Leitsatz (amtlich)
Die Feststellung der Vaterschaft nach § 1592 Nr. 3 BGB, § 1600d Abs. 1 BGB ist durch eine zuvor erfolgte Minderjährigenadoption und ein dadurch begründetes Eltern-Kind-Verhältnis nicht grundsätzlich ausgeschlossen.
Ein Rechtsschutzbedürfnis bzw. Feststellungsinteresse besteht für den potentiellen leiblichen Vater jedenfalls dann, wenn er seine Rechte im Adoptionsverfahren nicht geltend machen konnte.
Dem (durch Adoption begründeten) Eltern-Kind-Verhältnis ist in der Entscheidungsformel im Vaterschaftsfeststellungsverfahren Rechnung zu tragen.
Das Offenbarungs- und Ausforschungsverbot ist im Rahmen einer Beweisaufnahme im Abstammungsverfahren zu berücksichtigen und die Anonymität des adoptierten Kindes zu wahren.
Verfahrensgang
AG Syke (Aktenzeichen 30 F 43/20) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Syke vom 20. April 2020 geändert und dem Antragsteller ratenlose Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin ..., ..., zu den Bedingungen einer im Bezirk des Amtsgerichts Syke niedergelassenen Rechtsanwältin bewilligt.
Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsteller begehrt mit seinem Antrag vom 26. Februar 2020 Verfahrenskostenhilfe für seinen Antrag auf Feststellung der Vaterschaft zu dem Kind C. S..
Zwischen dem Antragsteller und der Mutter der Beteiligten zu 2 bestand von 1998 bis 1999 eine (intime) Beziehung. In dieser Zeit wurde die Mutter schwanger. Nach der Geburt hat der Antragsteller nach seinem Vorbringen nur kurze Zeit Kontakt zu dem Kind gehabt. Der Antragsteller, der aktuell Leistungen nach dem SGB II bezieht, ist verheiratet. Aus dieser Ehe sind drei in den Jahren 2004, 2007 und 2009 geborene Töchter hervorgegangen.
Mit Schriftsatz vom 13. April 1999 hatte das Jugendamt der Stadt B. angeregt, der Mutter im Wege einstweiliger Anordnung die elterliche Sorge zu entziehen und zur Begründung darauf hingewiesen, dass die Mutter drogenabhängig sei und mit Methadon substituiert werde. Wegen der Drogenentzugssymptomatik bei dem Säugling werde dieser seit seiner Geburt auf der Intensivstation behandelt. Seitens der Klinik seien erhebliche Bedenken an der Erziehungsfähigkeit der Mutter geäußert worden, weil diese neben dem Methadon zusätzliche Drogen nehme, Besuchstermine nicht verlässlich wahrnehme und ihre Tochter nicht ausreichend versorge. Ein Freund, den die Mutter mit in das Krankenhaus gebracht habe, hätte einen verwahrlosten Eindruck gemacht. Wegen der drogenbedingten Belastungen für ein unfreiwillig süchtiges Kind seien verschiedene medizinische, psychologische und pädagogische Hilfen erforderlich, sodass ein verlässlicher, liebevoller und verantwortungsvoller Rahmen dringend erforderlich sei. Nach Anhörung der Mutter der Beteiligten zu 2 sowie des Jugendamtes am 20. April 1999 sowie daraufhin eingeholter Stellungnahmen der behandelnden Klinik hat das Amtsgericht B. mit Beschluss vom 26. Juli 1999 der Mutter die elterliche Sorge gemäß § 1666 BGB entzogen und diese dem Jugendamt der Stadt B. als Vormund übertragen (Az. ...).
Seit dem 10. Juni 1999 lebt die Beteiligte zu 2 bei ihren (späteren) Adoptiveltern. Diese haben in notarieller Urkunde vom 12. August 2002 (Nr. ... Urk.-Rolle für 2002 des Notars ...) einen Antrag auf Annahme als Kind für die Beteiligte zu 2 beurkunden lassen und dabei zugleich erklärt, dass der Vater des Kindes unbekannt sei. Die am 26. August 1974 geborene Mutter der Beteiligten zu 2 hat mit notarieller Urkunde vom 19. Juni 2002 (Nr. ... Urk.-Rolle für 2002 des Notars ...) die Einwilligung zur Adoption ihrer Tochter erklärt. Angaben zur Vaterschaft der Beteiligten zu 2 enthält diese Urkunde nicht. Mit weiterer notarieller Urkunde vom 23. August 2002 (Nr. ... Urk.-Rolle für 2002 des Notars ...) hat der Vormund der Beteiligten zu 2 namens des Kindes in die Annahme des Kindes gemäß § 1746 BGB eingewilligt. Nachdem das Jugendamt des Landkreises D. mit seinem Bericht vom 4. März 2003 zur Adoption Stellung genommen hatte, hat das Amtsgericht Syke mit Beschluss vom 21. März 2003 erkannt (Az. ...), dass die Beteiligte zu 2 von den Eheleuten als Kind angenommen wird.
Bereits im Mai 2011 hatte der Antragsteller einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe gestellt, weil er Klarheit darüber haben wollte, ob die Beteiligte zu 2 von ihm abstamme oder nicht, und hatte hierzu ursprünglich beantragt festzustellen, dass die Beteiligte zu 2 nicht sein Kind sei (Az. ... Amtsgericht Syke). Im Jahr 2009 habe er von der Mutter der Beteiligten zu 2 erfahren, dass er deren Vater sei. Für sein Ziel, die biologische Vaterschaft zu klären, stützte er sein Begehren sowohl auf die Anfechtung einer etwaigen rechtlichen Vaterschaft (§ 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB) sowie hilfsweise auf die Feststellung seiner leiblichen Vaterschaft und versicherte an Eides statt, mit der Mutter der Beteiligten zu 2 in der gesetzlichen Empfängniszeit von Mitte ...