Leitsatz (amtlich)
Mähdrescher sind selbstfahrende Arbeitsmaschinen (SAM), die durch eine Begrenzung im Straßengang auf eine Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h festgelegt sind. Auf die Möglichkeit, die Begrenzung der Fahrgeschwindigkeit auf maximal 20 km/h durch einfache Handgriffe zu beseitigen, kommt es nicht an. Eine Gefährdungshaftung entfällt daher (§ 8 Nr. 1 StVG).
Normenkette
StVG § 8
Verfahrensgang
LG Verden (Aller) (Urteil vom 30.12.2008; Aktenzeichen 5 O 125/08) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten sowie die Anschlussberufung des Klägers wird das am 30.12.2008 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des LG Verden teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 10.989,59 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.4.2008 zu zahlen.
Die Beklagten werden ferner als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 649,74 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.4.2008 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Auf die Widerklage werden der Kläger und die Drittwiderbeklagten zu 1 und 2 als Gesamtschuldner verurteilt, an den Beklagten zu 1 6.428,18 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.6.2008 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten und des Widerklägers sowie die weitere Anschlussberufung des Klägers und der Drittwiderbeklagten werden zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:
Die Gerichtskosten beider Instanzen tragen der Kläger sowie die Drittwiderbeklagten zu 1 und 2 gemeinsam zu 12 %, der Kläger allein zu weiteren 20,5 %, ferner die Beklagten gemeinsam zu 20,5 % sowie der Beklagte zu 1 allein zu weiteren 47 %.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt er selbst zu 32,5 %, die Beklagten gemeinsam zu 20,5 % sowie der Beklagte zu 1 zu weiteren 47 %.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1 tragen dieser zu 67,5 %, der Kläger und die Drittwiderbeklagten zu 1 und 2 gemeinsam zu 12 % sowie der Kläger zu weiteren 20,5 %.
Die außergerichtlichen Kosten der Drittwiderbeklagten zu 1 und 2 tragen diese zu 20 % selbst sowie der Beklagte zu 1 zu 80 %.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 tragen er selbst und der Kläger je zur Hälfte.
Die Kosten des Verfahrens 5 OH 23/07 tragen der Beklagte zu 1 zu 80 % sowie der Kläger und der Drittwiderbeklagte zu 1 zu 20 %.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung jeweils durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht der Gegner vor der
Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird unter Änderung des Beschlusses vom 11.8.2009 auf 53.303,29 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien streiten um gegenseitige Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 6.8.2007 auf der L 156 im Bereich der Ortsdurchfahrt Achimer Landstraße in Thedinghausen/Ortsteil Lunsen.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird wegen des Sach- und Streitstandes erster Instanz zunächst auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 317 ff. d.A.) verwiesen.
Der Beklagte zu 1 hat gegen den Kläger sowie den Drittwiderbeklagten zu 1 unter dem Aktenzeichen 5 OH 23/07 ein selbständiges Beweisverfahren betrieben zur Feststellung der Ursache des Verkehrsunfalls sowie zu den unfallbedingten Schäden am Mähdrescher. In diesem Verfahren hat der Sachverständige Mo. sein Gutachten vom 26.3.2008 sowie ein Ergänzungsgutachten vom 24.6.2008 erstattet.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das LG dem Kläger einen Anspruch auf 2/3 seines unfallbedingt entstandenen Schadens zugebilligt, dem Beklagten zu 1 und Widerkläger einen Anspruch i.H.v. 1/3. Dabei hat es die Ansprüche der Höhe nach zum Teil gekürzt. Wegen der Begründung im Einzelnen wird ebenfalls auf das vorgenannte Urteil Bezug genommen.
Hiergegen richten sich die Rechtsmittel beider Seiten, die beide für sich in Anspruch nehmen, der Unfall sei für die Fahrer des jeweiligen Fahrzeuges unabwendbar gewesen. Im Einzelnen:
Der Kläger und die Drittwiderbeklagten meinen, die Beklagten müssten für die Folgen des Verkehrsunfalls vom 6.8.2007 in vollem Umfang allein haften. Für den von dem Drittwiderbeklagten zu 1 geführten MB-Trac sei auf seiner Fahrbahn ausreichend Platz gewesen. Dieser sei auch äußerst rechts gefahren.
Eine Fahrbahnverengung habe hingegen lediglich für den Beklagten zu 2 stattgefunden. Diese sei aber genauso wie die (Über-)Breite des Mähdreschers für den Drittwiderbeklagten zu 1 nicht rechtzeitig erkennbar gewesen.
Das LG sei zu Unrecht von der Vorschrift des § 8 StVG ausgegangen. Tatsächlich sei nämlich die Drehzahlbegrenzung des Mähdreschers mit Leichtigkeit zu entfernen. Die Drehzahlbegrenzung werde durch einen...