Leitsatz (amtlich)

Wird eine unselbständige Anschlussberufung dadurch wirkungslos, dass die Hauptberufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückgewiesen wird, trägt der Hauptberufungskläger jedenfalls dann die gesamten Kosten des Berufungsverfahrens allein, wenn das Anschlussrechtsmittel wegen der Regelung des § 45 Abs. 2, Abs. 1 Satz 3 GKG nicht zu einer Streitwerterhöhung geführt und damit keine höheren Kosten verursacht hat, als sie auch allein durch die Hauptberufung entstanden wären.

 

Normenkette

ZPO §§ 97, 522 Abs. 2, § 524 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Verden (Aller) (Urteil vom 15.03.2013; Aktenzeichen 7 O 306/12)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 15.3.2013 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des LG Verden wird zurückgewiesen.

Die Anschlussberufung der Beklagten verliert damit ihre Wirkung.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten des Anschlussrechtsmittels.

Dieser Beschluss sowie das angefochtene Urteil des LG sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

1. Die Berufung des Klägers ist nach übereinstimmender Auffassung des Senats unbegründet. Sie war deshalb im Beschlusswege gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

Wegen der offensichtlich fehlenden Erfolgsaussicht des klägerischen Rechtsmittels wird auf die Ausführungen in dem Hinweisbeschluss vom 31.7.2013 verwiesen, an denen der Senat auch unter Berücksichtigung der Einwendungen des Klägers in seiner Stellungnahme vom 22.8.2013 weiter festhält. Entgegen der Auffassung des Klägers gilt auf der Grundlage der Zeugenaussage seiner Frau (die sein Fahrzeug im Unfallzeitpunkt geführt hat) zu deren Lasten der Anscheinsbeweis eines schuldhaften, unfallursächlichen Verstoßes gegen § 9 Abs. 5 StVO, weil hier ein typisches Wendemanöver vorliegt. Wenden ist die gezielte Lenkbewegung, durch die das Fahrzeug auf baulich einheitlicher Straße in die der bisherigen entgegengesetzte Fahrtrichtung gebracht wird (Burmann in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 23. Aufl., § 9 StVO, Rz. 56 m.w.N.). Kennzeichnend ist die beabsichtigte und vollzogene Richtungsänderung um 180 Grad, wobei der Annahme eines Wendemanövers i.S.d. § 9 Abs. 5 StVO nicht entgegensteht, dass die Richtungsänderung ggf. unter Mitbenutzung von neben der eigentlichen markierten Fahrspur liegenden anderen Grundflächen vollzogen wird (Burmann, a.a.O., unter Hinweis auf BGHSt 31, 71/74). Die Ausführung des Wendens kann sowohl durch einen durchgehenden Linksbogen (auch vom rechten Fahrbahnrand ausgehend) als auch durch kurze Vor- und Rückwärtsbewegungen auf der Fahrbahn erfolgen (Burmann, a.a.O., Rz. 62 und 64). Beide Formen des Wendens können deshalb Grundlage für einen daran anknüpfenden Anscheinsbeweis sein.

Auch die mittig zwischen Fahrer- und Beifahrertür befindliche Anstoßstelle am klägerischen Fahrzeug stellt entgegen der Ansicht des Klägers den Anscheinsbeweis zu Lasten seiner Ehefrau nicht in Frage. Vielmehr wird dadurch deutlich, dass es seiner Ehefrau gerade nicht möglich war, den Wendevorgang ohne Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer durchzuführen. Eine solche Gefährdung hatte sie aber nach dem strengen Sorgfaltsmaßstab des § 9 Abs. 5 StVO auszuschließen.

Die Anstoßstelle am klägerischen Ford erlaubt auch keineswegs den - wie der Kläger meint - sicheren Rückschluss darauf, dass die Beklagte zu 1 deutlich verspätet auf das bereits erkennbare Einschwenken des Ford nach links reagiert haben muss. Denn dies würde voraussetzen, dass die jeweiligen Fahrgeschwindigkeiten und Abstände bekannt wären. Das ist jedoch - wie im Hinweisbeschluss des Senats bereits ausgeführt worden ist - hier nicht der Fall. Es fehlt dazu auch insbesondere jeder klägerische Tatsachenvortrag. Abgesehen davon hat der Senat in seinem Hinweisbeschluss deutlich gemacht, dass selbst bei einem entsprechenden Mitverschulden der Beklagten zu 1 die ausgeurteilte Haftungsquote von 25 % unter den konkreten Umständen des vorliegenden Falles nicht zu beanstanden wäre, weil sie mit der obergerichtlichen Rechtsprechung zu vergleichbaren Fallgestaltungen in Einklang steht.

Dass keine ausreichenden Anknüpfungspunkte für die Einholung eines Sach-verständigengutachtens zur Festlegung der räumlichen Lage des konkreten Kollisionsortes auf der Fahrbahn vorliegen, hat der Senat ebenfalls in seinem Hinweisbeschluss ausführlich begründet. Hierauf wird verwiesen. Der Senat vermag dies aus eigener Kenntnis zu beurteilen, weil er aufgrund seiner Spezialzuständigkeit für Verkehrsunfallsachen über eine langjährige Erfahrung mit derartigen technischen Fragestellungen verfügt. Ohne gesicherte Unfallspuren auf der Fahrbahnoberfläche sind allenfalls mögliche Kollisionsstellen örtlich eingrenzbar, was jedoch den Beweisanforderung...

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