Leitsatz (amtlich)
Zur Urkundenqualität eines sog. Personalausweises "Deutsches Reich".
Tenor
1.
Das Verfahren wegen der dem Angeklagten zur Last gelegten Vergehen der Beleidigung wird gemäß § 154 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 1 StPO eingestellt.
2.
Die Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.
3.
Zur Klarstellung wird der Schuld- und Rechtsfolgenausspruch wie folgt neu gefasst:
Der Angeklagte wird wegen Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 20 EUR verurteilt, zahlbar in monatlichen Raten von je 30 EUR zum 15. eines jeden Monats, beginnend am 15. November 2007.
Der beschlagnahmte Ausweis wird eingezogen.
4.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Angeklagte zu tragen. Soweit das Verfahren gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist, fallen die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen der Landeskasse zur Last.
Gründe
I.
Das Amtsgericht W. (L.) hat den Angeklagten wegen Urkundenfälschung und Beleidigung in drei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 75 Tagessätzen á 20 EUR, gebildet aus Einzelstrafen von 40 Tagessätzen á 20 EUR im Fall der Urkundenfälschung und jeweils 30 Tagessätzen á 20 EUR im Falle der Beleidigungen, verurteilt. Daneben hat das Amtsgericht den beschlagnahmten Personalausweis "Deutsches Reich" des Angeklagten eingezogen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Angeklagten hat die 5. kleine Strafkammer des Landgerichts L. mit dem angefochtenen Urteil verworfen.
1.
Nach den Feststellungen der Kammer ist der 38-jährige ledige Angeklagte gelernter Elektromechaniker, aber derzeit arbeitslos. Er lebt bei seinen Eltern, die ihn unregelmäßig mit Taschengeld versorgen. Zudem handelt er bei Ebay, sodass er insgesamt über monatliche Einkünfte von geschätzt 600 EUR verfügt.
Der Angeklagte hatte bei einem Herrn E., der sich selbst als Dr. E., "Kommissarischer Reichskanzler der Kommissarischen Reichsregierung" bezeichnet, die Ausstellung eines Personalausweises "Deutsches Reich" beantragt. Tatsächlich erhielt der Angeklagte von einer Person namens K., die sich als Mitglied der "Kommissarischen Regierung des Deutschen Reiches" mit Sitz in B. ausgab, gegen ein Entgelt von 100 EUR in L. einen solchen Ausweis mit Ausstellungsdatum 15. November 2005, der nach Unterschriftsleistung vor den Augen des Angeklagten in Plastikfolie eingeschweißt wurde.
Dieser Ausweis ist von Aussehen und Inhalt her wie folgt gestaltet:
Auf der Vorderseite steht im oberen Teil des linken Drittels "- im Fettdruck, einer Überschrift gleich - "Personalausweis". Darunter befindet sich zunächst - in Farbe - ein Passfoto des Angeklagten sowie darunter unter der Angabe "rechter Zeigefinger" ein Fingerabdruck. Das linke Drittel ist von den beiden rechten Dritteln der Vorderseite durch senkrecht laufende kleingedruckte Worte "Personalausweis Deutsches Reich" getrennt.
Die rechten zwei Drittel der Vorderseite haben im Wesentlichen folgenden Inhalt:
IDENTITY CARD/CARTE D'IDENTITE
Deutsches Reich (in Fettdruck)
N 03 03 008 4 021268 21056001 (in roter Farbe)
Name: G.; dahinter sind Adler aus folgenden Wappen abgebildet:
Deutsches Reich - Freistaat Preußen - Provinz Hannover
Vorname: M.
Geburtstag u. -ort: 1968 L.
Staatsangehörigkeit: Deutsches Reich
Gültig bis: 14.11.2010
Beruf: Elektromechaniker
Unterschrift des Inhabers: M. G.
Größe und Gestalt Farbe der Augen: 170 cm schlank braungrün
Unveränderliche Kennzeichen: keine
Die Rückseite des Ausweises hat folgenden Inhalt:
Wohnort und Wohnung: L., M.weg
Ordens- oder Künstlername:
Behörde: Der Landrat von H.
Datum: 15.11.2005
Bemerkungen (kleingedruckt):
Gemäß Art. IV der auf der Rechtsgrundlage des Übereinkommens zur Regelung bestimmter Fragen in bezug auf Berlin vom 25.09.1990 (BGBl. II S. 1274 ff) bis zum Friedensvertrag mit dem Staate Deutsches Reich fortgeltenden SHAEF-Proklamation Nr. 1 der USA, unterliegt der Inhaber dieses Reichspersonalausweises der Anweisung, Kontrolle und Gerichtsbarkeit der USA und der durch die Alliierten bereinigten Reichsgesetzgebung in der Fassung vom 22.05.1949.
Reichsdruckerei M 03 03 008 4 021268 21056001 (in roter Schrift).
Außerdem ist auf der Rückseite des Ausweises der dortige Text mit einem hell gestalteten Abdruck des Reichsadlers unterlegt, wobei sich dieser Abdruck des Wappenvogels über mehr als die Hälfte des Ausweises erstreckt."
Wer diesen Ausweis tatsächlich erstellt hat, hat die Kammer nicht festgestellt. Die heute existierende Kommunalbehörde "Landkreis H.", der vom Landrat vertreten wird und deshalb als "Landkreis H. - Der Landrat" firmiert, hat mit der Ausstellung nichts zu tun. Eine Behörde "Der Landrat von H." existiert mit exakt dieser Bezeichnung heute nicht. Diese Tatsachen waren dem Angeklagten auch bekannt.
Am 31. März 2006 suchte der Angeklagte unter Mitführung des eben beschriebenen Ausweises die Filiale der Volksbank N. in S. in der Absicht auf, ein Konto zu eröffnen. Der ihn bedienende 33-jährige Bankangestellte F. verlangte zur Legitimation für die Eröffnung von dem Angeklagten einen gültigen ...