnehin regelmäßig stattfindenden Umgang lediglich ausweitende persönliche Betreuung durch den Kindesvater dem Kindeswohl mehr dienen würde als eine entsprechende Fremdbetreuung. Ausdrücklich hat das AG dabei auch ausgeführt, dass eine von der Kindesmutter erstrebte Befristung der Ausweitung bis zum Ende ihrer Ausbildung allein deswegen nicht sinnvoll erscheine, weil weder der genaue Termin noch die sich anschließende Situation im Hinblick auf eine mögliche Berufstätigkeit der Kindesmutter hinreichend sicher vorhersehbar seien; soweit die Kindesmutter jedoch wieder nach 13:00 für eine eigene Betreuung des Kindes zur Verfügung stünde, sollten sich die Eltern im Kosteninteresse außergerichtlich auf eine Abänderung dahin einigen, dass die ursprünglichen Umgangszeiten wieder hergestellt werden, anderenfalls müsse auf entsprechenden Antrag eine Abänderung durch das Gericht erfolgen. In dem Beschluss hat das AG gem. § 89 Abs. 2 FamFG auf die Folgen einer Zuwiderhandlung hingewiesen.
Nachdem die Kindesmutter seit Ende Juni 2011 nicht mehr durch eigenen Schulbesuch in der Zeit ab 13:00 Uhr verhindert ist, hat sie nach entsprechender Anzeige gegenüber dem Kindesvater N. J. wieder selbst von der Schule abgeholt. Dies hat der Kindesvater beim AG angezeigt. Nach Hinweis des AG, dass auf entsprechenden Antrag der Kindesmutter eine Aufhebung der Ausweitung der Umgangsvereinbarung entsprechend des Beschlusses vom 13.1.2011 erfolgen werde, hat allein der Kindesvater die Anordnung von Ordnungsmitteln gegenüber der Kindesmutter betragt.
Mit Beschluss vom 6.7.2011 hat das AG diesen Antrag zurückgewiesen. Dazu hat es auf die bereits im Beschluss vom 13.1.2011 ausdrücklich enthaltene sachliche Abhängigkeit der Umgangsausweitung von der persönlichen Verhinderung der Kindesmutter im schultäglichen Zeitraum von 13:00 bis 15:00 Uhr abgestellt, die zwischenzeitlich jedoch entfallen sei, und bekräftigt, dass auf einen - bislang allerdings nach wie vor noch nicht erfolgten - Antrag der Kindesmutter diese Ausweitung ...