Verfahrensgang
LG Hannover (Aktenzeichen 2 O 121/22) |
Tenor
I. Der Senat weist darauf hin, dass die Berufung der Beklagten nicht im Verfahren gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen werden kann, weil sie jedenfalls nicht vollen Umfangs ohne Aussicht auf Erfolg ist.
II. Termin zur mündlichen Verhandlung wird bestimmt auf Donnerstag, den 23. November 2023, 12.15 Uhr, Saal 150.
III. Den Parteien wird von Amts wegen gemäß § 128a Abs. 1 ZPO gestattet, sich während der mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen vorzunehmen.
Ein solches Vorgehen erscheint im Streitfall insbesondere deshalb sinnvoll, weil nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand weitere Tatsachenfeststellungen in der mündlichen Verhandlung nicht zu treffen sein werden.
Diejenigen Prozessbevollmächtigten, die von dieser Möglichkeit Gebrauch machen möchten, werden gebeten, zum Zweck der Durchführung der Videoverhandlung die E-Mail-Adressen mitzuteilen, an die der Link geschickt werden soll, der die Teilnahme an der Videoverhandlung ermöglicht.
Die Prozessbevollmächtigten werden vorsorglich und zur Vermeidung von Missverständnissen darauf hingewiesen, dass eine Weiterleitung des o.g. Links an die Parteien und sonstige Dritte sowie eine Aufzeichnung der Verhandlung nicht gestattet sind.
Wegen trotz aller Vorbereitung nicht auszuschließender technischer Probleme bei der Tonübertragung hat es sich in der Vergangenheit als vorteilhaft herausgestellt, dass ein Telefon in Griffweite bereitliegt, um sich damit in die Videoverhandlung einwählen zu können. Die hierfür notwendige Konferenzkennung wird mit dem Einladungslink übersandt.
Sollten die Prozessbevollmächtigten eine Probeschaltung wünschen, wird um rechtzeitige Mitteilung gebeten.
Gründe
Die Berufung der Beklagten hat teilweise Aussicht auf Erfolg.
I. Im Zeitpunkt der Einlegung der Berufung hat diese vollen Umfangs Aussicht auf Erfolg gehabt. Die Klage ist unschlüssig gewesen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung gegen den Fahrzeughersteller nicht aussichtsreich war.
1. Vertragliche Gewährleistungsansprüche des Klägers gegen den Hersteller scheiden von vornherein aus, weil der Kläger sein Fahrzeug nicht direkt bei dem Hersteller kaufte, sondern als Gebrauchtwagen ("Vorführwagen") bei einem rechtlich selbstständigen Autohaus.
2. Ansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gemäß § 826 BGB wegen der vom Kläger behaupteten unzulässigen Abschalteinrichtung in der Gestalt einer Software zur Prüfstanderkennung - wie sie, verbaut in Fahrzeuge des Volkswagen-Konzerns, Auslöser des sog. Dieselskandals war - hat der Kläger nicht schlüssig dargelegt. Das gilt insoweit auch weiterhin.
a) Zur Darlegung einer Prüfstanderkennung hat der Kläger zunächst (auf Seite 12, 21 der Klageschrift) behauptet, dass in die Motorsteuerung von Fahrzeugen mit dem gleichen Motor, der in seinem Wohnmobil (vom Typ Fiat Ducato Vantourer 630) verbaut ist, nämlich einem 2,3 l-Diesel mit 110 kW Leistung, eine sog. Timerfunktion eingebaut worden sei, welche die Abgasreinigung nach Verstreichen eines Zeitraums von 22 Fahrminuten entweder ganz abschalte oder doch so deutlich vermindere, dass sich der Stickoxid-Ausstoß erheblich erhöhe. Wegen der Einzelheiten hat der Kläger auf einen (als Unteranlage 2 zum Anlagenkonvolut K 1 vorgelegten) Prüfbericht der D. U. e.V. vom 21. April 2021 verwiesen sowie auf ein Schreiben des Kraftfahrtbundesamtes vom 17. März 2022 (Anlage K 8).
Diese Behauptung hat die Beklagte nicht in erheblicher Weise bestritten. Sie verweist zwar (auf Seite 9 ihrer Klageerwiderung, Bl. I/36 d. A.) zutreffend darauf, dass der Bericht zwar ein Fahrzeug desselben Typs, nicht jedoch mit demselben Motor betrifft. Das im Auftrag der D. U. e.V. überprüfte Fahrzeug hatte einen Motor mit einer Leistung von 96 kW, der Wagen des Klägers hat einen Motor mit einer Leistung von 110 kW (vgl. auch LGU Seite 3). Indes ergibt sich aus dem vom Kläger in Bezug genommenen Schreiben des Kraftfahrtbundesamtes, dass auch der leistungsstärkere Motor eine vergleichbare "Timerfunktion" aufweist. Soweit die Beklagte außerdem behauptet, dass das getestete Fahrzeug "nur" der Abgasnorm "Euro 6" habe genügen müssen, während der Wagen des Klägers schon der Abgasnorm "Euro 6b" genügen müsse, verkennt sie, dass es eine isoliert gültige Norm "Euro 6" nicht gab, sondern die erste mit der Ziffer 6 gekennzeichnete Euro-Norm als "Euro 6b" (am 1. September 2014) in Kraft trat. Auch die Verteidigung, wonach es sich bei dem Fahrzeug des Klägers um ein "neueres" Fahrzeug (als das von der DUH getestete) handele, ist untauglich. Der Wagen des Klägers wurde am 24. Mai 2018 erstmals zugelassen, der getestete erst (knapp) ein Jahr später (vgl. Seite 6 der Unteranlage 2 zum Anlagenkonvolut K 1). Im Übrigen bestreitet die Beklagte den Einbau der "Timerfunktion" als solchen auch gar nicht, sondern nur deren Abhängigkeit von einer Messstandüberprüfung (vgl. Seite 5 der Klageerwiderung, Bl. I/34 d. A.) sowie deren rechtliche Qualifizier...