Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbrecht. Erteilung eines Erbscheins nach der am 21. März 2000 verstorbenen …. Auslegung eines Testaments
Leitsatz (amtlich)
1. Wendet der Erblasser in einem notariellen Testament drei als Erben bezeichneten Personen bestimmte Vermögensgegenstände seines Nachlasses zu, die den gesamten Nachlass erschöpfen, so kann hierin abweichend von der Auslegungsregel des § 2087 II BGB eine Erbeinsetzung auf den Bruchteil des Vermögens liegen, der den Wert der jeweils zugewandten Gegenstände im Verhältnis zum Gesamtwert des beim Erbfall vorhandenen Vermögens in Verbindung mit einer Teilungsanordnung nach § 2048 BGB entspricht.
2. Bei der Frage, ob eine Erbeinsetzung oder lediglich die Zuwendung eines Vermächtnisses vorliegt, kommt dem Umstand, wer nach dem Willen des Erblassers die Bestattungskosten zu tragen hat, erhebliche Bedeutung zu.
Normenkette
BGB §§ 2087, 133
Verfahrensgang
LG Hildesheim (Beschluss vom 28.05.2002; Aktenzeichen 4 T 6/02) |
AG Hildesheim (Aktenzeichen 9 VI 672/01) |
Tenor
Die weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Dem Beteiligten zu 4 werden die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1 und 2 im Verfahren der weiteren Beschwerde auferlegt.
Beschwerdewert: 36.000 Euro (= ca. 70.000 DM)
Die Festsetzung des Beschwerdewerts in dem angefochtenen Beschluss wird wie folgt geändert: „für die Beteiligte zu 1 58.255 Euro; für die Beteiligte zu 2 156.800 Euro”.
Gründe
Die weitere Beschwerde ist unbegründet (§ 27 Abs. 1 S. 1 FGG).
Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht angenommen, dass die Beteiligten zu
1, 2 und 4 aufgrund des notariellen Testaments der Erblasserin vom 7. März 1996 deren Erben geworden sind.
1. Die Auslegung eines Testaments ist in erster Linie Sache des Tatsachengerichts. Die Überprüfung im Verfahren der weiteren Beschwerde ist auf Rechtsfehler beschränkt. Maßgebend ist hierbei, ob die Auslegung der Tatsacheninstanz gegen gesetzliche Auslegungsregeln, allgemeine Denk- und Erfahrungsgrundsätze oder Verfahrensvorschriften verstößt, ob in Betracht kommende andere Auslegungsmöglichkeiten nicht in Betracht gezogen wurden, ob ein wesentlicher Umstand übersehen oder dem Testament ein Inhalt gegeben wurde, der dem Wortlaut nicht zu entnehmen ist und auch nicht auf verfahrensfehlerfrei getroffene Feststellungen anderer Anhaltspunkte für den im Testament zum Ausdruck gekommenen Erblasserwillen gestützt werden kann (BGHZ 121, 357, 363; BayOblG NJW-RR 2002, 873 f.).
2. Gegen diese Auslegungsgrundsätze hat das Landgericht nicht verstoßen. Es ist vielmehr in rechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass der Beteiligte zu 3 ebenfalls Erbe geworden ist und ihm nicht lediglich ein Vermächtnis zugewandt wurde.
a) Zunächst taucht in dem notariellen Testament vom 7. März 1996 der Begriff des Vermächtnisses überhaupt nicht auf. Vielmehr hat die Erblasserin in § 4 des Testaments die Beteiligte zu 2 als Erbin des Hausgrundstücks … in …, den Beteiligten zu 4 als Erben des Grundstücks … in … und die Beteiligte zu 1 als Erbin des gesamten sonstigen Nachlasses einschließlich der kompletten Einrichtung der Wohnung im 1. Obergeschoss des Hauses … in … eingesetzt. In dieser Verfügung, mit der die Erblasserin über ihr gesamtes Vermögen verfügt hat, ist eine Erbeinsetzung der Beteiligten zu 1, 2 und 4 auf den Bruchteil des Vermögens zu sehen, der dem Wert der jeweils zugewandten Gegenstände im Verhältnis zum Gesamtwert des beim Erbfall vorhandenen Vermögens in Verbindung mit einer Teilungsanordnung nach § 2048 BGB entspricht (hierzu BayOblG FamRZ 1999, 1392, 1394; NJW-RR 1997, 517 f.; Palandt, BGB, 61. Aufl., § 2087 Rdnr. 4).
Demgegenüber bestehen keine Anhaltspunkte dafür, das die Erblasserin lediglich die Beteiligte zu 1 als Alleinerbin einsetzen und den Beteiligten zu 2 und 4 bezüglich der beiden Grundstücke Vermächtnisse zuwenden wollte. Die Auslegungsregel des § 2087 Abs. 2 BGB, wonach bei der Zuwendung nur einzelner Gegenstände im Zweifel keine Erbeinsetzung vorliegen soll, findet hier keine Anwendung. Vielmehr ergibt die vorrangige Auslegung des Testaments, dass die Erblasserin die Beteiligten zu 1, 2 und 4 als Miterben einsetzen wollte. Hierfür spricht bereits das Wertverhältnis der beiden Grundstücke zu dem übrigen Vermögen. Aus dem Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1 und 2 vom 6. September 2001 ergibt sich, dass das Vermögen der Erblasserin ohne die beiden Grundstücke sich auf 170.902 DM beläuft (Bl. 42 d. A). Diese Wertfestsetzung wird auch durch den Beteiligten zu 4 nicht angegriffen.
Hinzu kommt der Wert der beiden Grundstücke, der von den Beteiligten zu 1 und 2 in ihrem Erbscheinsantrag für das Objekt … mit 460.000 DM und für die Immobilie … mit 400.000 DM angegeben wird (Bl. 42 d. A.). Der Beteiligte zu 4 geht demgegenüber davon aus, der Wert des Grundstücks … belaufe sich auf 600.000 – 700.000 DM und der des Objekts … auf 273.646,99 DM (Bl. 87, 150, 215 d. A). Abgesehen davon, dass die vom Beteiligten zu 4 vorgenommene Bewertung des Hausgrundstücks … bereits deshalb zw...